Wehrmacht und Bundeswehr: Historische Kontinuitäten

Das Verteidigungsministerium ist beim Traditionserlass zurückgerudert, denn die Kritik daran war angebracht. Erschreckend nur, dass es sie brauchte.

Rekruten des Wachbataillons der Bundeswehr beim Gelöbnis vor dem Berliner Reichstagsgebäude Foto: Fritz Engel

Das ging dann doch ganz schnell. Kaum hatte die taz die Ergänzungen, die das Verteidigungsministerium seinem Traditionserlass von 2018 beigestellt hatte, groß thematisiert, da waren sie auch schon wieder zurückgezogen. Zu groß war die öffentliche Empörung darüber, dass zwar nicht die Wehrmacht als Ganzes, wohl aber jetzt einzelne ihrer ehemaligen Angehörigen traditionswürdig sein sollten, und das auch dann, wenn sie nicht im Widerstand waren.

Hauptsache, sie waren in der Nachkriegszeit wichtig für die Bundeswehr. Die beigefügte Liste geeigneter Kandidaten machte die Sache nicht besser, sondern wirkte eher wie eine Helden-Sammlung der NS-Kriegspropaganda. Die öffentliche Kritik war also mehr als berechtigt und möglicherweise wurden manche im Ministerium so erst auf das Unerhörte aufmerksam, das das eigene Haus auf den Weg gebracht hatte. Und realisierten, dass die Truppe gerade in die völlig falsche Richtung marschierte.

Also alles wieder gut bei der Bundeswehr? Nein, denn die Frage ist ja, wie es überhaupt zu solchen Ergänzungen kommen konnte. Eine Antwort hat das Ministerium indirekt selbst gegeben. Um die Bundeswehr aufzubauen, wurde seinerzeit in großem Stil auf ehemalige Wehrmachtsangehörige zurückgegriffen. (Dass die Nationale Volksarmee eines längst untergegangenen Staates genauso vorging, macht die Sache nicht besser.) Sogar auf solche, die Mehrfachmitgliedschaften bei NS-Armee, NSDAP und SS aufweisen konnten.

Hauptsache, sie gingen irgendwie auf Distanz zum inzwischen ohnehin toten Adolf Hitler, dann waren sie in der Bundesrepublik willkommen und konnten ihre Kriegserinnerungen als Landser-Romantik verbreiten. Erst kürzlich gingen in den sozialen Medien wieder Bilder von General Adolf Heusinger viral. Einmal steht er als hoher Militär neben Hitler persönlich am Kartentisch, wo er übrigens auch stand, als Stauffenbergs Bombe explodierte. Ein andermal ist er Vorsitzender des Nato-Militärausschusses.

General des Teufels bei der Nato

Zwischen den Bildern liegen nur wenige Jahre und offensichtlich fragen sich viele Leute inzwischen, wie so eine Karriere vom General des Teufels zur Nato möglich war, sonst würden solche Bilder ja nicht empört im Netz geteilt werden. Nun, ungewöhnlich war sie nicht, wie die Bundeswehr in ihren gescheiterten Ergänzungen nochmal bestätigt hat.

Das eigentlich Erschreckende ist, dass die Bundeswehr genau diese Teile ihrer Tradition jetzt wieder hervorholen und als vorbildlich darstellen wollte, um die von Boris Pistorius geforderte Kriegstüchtigkeit umzusetzen. Die historischen Kontinuitäten sind also nie abgerissen und das ist mehr, als man über die Bundeswehr wissen wollte. Oder eben das, was man leider wissen muss.

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