Ampel-Koalition erledigt den Haushalt: Milliardenkürzung beim Klimafonds

Scholz, Habeck und Lindner einig: Die Schuldenbremse soll 2024 eingehalten werden. Der Klimafonds wird bis 2027 um 45 Milliarden Euro gekürzt. Die Ukraine-Hilfe bleibt.

Kanzleramt im Morgengrauen

Nächtliche Einigung im Kanzleramt Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN dpa/afp/rtr/taz | Nach wochenlangem Ringen haben die Spitzen der Ampel-Regierung eine Einigung im Streit um den Haushalt für das kommende Jahr erzielt.

Die Ergebnisse wurden am Mittag bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt bekannt gegeben. An ihr nahmen Kanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) teil.

Bundeskanzler Scholz versicherte zu Beginn, dass die Regierung an ihren drei großen Zielen festhalten werde. Dies seien die Bekämpfung des Klimawandels, der soziale Zusammenhalt und die Solidarität mit der Ukraine.

Allerdings gebe es Einsparungen. „Die machen wir nicht gerne“, sagt Scholz. Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) soll das zentrale Instrument des klimafreundlichen Umbaus bleiben. Der Fonds werde aber für 2024 um 12 Milliarden Euro gekürzt, sagte Scholz. Bis 2027 würden die Kürzungen sich auf 45 Milliarden Euro belaufen. Das Gesamtvolumen des Fonds betrage bis dann aber etwa 160 Milliarden Euro.

Schuldenbremse soll eingehalten werden

Es stehe fest, dass die von der Verfassung vorgeschrieben Schuldenbremse im Jahr 2024 wieder eingehalten werde, betonte Scholz.

Die Ampel-Regierung prüft eine Ausnahme von der Schuldenbremse für die weiteren Zahlungen für die von der Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 betroffenen Menschen, so Scholz. Die Ampel werde auf die Union als größte Oppositionsfraktion zugehen und um deren Unterstützung für diesen Schritt werben.

Scholz ergänzte: „Denn die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sollen sich auch auf die gegebenen Zusagen verlassen können.“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge soll es bei der Deutschen Bahn keine Einsparungen geben. Das Staatsunternehmen solle anders finanziert werden als bisher geplant. Es werde dazu im Klimafonds Umschichtungen geben.

Kürzungen bei Solarförderung, Einführung einer Kerosinsteuer

Einsparungen werde es zum Beispiel bei der Solarförderung geben. Zudem werde die Prämie für den Kauf von Elektroautos früher auslaufen als geplant, sagte Habeck, ohne einen Zeitpunkt zu nennen.

Finanzminister Christian Lindner ergänzte, die Bahn solle von Privatisierungserlösen profitieren. Die Bahn will ihre Tochter Schenker verkaufen. Zudem sei geplant, klimaschädliche Subventionen zu streichen. Allein dort sollen 3 Milliarden Euro eingespart werden.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will die Ampel eine Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge einführen und Steuervergünstigungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft streichen, den sogenannten Agrardiesel. Bisher ist im gewerblichen Luftverkehr eingesetztes Kerosin von der Energiesteuer befreit. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft können sich einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten

Die geplante Absenkung der Stromsteuer werde wie geplant mit einem Volumen von 3 Milliarden Euro kommen, so Lindner.

Milliardenhilfe für die Ukraine bleibt fest eingeplant

Die Bundesregierung steht nach den Worten von Finanzminister Christian Lindner mit dem Haushalt 2024 weiter voll an der Seite der Ukraine. Vorgesehen seien 8 Milliarden Euro an direkter bilateraler Hilfe, sagt Lindner. „Wir stellen uns auch weiter dieser Verantwortung.“

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte aber: „Sollte sich die Situation durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukraine-Hilfe zurückfahren oder weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter zunimmt, werden wir darauf reagieren müssen.“

Kürzungen im Sozialbereich ohne Reduktion sozialer Standards

Eine Reduzierung sozialer Standards soll es laut Linder nicht geben. „Viele Ressorts leisten eigene Beiträge, beispielsweise das Verkehrsministerium, auch das Umweltministerium, auch das Arbeitsministerium. Wichtig ist aber, es wird keine Reduzierung von sozialen Standards geben“, sagte der Finanzminister. Dennoch erreiche man durch mehr Treffsicherheit bei Sozialleistungen eine Einsparung von 1,5 Milliarden Euro. Als ein Beispiel nannte er den Arbeitsmarkt. So sollten Geflüchtete aus der Ukraine besser vermittelt werden.

Einigung nach langen Verhandlungen am frühen Morgen

Am Dienstagvormittag waren Scholz, Lindner und Habeck erneut im Kanzleramt zusammengekommen, nachdem sie ihr Gespräch in der Nacht zuvor zum wiederholten Mal vertagt hatten. Später holten sie die Ampel-Fraktionschefs dazu, sprachen selbst in ihren Fraktionen und zogen sich dann wieder im kleinen Kreis ins Kanzleramt zurück. Am Ende war offenkundig eine Nachtsitzung nötig. Die Einigung kam am frühen Mittwochmorgen.

Scholz sprach am Mittag von vertraulichen und vertrauensvollen Gesprächen. Lindner betonte, dass die Koalition einigungs- und handlungsfähig sei. Das Kabinett solle so nun schnell wie möglich der Grundsatzeinigung der Ampel-Regierung zum Haushalt 2024 zustimmen.

Ganz so eilig scheint es die Ampel aber doch nicht zu haben. Am m Mittwoch jedenfalls hat das Kabinett laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit noch nichts entschieden zu den vorgestellten Eckpfeilern für den Haushalt 2024. Die sind erst Theme bei der nächsten Kabinettssitzung. Die sei für kommende Woche am Mittwoch geplant.

Kritik von Greenpeace

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisiert die Ampel-Einigung zum Bundeshaushalt 2024. „Dieser Kompromiss läuft an zu vielen Stellen auf Stillstand hinaus statt auf den von der Ampel versprochenen Fortschritt“, erklärt die Organisation. „Der von der FDP durchgeboxte Sparhaushalt streicht die Unterstützung der Solarindustrie zusammen und lässt die Förderung für E-Autos früher auslaufen. Aber das schädliche Dienstwagenprivileg wird nicht gestrichen und Dieselkraftstoff soll weiter mit Milliarden bezuschusst werden – das hemmt die ökologische Modernisierung. Um jetzt nötige Zukunftsprojekte wie den Ausbau der Bahn oder die Wärmewende sozial gerecht auf den Weg zu bringen, braucht es finanziellen Spielraum.“

Harte Vorgaben des Verfassungsgerichtes

Durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts musste im Etat 2024 eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden. Finanzminister Lindner bezifferte diese auf 17 Milliarden Euro.

Kanzler Scholz hatte mit Linder und Habeck seit Tagen über eine Lösung verhandelt. Die SPD forderte bis zuletzt, auch im kommenden Jahr die Schuldenbremse auszusetzen, und wollte dies mit den Folgen des Ukraine-Kriegs begründen. Dies lehnten die Liberalen aber strikt ab. Sie forderten Einsparungen und schlossen dabei auch Kürzungen im Sozialbereich nicht aus.

Das Bundesverfassungsgericht hat Mitte November entschieden, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Krediten für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht in den Klima- und Transformationsfonds KTF verschoben werden durften. Damit fehlten der Ampel-Regierung Milliarden für die kommenden Jahre, um zentrale Projekte der Energiewende zu finanzieren.

Auch ähnliche Sondervermögen wie der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF sind von der Karlsruher Entscheidung betroffen. Die Ampel-Regierung musste deshalb bereits einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr und die erneute Aussetzung der Schuldenbremse beschließen, um insbesondere die Auszahlungen für die Strom- und Gaspreisbremsen auf eine rechtlich sichere Grundlage zu stellen.

Der WSF wird nun aber zum Ende des Jahres abgewickelt. Scholz hatte Ende November angekündigt, dass dann auch die eigentlich bis Ende März geplanten Energiepreisbremsen auslaufen.

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