Befürchtete Eskalation in Nahost: Warten auf den Deal
Der Iran könnte auf den Vergeltungsschlag gegen Israel verzichten – falls Verhandlungen um einen Waffenstillstand Ende der Woche erfolgreich sind.
Ein iranischer Offizieller erklärte dazu: Die Islamische Republik sei, wie auch die mit ihr verbündete Miliz Hisbollah, bereit anzugreifen, sollte Israel die Verhandlungen hinauszögern oder sollten die Gespräche scheitern. Damit scheint der Iran seine zuvor ausgesprochenen Drohungen abzumildern. Die Hisbollah hatte seit der Israel zugeschriebenen Tötung von Hamas-Politbürochef Ismael Hanijeh am 31. Juli in Teheran mit einem massiven Angriff auf israelischem Boden gedroht. Auch von Verhandlungen wollte man sich nicht abhalten lassen.
Die Hamas hatte zunächst angekündigt, an den Verhandlungen am Donnerstag in Katar nicht teilzunehmen. Stattdessen hatte sie, unter ihrem neuen Politchef Jahia Sinwar, auf den Verhandlungsstand von Anfang Juli verwiesen. Laut der libanesischen Zeitung Al-Akhbar baut nun Ägypten vermehrt Druck auf die Hamas auf, ihre Entscheidung zu widerrufen. Eine Quelle in Ägypten berichtete gegenüber Al-Akhbar: Um den israelischen Vorwurf, die Hamas würde die Verhandlungen um einen Waffenstillstand torpedieren, zu entkräften, müsse die Hamas den Gesprächen beiwohnen.
Auch die Türkei wird in die diplomatischen Bemühungen eingebunden: US-Außenminister Antony Blinken betonte in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan, wie wichtig es sei, dass die Hamas teilnehme. Nach Angaben des US-Botschafters in der Türkei, Jeff Flake, tue „die türkische Regierung, was sie könne“, um eine weitere Eskalation in Nahost zu verhindern.
Galant greift Netanjahu an
Die Beziehungen zwischen der Hamas und der Türkei gelten als gut: Hamas-Kader halten sich in dem Land auf, zudem wurden nach dem Tod von Hanijeh Solidaritätsdemonstrationen abgehalten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan selbst bezeichnete Hanijeh nach dessen Tod als „Bruder“.
Hamas-Politchef Sinwar erklärte am Dienstagnachmittag schließlich, man sei bereit an den Verhandlungen teilzunehmen – unter der Bedingung, dass Israel seine Militärkampagne in Gaza im Vorhinein einstelle. Es ist zu erwarten, dass Israel das ablehnen wird – trotz der berichteten Taktik des Iran und allem, was somit auf dem Spiel steht.
Dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiterhin vom „absoluten Sieg“ über die Hamas spricht, sorgt derweil auch in Israel für Konflikte. So nannte Verteidigungsminister Joav Galant am Montag nach Medienberichten Netanjahus Versprechen des Sieges „Gibberish“ – also Unsinn. Auch dass es ihm an Mut fehle, Entscheidungen zu treffen, soll Galant ihm vorgeworfen haben, ohne allerdings Netanjahus Namen zu nennen.
Der schoss gleich zurück: Als Verteidigungsminister sei Galant der Doktrin des „absoluten Siegs“ verpflichtet, seine Einlassungen seien „antiisraelisch“. Netanjahu wird vorgeworfen, die Verhandlungen um einen Deal zu torpedieren, etwa mit dem Festhalten an der Forderung, dass Israels Militär auch nach einem Waffenstillstand und Abzug aus Gaza wieder dorthin zurückkehren dürfen müsse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen