Antwort auf immer größere Pkw: Müllwagen werden kleiner
Die Zahl der Pkw steigt, sie werden breiter und länger. Weil es für die Müllabfuhr auf manchen Straßen zu eng wird, sollen Laster nun abspecken.
So könne „der Stress für die Fahrer, die Unfallgefahr und die Belastung der anderen Verkehrsteilnehmer im knapper werdenden Verkehrsraum zumindest teilweise ausgeglichen werden“, erklärt ein Sprecher von Mercedes-Benz Trucks. Jeder Millimeter zählt.
Das Problem dahinter kennt im Grunde jeder, der Auto und Rad fährt oder auch zu Fuß geht. Vielerorts ist es eng geworden. Paketdienste und Lieferfahrzeuge parken in zweiter Reihe. Es drängeln sich mehr Autos denn je auf deutschen Straßen. Anfang dieses Jahres waren 49,1 Millionen Pkw zugelassen, zehn Jahre zuvor waren es noch 43,9 Millionen. Und: Jedes dritte neu zugelassene Auto ist ein SUV.
Autos werden insgesamt wuchtiger, breiter und länger. Darum hat ein Fachgremium, die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Städten sogar empfohlen, vor allem beim Neubau von Parkhäusern und Tiefgaragen Parkplätze deutlich größer zu bemessen als bisher.
Breiter als zwei Meter
Zum Vergleich: 1980 waren Autos, Außenspiegel nicht einbezogen, im Schnitt 1,65 Meter breit. Heute sind es gut 1,87 Meter – 22 Zentimeter mehr. Das rechnet der ADAC vor. Grundlage ist seine Datenbank mit mehr als 150.000 Fahrzeugen, die in Deutschland offiziell verkauft werden. Demnach haben die Autos seit 1980 darüber hinaus um 64 Zentimeter in der Länge zugelegt – auf rund 4,82 Meter.
Dieser Trend macht auch vor dem meistverkauften Auto in Deutschland nicht Halt, dem Durchschnittswagen der Deutschen sozusagen. „1978 war der VW-Golf, ein Auto der Kompaktklasse, 1,59 breit, heute sind es 1,78“, sagt ein Sprecher des ADAC. „Rechnet man die Außenspiegel mit dazu, sind mittlerweile 70 Prozent aller neu zugelassenen Autos breiter als zwei Meter.“
Das sei zum Beispiel für viele Autobahnstellen zu breit. Denn verengte Spuren, vor allem auf der linken Seite, seien oft nur für Pkw bis zu 2 Metern zugelassen. Grundsätzlich aber dürften nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung Pkw bis zu 2,50 Meter breit sein. Beim Parken müsse 3,05 Meter Platz bleiben für durchfahrende Fahrzeuge.
Selbst wenn sich alle daran halten würden, in einer ohnehin nicht breiten Wohnstraße, Parkplätze auf beiden Seiten, wird das Fahren und Rangieren der Müllwerker komplizierter, wenn die Autos dicker werden. Auch in Stichstraßen, in denen sich nicht wenden lässt, gibt es Probleme. Darum kaufen Firmen, die die Müllabfuhr übernehmen, nun kleinere Modelle.
In der Hauptstadt zum Beispiel. Die Berliner Stadtreinigung, das größte kommunale Abfallwirtschaftsunternehmen Deutschlands, hat vor zwei Jahren 30 schmalere neue Fahrzeuge auf die Straße geschickt. Auch das hessische Hanau hat extra Müllautos für enge Gassen angeschafft. Oder Norderstedt in Schleswig-Holstein: Dort kurven ebenso kleinere Müllwagen herum.
Diese spielten in „etlichen Betrieben eine Rolle“, erklärt Jan Thomsen. Er spricht für den Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft. „Das muss nicht immer gleich der ganze Fuhrpark sein, aber es gibt Touren, die nur von schmaleren oder insgesamt kleineren Fahrzeugen bewältigt werden können.“
Auch ein Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) bestätigt: „Städtebauliche Gegebenheiten plus die größere Anzahl breiterer Fahrzeuge, also SUV, die in den Straßen geparkt werden, stellen für kommunale Abfallentsorger eine immer größer werdende Herausforderung dar. Schmalere Fahrzeuge sind da eine Lösung und bereits im Einsatz.“ Manche schmaleren Laster hätten zwar dieselbe Ladekapazität wie die herkömmlichen, meist seien die kleineren Modelle aber schneller voll. Wird die Müllabfuhr dann teurer? „Hier wird es in der Regel zu keinen Gebührensteigerungen kommen, und wenn, dann ist das kaum spürbar“, sagt der VKU-Sprecher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja