EU-Lieferkettengesetz wohl geplatzt: Standortnachteil für Deutschland

Wegen der Uneinigkeit der Ampel steht das EU-Lieferkettengesetz auf dem Spiel. Für die deutsche Wirtschaft ist das eine schlechte Nachricht.

Christian Lindner und Marco Buschmann sitzen am Kabinettstisch umringt von Flaschen.

Halten sich für besonders schlau: Aber für die deutsche Wirtschaft ist das Veto von Lindner und Buschmann ein schwerer Nachteil Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Es ist eine schlechte Nachricht für hiesige Firmen, dass die Bundesregierung der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie nicht zustimmen kann. Einer ihrer drei Parteien, die FDP, verhindert dies. Deshalb hat SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil seine Kompromisssuche erst einmal eingestellt. So wird sich an diesem Freitag bei der Abstimmung in Brüssel zeigen, ob andere Staaten ähnlich handeln – was die Richtlinie zu Fall brächte.

Die EU-Regulierung soll dafür sorgen, dass sich größere europäische und außereuropäische Unternehmen um die Gewährleistung der Menschenrechte bei ihren Zulieferern in aller Welt kümmern. Kommt die Richtlinie nicht, stehen deutsche Firmen mit dem bereits bestehenden hiesigen Lieferkettengesetz alleine da. Sie müssen die nationalen Regeln erfüllen, während ihre Konkurrenten in vielen Ländern nicht dazu verpflichtet sind.

Das wäre ein schwerer Nachteil im Vergleich zu dem, was die FDP vorgeblich erreichen möchte: Offiziell will sie verhindern, dass die Politik die heimischen Firmen mit neuen Auflagen, zusätzlicher Bürokratie, weiteren Berichtspflichten und höheren Kosten quält.

Solche Klagen spiegeln aber in erster Linie die Ablehnung durch den Bundesverband der Deutschen Industrie, den Arbeitgeberverband und ähnliche Organisationen wider. Ihnen geht es um Weltanschauung, nicht um unternehmerische Praxis.

Von modernen Vorständen lernen

Die Sicht der Firmen dagegen ist gemischt. Die einen kritisieren die Richtlinie, die anderen unterstützen sie. Einige ChefInnen haben Angst, dass sie Tausende Zulieferer durchleuchten sollen und für Fehlverhalten haftbar gemacht werden.

Viele Vorstände betrachten schlechte soziale und ökologische Bedingungen in den Zulieferfabriken dagegen als Risiken für das eigene Geschäft, die es auszuschließen gilt. Welches Unternehmen braucht den Stress, der durch Berichte über Landraub, Hungerlöhne oder Umweltkatastrophen bei seinen Lieferanten entsteht?

Moderne Vorstände wissen, dass sie darauf gerne verzichten. Moderne Verbandsfunktionäre und Politiker sollten von ihnen lernen.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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