Ausstellung über Geflüchtete: Landratsamt baut Ausstellung ab

Das Landratsamt Pirna cancelt eine Ausstellung über das Leben von 35 Geflüchteten. Sie habe „Unmut“ unter Bürgern und im Landratsamt hervorgerufen.

Richtungspfeile mit den Aufschriften ?Landratsamt?, ?Amtsgericht? und ?Parkhaus? stehen an der Einfahrt zu den Behörden

Das Landratsamt verpasse die Gelegenheit, einen Diskurs über Chancen und Probleme von Zuwanderung zu führen, so die Grünen Foto: Robert Michael/dpa

Eigentlich sollte am Donnerstagabend in Pirna in Sachsen eine Ausstellung über das Leben von 35 Geflüchteten in Deutschland und ihre Geschichten eröffnen. Vergangene Woche Mittwoch hatten Werner Lobeck und seine Frau Lenore Lobeck, die das Projekt entwickelt haben, ihre Ausstellung im Foyer des Landrats­amts aufgebaut. „Am nächsten Morgen kam dann die Mail, dass die Ausstellung abgebaut worden sei“, sagte Werner Lobeck eine Woche später der taz.

Die Ausstellung zeigt mit Fotos, Interviews und Fluchtrouten das Leben geflüchteter Menschen in Deutschland. Sie war bereits in Meißen, Chemnitz und im Sächsischen Landtag in Dresden zu sehen. Bei den vergangenen Ausstellungen habe es keine Probleme gegeben, sagte Lobeck.

Das Landratsamt Pirna schrieb auf Anfrage der taz: Aussagen, wie „Wir sind eingesperrt wie hinter einer Mauer“, oder in Bezug auf die Polizei: „nur kontrolliert wirst, weil du schwarz bist“, hätten „verständlicherweise den Unmut und das Unverständnis von Bürgern und Mitarbeitern des Landratsamts“ über die gezeigte Ausstellung hervorgerufen. „Wir haben die Reaktion des Landratsamts nicht verstanden“, sagte Lobeck. „Wenn eine schwarze Person im Erzgebirge sagt, dass sie mehrmals die Woche von der Polizei kontrolliert wird, dann ist das die Realität.“ Damit könne man nicht die Schließung einer Ausstellung begründen.

Das Amt erklärte, dass durch die Beauftragte für Integration und Migration im Vorfeld offenbar keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Inhalten der Fotos und Texte der Ausstellung erfolgt sei, um die möglichen Auswirkungen ausreichend bewerten zu können.

Yvonne Böhme, Integrationsbeauftragte in Pirna sagte der taz, das Ziel der Ausstellung sei gewesen, mehr Verständnis für die Situation von Geflüchteten zu schaffen. „Ich kannte viele der Texte, und ich hätte nie gedacht, dass die Ausstellung für so viel Unmut sorgen würde.“ Sie selbst sei am Tag des Abbaus nicht im Landratsamt gewesen. „Mir ist aber von Kollegen berichtet worden, dass viele Bürger sich beschwert haben“, so Böhme.

Solidarität mit Initiatoren der Ausstellung

Lobeck sagte, er sehe den Abbau der Ausstellung mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Wir erfahren extrem viel Solidarität, und wir sind froh, wie viel Öffentlichkeit der Vorfall für unser Projekt schafft.“

Beate Sträter, Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses der Interkulturellen Woche, zeigte sich „schockiert und fassungslos“, wie der epd berichtete. Sträter nannte die Entfernung der Ausstellung „ein fatales Signal in die Gesellschaft“. Offenbar wolle man die Sorgen und Nöte der Geflüchteten nicht sehen. Diese hätten vielmehr nach dieser Meinung „dankbar und ansonsten still zu sein“.

Auch die sächsischen Grünen kritisierten den Abbau der Ausstellung. In einer Pressemitteilung schrieb die Landtagsabgeordnete Ines Kummer (Grüne), sie finde es gefährlich, wenn das Landratsamt in Pirna jetzt den Eindruck erwecke, dass eine Ausstellung, in der Geflüchtete ganz offen ihre Erfahrungen schildern, eine Art Unruhestiftung sei: „Damit verpasst das Landratsamt die Gelegenheit, einen Diskurs über Chancen und Probleme von Zuwanderung mit den im Landkreis lebenden Menschen zu führen.“

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