piwik no script img

Nahost-Debatten in DeutschlandKein Freiraum für Kritik

Der Vorwurf des Antisemitismus wird in Deutschland inflationär verwendet. Progressive Arbeit mit Menschen aus dem Globalen Süden wird so schwierig.

Zu viel Kritik für hiesige Verhältnisse: Forderungen nach Waffenruhe in Gaza bei der Berlinale 2024 Foto: Monika Skolimowska/dpa

D iese Woche hätte in Frankfurt die Global Assembly stattfinden sollen, eine Zusammenkunft von Aktivistinnen aus aller Welt, um nach Lösungen für die dringlichen Herausforderungen unserer Zeit zu suchen: autoritäre Herrschaft und Demokratisierung, Klimagerechtigkeit und ökologische Transformation, Menschen- und Naturrechte. Die Versammlung musste kurzfristig abgesagt werden. Das ist sehr traurig, vor allem für jene unter uns, die sich von der Zukunft mehr ersehnen als Aufrüstung, Abschottung und Ausbeutung.

Der Grund: Einige der Trägerorganisationen trieb die Sorge um, dass angesichts des polarisierten Diskurses hinsichtlich der Gewalt in Israel und Palästina eine offene Debatte mit unabsehbaren Risiken verbunden sein würde: „Unsere Absage ist eine traurige Konsequenz aus dieser Entwicklung. Wir werden damit der Verantwortung gerecht, die Möglichkeiten für eine wirksame globale Menschenrechtsarbeit nicht zu gefährden.“

Die Entscheidung ist den Initiatoren (ich habe an der Vorbereitung mitgewirkt) alles andere als leichtgefallen. Zwei Jahre Arbeit und ein Blumenstrauß an Hoffnungen mit einem Schlag dahin und verwelkt. Die Sorge ist nicht von der Hand zu weisen. Lädt man achtzig Menschen aus dem Globalen Süden ein, lässt es sich kaum vermeiden, dass diese ihre Meinung frei äußern. Durch Kritik an verfehlter Politik, ungerechter Wohlstandsverteilung und ökologischer Zerstörung oder aber durch eine Solidaritätsbekundung für Palästina. Eine solche „Provokation“ würde im Schnellkochtopf der medialen Erregung im Nu zu einem Skandal zusammengedampft werden.

Wir haben so etwas zuletzt öfter erlebt. Die Entscheidung fiel unter dem Eindruck der diesjährigen Berlinale. Es lohnt sich, mit einem gewissen Abstand auf den „Skandal der israelkritischen und propalästinensischen Interventionen“ während der Preisverleihung zu blicken. Was ist geschehen? Ein israelischer Filmemacher spricht von „Apartheid“ im Westjordanland und fordert Deutschland auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Diese und ähnliche Aussagen werden von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner scharf verurteilt. Wenn ein israelischer Bürger von seinem demokratischen Recht, die eigene, rechtsextreme Regierung zu kritisieren, Gebrauch macht, will ihm ein hiesiger Lokalpolitiker den Mund verbieten. Die Enkelkinder der rabiatesten Antisemiten wollen die allerbesten Anti-Antisemiten sein. Die Erkenntnis, dass Besserwisserei auch ein Problem ist, lässt auf sich warten.

Die meisten Menschen sehen beide Seiten

Anstatt eine Debatte zuzulassen und zugespitzte Meinungen auszuhalten, soll eine Verbotskultur den Diskurs regulieren. Die Wortwahl der herrschenden Kritik war symptomatisch: „Diese Bilder, diese Töne will ich nicht aus Berlin sehen und hören.“ Ein Bürgermeister, der Sprechen und Zuhören mit einem Verkehrsleitsystem verwechselt. Solche Aussagen lassen sich nur durch Schwarz-Weiß-Denken erklären, durch die Vorstellung, dass es nur eine Option gibt, die bedingungslose Unterstützung der einen oder der anderen Seite. So als könnte von uns nicht verlangt werden, Empathie für alle Opfer und Empörung gegenüber allen Tätern zu empfinden.

Die meisten Menschen verurteilen die Massaker der Hamas ebenso wie die Kriegsführung der israelischen Armee, empfinden angesichts der abgeschlachteten jüdischen Festivalbesucherinnen existenzielles Entsetzen, wie auch angesichts der von Bomben zerfetzten palästinensischen Kinder. Mitmenschlichkeit ist tief in uns verankert, weswegen es eines enormen propagandistischen Aufwands bedarf, um uns abzuhärten. Im Umkehrschluss gilt: Wer die Verbrechen der Hamas gutheißt oder die Grauen der israelischen Angriffswellen ohne Wenn und Aber rechtfertigt, hat an seiner Seele Schaden genommen.

Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn Menschen, die sich dem Kampf um Gerechtigkeit verschrieben haben, der Ansicht sind, dass es momentan am notwendigen Freiraum fehlt für eine Versammlung diverser Meinungen und Positionen?

Weltweit wird mit Unverständnis auf teutonische Besserwisserei und Zeigefinger reagiert

Weltweit wird mit Unverständnis auf teutonische Besserwisserei und Zeigefinger reagiert. Zumal einige der hierzulande demaskierten Antisemiten kritische jüdische Intellektuelle sind. Wie anmaßend, den Nachfahren von Holocaust-Überlebenden vorzuschreiben, welche Vergleiche sie bemühen und welche Formulierungen sie verwenden dürfen. Inzwischen pfeifen es die Spatzen von schiefen Dächern, dass selbst Hannah Arendt heute des Antisemitismus überführt werden würde. Bekanntlich ist nichts gefährlicher als Intellektuelle, die sich ein Leben lang hinter aufklärerischen, weltoffenen, toleranten Werken verstecken, um eines Tages mit einer Unterschrift unter einem Protestbrief antisemitisch zuzuschlagen.

Antisemitismus wird so nicht bekämpft

Die regelmäßig geäußerte Behauptung, der Vorwurf des Antisemitismus sei keine Zensur, man könne ihm ja mit Argumenten begegnen, ist verlogen. Wir wissen alle, was für eine Wucht dieser Vorwurf in Deutschland entfaltet. Er kann ein Individuum, aber auch eine von öffentlichen Förderungen und Spenden abhängige Organisation zerstören.

Eine weitere negative Folge ist die Lähmung progressiver politischer Arbeit, wie das Beispiel der abgesagten Global Assembly zeigt. Während die reaktionären Kräfte sich durch ein deftiges „Wird man doch mal sagen dürfen“ profilieren, wird progressives Engagement eher gelähmt. Das ist Gift für ein zukunftsgewandtes, um Alternativen bemühtes universell humanes Projekt.

Zumal die Verengung der Debatten der Bekämpfung des Antisemitismus eher schadet. Wenn der Vorwurf des Antisemitismus inflationär verwendet wird, verwischen sich die Unterschiede zwischen einem strukturellen Antisemitismus und einer entschiedenen Verurteilung der Politik Israels.

Wie Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank neulich warnte. „Wir bekämpfen eine Ideologie des Boykotts des Staates Israel. Nun wird versucht, mit den gleichen Mitteln dagegen vorzugehen, nämlich mit Boykott von denjenigen, die Israel einseitig kritisieren. Die Antwort auf Boykott kann nicht Boykott sein. Die Antwort auf Boykott kann nur Begegnung, Diskurs, Streit sein.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • "Angst", genau darum scheint es zu gehen, daß unter der anti-antisemitischen Fassade eine Art brauner Kern zum Vorschein kommen könnte.

    Die Angst ist unberechtigt. Eine Leserbriefschreiberin in Haaretz schrieb, daß sie Jahrzehntelang von der Frage besessen war, was der "böse Kern" Deutschlands war. Schließlich, schrieb sie, mußte sie erkennen: es gibt ihn nicht, sondern zu so bösem ist jede Gesellschaft potentiell fähig.

    Nach 26 Jahren im Ausland mein Tipp an meine "Landsleute": Relax! Ihr seid weder besser, noch schlechter als andere Mitbewohner dieser Erde. Setzt euer moralisches Empfinden, eure Empathie und euren gesunden Menschenverstand ein, und drückt Euch entsprechend aus. Ihr habt das Recht dazu!

  • Neben seiner Unkonkretheit, welche frühere Kommentaroren*innen schon detailliert kritisiert haben, ist auch interessant was in diesemTAZ Kommentar nicht angesprochen wird.

    So fehlt die Erwähnung der Fraktion, welche ihre "eigenen" Veranstaltung oder Veranstaltungen mit Israelis, die nicht auf Pro Palästina oder BDS Linie sind, boykottieren oder in Extremfällen ihre jüdischen Mitstudierenden terrorisieren oder gleich ins Krankenhaus prügeln, wenn diese ihnen wiedersprechen.

    Von den Reflex jede Kritik an ihrer Postition oder ihren Äußerungen gleich als Zensur, Rassismus zu bezeichnen oder von einer Antisemitismuskeule zu sprechen mal ganz zu schweigen.

    All das hätte ein Kommentar, der die vereengte Diskussionskultur und das Überbrodeln von Emotionen beklagt und kritisiert, erwähnen können bzw. müssen.

  • Welche "unabsehbaren Risiken" wurden denn befürchtet? Hatten die Veranstalter Sorge vor Gewalt? Hatten sie Angst, dass jemand ins Gefängnis gesteckt wird? Weder noch. Ich kann im Artikel nur finden: "Eine solche „Provokation“ würde im Schnellkochtopf der medialen Erregung im Nu zu einem Skandal zusammengedampft werden."

    Zu Deutsch also: Es wurde befürchtet, dass in deutschen Medien Kritik an Meinungsäußerungen von Eingeladenen aus dem sog. Globalen Süden geübt wird. Kritik in Form von Antisemitismusvorwürfen, die der Autor für unberechtigt hält.

    Nun, in einer demokratischen Gesellschaft muss man es aushalten, für eine öffentlich vertretene Position auch öffentlich kritisiert zu werden. Es ist bezeichnend, welche Angst vor Widerspruch die Veranstalter vor sich hertragen. Als würden in Deutschland Personen, die Israel alle erdenklichen Gräuel vorwerfen, von der Polizei abgeführt. Tatsächlich sind es Juden, die in Deutschland und anderen westlichen Ländern seit dem 07.10.2023 massiv angegriffen werden, während "Antizionisten" jeglicher Couleur auf der Straße wie auch in den Medien völlig unbekümmert ihre Meinungen äußern können, solange sie nicht direkt den Holocaust leugnen oder ihnen statt "Israel" oder "Zionisten" doch mal das Wort "Juden" rausrutscht.

    • @Budzylein:

      "Es ist bezeichnend, welche Angst vor Widerspruch die Veranstalter vor sich hertragen." - Ich denke, Sie haben zwei wesentliche Punkte nicht verstanden. Der dekontextualisierende "Schnellkochtopf" (click bait rules) der öffentlichen Erregung produziert Zerrbilder (und auch eine Menge willentliches und wissentlichenes Missverstehen). Für Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Aktivist*innen aus dem Globalen Süden kann das negative Konsequenzen bei zukünftigen Visa-Anträgen oder Bewerbungen haben. Für die Veranstalter*innen steht die Förderung auf dem Spiel (oder auch nur die Möglichkeit Räume zu mieten), ohne die diese Austauschformate nicht stattfinden können.

      • @My Sharona:

        Meinen sie nicht, das man dann in dem Artikel und dem Statement der GlobalAssembly www.globalassembly...ge-global-assembly mehr darauf eingegangen wäre? Das liest sich alles eher so, als wäre das einzige Argument Diskursverengung bzw. Diskursverweigerung.



        Ich habe gestern per E-Mail bei der GlobalAssemly Nachgefragt ob es evtl. nochmal ein Statement gibt, was genauer darlegt warum abgesagt wurde, gab bisher leider keine Antwort.

        Das ist eine persönliche Anmerkung, es ist ja schon theoretisch Möglich, das man unter den Aktivisten eine oder ein paar Personen hat, die in bestimmten Bereichen fragwürdige Haltungen vertreten, bzw. auch öffentlich vertreten haben.



        Dann hätte man aber eine Gemengelage, die mehr ist, als hier im Artikel oder dem Statement der GlobalAssembly dargelegt wurde.

  • Die Debatte ist schon seit Jahrzehnten völlig verhärtet/ritualisiert und wird von zwei Polen dominiert ("Aber die deutsche Verantwortung!" vs. "Israel ist ein rechter/kolonialer Apartheidsstaat!") die gleichermaßen dumm und fehlgeleitet sind.

    Eine Annäherung an eine realistische Sicht der Dinge muss mit der Einsicht beginnen, dass Israels Gegenspieler mindestest (!) genauso rechtsextrem sind.

    Ich bin der bescheidenen Meinung dass unter diesen Bedingungen (existenzielle Bedrohung aller Israelis!) die Aufhebung der Besatzung und weitere Zugeständnisse nur gegen extrem belastbare Garantieleistungen an Israel möglich sind. Der letzte Oktober hat ja gezeigt was Hamas und Co tatsächlich wollen und auch machen, wenn sie den Raum dafür bekommen.

    Kurz: Wenn die Deutschen die ernsthaft Besatzung beenden wollten, müssten sie den Israelis Schutz gewährleisten. Viel Spaß dabei!

  • Sie unterstellen da aber merkwürdige Prioritäten. Oder umgekehrt: Wenn es zuviel verlangt ist, sich - auch um den Willen des so wichtigen Dialogs über ANDERE Themen als den Nahost-Konflikt - mal ausgewogen zu äußern und nicht nur auf Israel herumzuhacken, dann muss die kritische Frage erlaubt sein, welch Geistes Kind dieses überbordende Mitteilungsbedürfnis ist. Der überschaubaren Zahl von 80 (im Zweifel im internationalen Verkehr durchaus versierten) Leuten zu verklickern, dass sie den positiven Impact eines völkerverständigenden Kongresses gefährden, wenn sie an der Stelle unsensibel Selbstverständlichkeiten weglassen, sollte doch - eigentlich - möglich sein, oder?

    Es ist relativ einfach: Wer so ausgewogen denkt, wie Sie das oben beschreiben, der sollte auch in der Lage sein, entsprechend differenzierter zu kommunizieren, als sich ein Palituch umzuwerfen und "Stop the genocide!!" zu skandieren. Wer dagegen NICHT so ausgewogen denkt, sollte sich fragen, was ihm Israel angetan hat, dass er so unfähig ist, auch Schrecken, Angst und Wut eines kleinen, von erklärten Vernichtungsfeinden umgebenen - und jüngst bestialisch angegriffenen - Volkes zu begreifen. Diese Frage in Deutschland gestellt zu bekommen, ist keine Schande für Deutschland.

    • @Normalo:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar! Das sehe ich ganz genauso. Und abgesehen davon ist Antisemitismus klar definiert. Einfach die 3-D-Regel anwenden, dann ist es doch kein Problem angemessene Kritik zu äußern. Verstehe nicht, warum das so vielen Menschen so schwer fällt. Und ich finde erschütternd, dass jetzt jedem der antisemitische Aussagen kritisiert, Unwissenheit, Übertreibung etc. unterstellt wird. Wie gesagt, es gibt klare Definitionen. Darüber spricht nur kaum jemand.

  • Ich denke, dass das Hauptproblem u.a. bei der Berlinale nicht das ist, was gesagt wurde sondern was nicht gesagt wurde. Eine Bühne ist eine Mögliche, z.B. hätte Yuval explizit an David Cunio in der Rede erinnern können oder Basel die antisemitische Propaganda und Taten der Hamas und teilweise Fatah.



    Wem es um einen nachhaltigen Frieden geht, sollte doch wenn er ein Ceasefire Now Schildchen trägt auch den gelbe Free the Hostages tragen können. Das ist eben ein Problem vieler Veranstaltungen zum globalen Süden, dass sogar Hamas kritische Schilder lautstark entfernt werden. Und das verursacht das unangenehme Geschmäkle und lässt Antisemitismus vermuten, denn eine kritische Auseinandersetzung zum Leid der Juden im globalen Süden gibt es kaum.

  • "Wir wissen alle, was für eine Wucht dieser Vorwurf in Deutschland entfaltet. Er kann ein Individuum, aber auch eine von öffentlichen Förderungen und Spenden abhängige Organisation zerstören." - So ist es. Und ja, es sind in der Regel, die Falschen, die das zerstört (oder die zumindest in ihrer Arbeit krass behindert werden).



    Yuval Abraham ist ja nicht nur irgendein Israeli der von Apartheid spricht, er hat verdammt noch mal einen preisgekrönten Dokumentarfilm zur Situation in der Westbank gedreht. Da kann man eine Kompetenzvermutung die dortige Situation betreffend doch erstmal gelten lassen, anstatt bewaffnet mit Soundbites von in der Regel kenntnisärmeren Politiker*innen (kein Vorwurf, es ist nicht ihr Land oder ihr Beruf sich da auszukennen) und Meinungsbeiträgen aus deutschen Kulturredaktionen zur Jagd zu blasen.

  • Danke & d‘ accor. Wo Ilija Trojanow drauf steht - ist auch Ilija Trojanow drin.



    Erfreulich das.

  • Ich danke für diesen wichtigen und richtigen Kommentar; wenn mir eine kritische Ergänzung erlaubt ist: mir scheint, dass es zu kurz greift, das in dem Artikel beschriebene Problem auf den NO-Konflikt zu reduzieren und allein aus dessen Besonderheiten zu erklären. Der öffentliche Diskurs hat ja auch bei anderen Themen unangenehm an Schärfe gewonnen - überspitzt gesagt: wir schreien uns seit Jahren nur noch an. Erstaunlicherweise scheinen sich dabei die selbsterklärten Vertreter der Mitte und die AfD die Bälle zuzuspielen - als gäbe es keinen Platz zwischen (oder, besser, jenseits) von Status quo und Aluhut. Das ist umso ärgerlicher, weil der öffentliche Diskurs dabei ein Eigenleben entwickelt hat, das wenig mit der öffentlichen Meinung zu tun hat. Wie es in dem Artikel ja heisst: die meisten Menschen sind durchaus in der Lage, differenziert zu denken - nur leider werden sie von den Maximalisten jeglicher Couleur überbrüllt.

  • "Der Vorwurf des Antisemitismus wird in Deutschland inflationär verwendet. Progressive Arbeit mit Menschen aus dem Globalen Süden wird so schwierig."



    Sind denn alle Menschen aus dem "Globalen Süden" Antisemiten, oder ist das nur eine böswillige Unterstellung? Und ganz nebenbei: Zählen Australier (m/w/d) auch zum "Globalen Süden"?

  • Danke Herr Trojanow! So ein Kommentar in der TAZ war längst überfällig. Auch als indirekte Antwort auf Jan Feddersen.



    Empfehle diese Diskussion geleitet von Meron Mendel, mit u.a. C. Emcke u.a.



    www.bundeskunsthal...tudiobonn/mentsh-2

    • @Teresa Kulawik:

      Vielleicht bin ich ja einfach nur zu dumm um das zu begreifen und Sie können mir weiterhelfen.

      Worin besteht denn im konkreten Fall dieser nun abgesagten Veranstaltung der Verdacht, dass unangebrachte Antisemitismusvorwürfe im Fall der Durchführung derselben hätten erhoben werden können?

      Much erinnert das etwas an den von Deborah Feldman in zahlreichen Medien und vielen Talkshows erhobenen Vorwurf, sie dürfe sich mit ihrer Meinung nicht äußern und tut das dann vor einem Millionenpublikum.

      Kuratoren, die antisemitische Kunst ausstellen, werden mit Professuren belohnt und Glazer ist meines Wissens bis heute nicht in Haft, sondern wurde mit einem Oscar geehrt.

      Das größte antisemitische Massaker nach 1945 führte zu weltweit größten antisemitischen Mobilisierung.

  • Danke für diesen wichtigen Kommentar!

  • Ziemlich unkonkret das Ganze. Man erfährt aus der Erklärung nicht, welche Positionen von welchen Personen dort womöglich vertreten worden wären, die zu harter Kritik oder gar zu Verbotsforderungen geführt hätten.