Junge feiern Kamala Harris im Netz: „Brat“ for President

Die Gen Z feiert Kamala Harris im Internet. Das hilft dem Image der frischen Präsidentschaftskandidatin und gibt jungen Wäh­le­r*in­nen Hoffnung.

Ein Screnshot von TikTok zeigt Kamilla Harris in Grün mit vielen Papierschnippseln in der Luft

Erfolgreich in Grün: Kamala Harris Foto: screenshot/tiktok

Kamala Harris ist eine Göre und bald vielleicht Präsidentin der USA. Das glaubt zumindest die Gen Z auf Tiktok. Dort wird die neue demokratische Präsidentschaftskandidatin seit dem Rücktritt von Joe Biden am Sonntag gefeiert. Die 59-Jährige mit Eltern aus Jamaika und Indien geht viral.

In einem Tiktok mit über zwei Millionen Klicks (Stand Dienstag) tanzt und lacht Harris auf Wahlkampfveranstaltungen. Darüber liegt ein giftgrüner Filter und es läuft der Song „360“ der Künstlerin Charli XCX, in dem sie über ihr eigenes Ego singt: „When you’re in the mirror, you’re just looking at me. I’m everywhere.“

Die 31-jährige britische Sängerin hat mit ihrem sechsten Studioalbum „brat“ den Sommer-Soundtrack für die Gen Z geliefert, die aus dem Alltag ausbrechen und Spaß haben will. Brats, das sind Gören, die sich selbst nicht so ernst nehmen. Das giftgrüne Cover dominierte tagelang die Social Media Plattformen, die Gen Z rief den „brat summer“ aus.

Das Team von Harris sprang selbst schnell auf den Trend auf und färbte ihre Banner auf der Plattform X giftgrün. „kamala hq“ steht in der pixeligen Schriftart des Album-Covers nun über dem Team-Account, der ehemals Biden im Wahlkampf unterstützte.

Eine Politikerin als Göre

Als Po­li­ti­ke­r*in auf Social-Media-Trends aufspringen kann schnell peinlich oder zu gewollt wirken. Doch im Fall der ehemaligen US-Senatorin funktioniert es. Auch weil viele der Videos von jungen Use­r*in­nen selbst veröffentlicht werden und es kein reiner Kampagnentrick ist. Harris eignet sich diese Zuschreibung als Göre an. Und wird dabei unterstützt: Charli XCX selbst gab ihren Segen und postete auf X „kamala IS brat“.

Doch was macht eine „brat“ aus? Die Songs auf dem Album transportieren ein Gefühl von Freiheit: lange Sommernächte mit Freundinnen, verschmiertes Make-up, ein Drink zu viel. Hauptsache Spaß. In einem BBC-Interview erklärt Charli XCX, was eine „brat“ braucht: „eine Schachtel Zigaretten, ein Bic-Feuerzeug und ein weißes Top ohne BH.“

Nichts davon würde Harris im Wahlkampf gegen Trump helfen und doch zeigt der Hype um ihre Person, dass sie die jungen Wäh­le­r*in­nen hinter sich vereinen kann. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger und Gegner zeigt sie sich gelassen und nahbar auf Wahlveranstaltungen, tanzt gern und lacht.

Dieses markante Lachen, tief aus dem Bauch heraus, mischte die Gen Z für Tiktok mit beliebten Songs von Künst­le­r*in­nen wie Taylor Swift, Beyoncé und Charli XCX – ein weiteres Meme. Unterstützung zeigen Use­r*in­nen auf unterschiedlichen Plattformen auch mit Emojis: Kokosnüssen und Palmen.

Kokos-Emojis für die Wahl

In einer Rede im Weißen Haus hatte Harris 2023 ihre Mutter zitiert: „Glaubst du, du bist aus der Kokospalme gefallen?“ Alle Menschen haben eine Geschichte, leben im gesellschaftlichen Kontext. Die grünen Videos, das gemischte Lachen, die Kokos-Emojis, sie zeigen, dass die US-Wahl auch für die Gen Z wieder an Attraktivität gewinnt.

Fern von den Analysen über ihre Fähigkeiten als mögliche Präsidentin macht es Spaß zu sehen, wie junge Ame­ri­ka­ne­r*in­nen sich wieder für die kommende Wahl interessieren und ihren eigenen Zugang dazu finden. Für viele von ihnen steht im Vordergrund, die mögliche Wahl einer nicht-weißen Frau zu feiern.

Für Harris selbst haben die Reaktionen einen großen Vorteil: Die sonst als kühl und unnahbar geltende Vize-Präsidentin inszeniert sich als „cool girl“. Ein wichtiger Schritt, besonders mit Blick auf die Konkurrenz der Republikaner. Zuletzt hat sich der frisch ernannte J. D. Vance mit seiner emotionalen Rede als Teil der weißen Arbeiterklasse der USA präsentiert. Bei den Wäh­le­r*in­nen kommt seine klassische Aufstiegsgeschichte gut an, der Karrierefrau Harris kann ein wenig „brat“-Attitüde nicht schaden.

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Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. Seit Oktober 2023 Taz-Volontärin.

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