Entscheid zur Bundestagswahl in Berlin: Wiederholung ist notwendig
Die Bundestagswahl in Berlin muss in rund einem Viertel der Wahlkreise wiederholt werden. Das hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe entschieden.
Die Wahl müsse in 455 der insgesamt 2.256 Wahlbezirken und den zugehörigen Briefwahlbezirken wiederholt werden, sagte die vorsitzende Richterin Doris König. Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also mit Erst- und Zweitstimme. Eine Wahlprüfungsbeschwerde der Unionsfraktion im Bundestag war damit nur teilweise erfolgreich. (Az. 2 BvC 4/23)
Die Wahlwiederholung soll am 11. Februar stattfinden. Das kündigte Landeswahlleiter Stephan Bröchler in Karlsruhe an. Es seien schon viele Planungen in Angriff genommen worden, die nun umgesetzt werden könnten.
Ampel-Mehrheit gilt als nicht gefährdet
Die Mehrheit der regierenden Ampelkoalition gilt als nicht gefährdet, da die Stimmen aus Berlin das Ergebnis nicht beeinflussen können. Anders sieht es für die Linke aus. Sie konnte bislang nur durch drei Direktmandate in den Bundestag einziehen, davon kamen zwei aus Berlin. Würde die Partei bei der Nachwahl auch nur ein Direktmandat verlieren, wäre sie nicht mehr im Bundestag vertreten. Denn die Linke hatte bei der Bundestagswahl keine 5 Prozent der Zweitstimmen bekommen.
Der Wahltag war damals in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen oder blieben bis weit nach 18.00 Uhr geöffnet. An dem Tag war neben der Bundestagswahl auch die Berliner Abgeordnetenhauswahl und der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ durchgeführt worden.
Zudem hatte der am gleichen Tag abgehaltene Berlin-Marathon zu zahlreichen Straßensperren geführt, was das Erreichen der Wahllokale erschwert hatte.
Beim Bundestag wurden 1.713 Einsprüche gegen die Bundestagswahl im Land Berlin erhoben, darunter auch einer des Bundeswahlleiters. Das seien rund achtmal so viele Einsprüche wie bei früheren Wahlen, hatte Richter Peter Müller bei der Verhandlung im Juli gesagt. Eine „bisher nicht gekannte Zahl“. Die Wahlfehler könnten dazu geführt haben, dass Menschen nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten.
Im November 2022 beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP, dass die Wahl teilweise wiederholt wird. Betroffen wären demzufolge 327 der 2.256 Wahlbezirke der Hauptstadt sowie 104 der 1.507 Briefwahlbezirke gewesen.
Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag war der Beschluss aber rechtswidrig, unter anderem weil der Bundestag die Wahl in sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen nicht insgesamt für ungültig erklärt habe. Aus Sicht der Unionsfraktion müsste die Wahl folglich in mehr Wahlbezirken wiederholt werden.
Der letztmögliche Tag für eine Wiederholungswahl wäre der 11. Februar, hatte der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler erklärt. Schon seit dem Sommer würden aber generell die Voraussetzungen für einen neuen Urnengang geschaffen. „Landeswahlleitung und Bezirke sind vorbereitet.“
Bei der Verhandlung hatte Bröchler darauf hingewiesen, dass eine Wahl in der Adventszeit oder rund um Weihnachten und Neujahr ungünstig wäre, weil es dann etwa an Wahlhelfern fehlen könnte. Die vorsitzende Richterin Doris König antwortete, der Senat werde versuchen, das beim Grundsatz der Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen.
Langes Prüfverfahren
Dass überhaupt schon so viel Zeit vergangen ist, hatte Richter Müller mit dem zweistufigen Prüfverfahren erklärt: Zunächst ist das Sache des Bundestags, erst später des Verfassungsgerichts. Auch wegen der hohen Zahl an Einsprüchen sei selbst bei größtmöglicher Beschleunigung kein früherer Zeitpunkt möglich gewesen, sagte Müller.
Wegen der Pannen am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof die Wahl zum Abgeordnetenhaus wegen „schwerer systemischer Mängel“ und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Diese Wahl wurde am 12. Februar 2023 komplett wiederholt – mit dem Ergebnis, dass eine schwarz-rote Koalition das Dreierbündnis von SPD, Grünen und Linken ablöste, das seit 2016 regiert hatte.
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