Kommentar von Jost Maurin zur Gentechnik in der Landwirtschaft
: Der Goldene Reis wird missbraucht

Der durch die Gentechnik erzeugte „Goldene Reis“ ist eine sinnvolle Entwicklung. Denn die Pflanze liefert viel mehr Vitamin A als konventioneller Reis. So kann sie dazu beitragen, Erblindungen und Todesfälle durch Mangelernährung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verhindern. Angebliche Gesundheitsgefahren konnten bisher nicht belegt werden. Er ist eine Gentechpflanze – und trotzdem nützlich.

Doch das trifft auf die große Mehrheit der Gentechniksorten weltweit leider nicht zu. Fast alle schützen nämlich nicht Kinder vor dem Erblinden, sondern erleichtern eine umweltschädliche Landwirtschaft mit Monokulturen und viel Pestiziden. Das zeigt auch ein Blick auf die Liste mit den laut Europäischer Kommission rund 350 für den Import in die EU zugelassenen Gentechpflanzen: Sie sind vor allem resistent gegen Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat, manche produzieren ständig ein Gift gegen bestimmte Schädlinge. Das ermöglicht es Bauern zum Beispiel, noch mehr Pestizide zu benutzen oder jedes Jahr Mais auf demselben Feld anzubauen.

Landwirte können auf Gentechniksorten verzichten, wenn sie regelmäßig die Pflanzenarten auf ihren Feldern wechseln. Denn dann verbreiten sich Krankheiten und Schädlinge gar nicht erst so schnell. Das erhöht die Artenvielfalt auf dem Acker und in der Natur, das Wasser wird nicht so stark durch Chemikalien belastet.

Zugelassene Gentechniksorten stehen in der Regel auch unter Patentschutz. Patentiertes Saatgut dürfen Züchter nur mit Erlaubnis der Schutzrechteinhaber weiterentwickeln. Das hemmt den Züchtungsfortschritt. Am Ende werden Pflanzen nicht schneller, sondern langsamer an die Klimakrise angepasst. All diese Nachteile haben auch die weitaus meisten Pflanzen auf dem Markt, die mithilfe neuer Gentechnikmethoden wie Crispr verändert worden sind. Deshalb sollte die EU-Kommission ihr aktuelles Vorhaben aufgeben, die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel mit Pflanzen der neuen Gentechnik zu streichen. Denn dann könnte sich das Gros der Verbraucher nicht mehr gegen umweltschädliches „Genfood“ auf ihrem Teller entscheiden. Nicht alle können sich teurere Bioprodukte leisten, in denen Gentechniksorten verboten bleiben sollen.

Vor diesem Hintergrund wirkt es unlauter, dass manche Gentechnikbefürworter jetzt wieder den mehr als 20 Jahren alten Goldenen Reis hervorkramen, um das Image der Agrogentechnik allgemein zu verbessern. Letztlich benutzen sie den Reis als trojanisches Pferd, um den Verbrauchern die Wahlfreiheit zu nehmen. Dem sollte sich auch die Bundesregierung in den Verhandlungen auf EU-Ebene entgegenstellen.