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Angriffe der Huthis gegen SchiffeGegenoffensive notwendig

Jannis Hagmann
Kommentar von Jannis Hagmann

Huthis terrorisieren zunehmend Handelsschiffe. Wichtig ist jetzt ein entschlossenes Vorgehen möglichst vieler Staaten gegen die Milizen.

Solidarität mit den Bewohnern in Gaza, Tausende Kilometer entfernt im Jemen Foto: Osamah Yahya / dpa

Galaxy Leader“, „Strinda“, „Al Jasrah“: Das sind einige der Namen von Handelsschiffen, die in den vergangenen Wochen Ziel von Angriffen im Roten Meer geworden sind. 25 Crew-Mitglieder der „Galaxy Leader“ mit unterschiedlicher Nationalität werden weiter von der Huthi-Miliz aus dem Jemen festgehalten. Auf der „Strinda“ brach ein Feuer aus, nachdem ein Marschflugkörper der Huthis den Frachter vergangene Woche traf. Auch die „Al Jasrah“, ein Containerschiff der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, geriet in Flammen; das Schiff konnte aber seinen Weg Richtung Singapur fortsetzen.

Die Schäden sind bislang begrenzt, doch eines ist klar: Unter dem Vorwand der Solidarität mit den Palästinensern im Gazastreifen fahren die Huthis ihre Aggressionen vor der Küste des von Gaza 2.000 Kilometer entfernten Jemen immer weiter hoch. Die islamistische Miliz und ihr Unterstützerregime in Teheran fühlen sich ermutigt, immer militanter aufzutreten. Joe Biden strich zu Beginn seiner Amtszeit die Huthis von der US-Terrorliste (wofür es gute Gründe gab, da die Terrorlistung humanitäre Hilfe erschwerte).

Das hält die Huthis nun aber in keiner Weise davon ab, die zivile Schifffahrt zu terrorisieren und auch die USA direkt anzugreifen: Auch ein US-Kriegsschiff wurde Anfang Dezember beschossen. Die Reaktio­nen auf die anhaltenden Attacken sind bislang milde: Kriegsschiffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens im Roten Meer zerstören die Raketen und Drohnen meist, bevor sie Schaden anrichten können. Treffen die Geschosse, wird das Feuer gelöscht. Die Huthis verstehen dies offenbar als Freifahrtschein, um weiterzumachen.

Marinebündnis nötig

Es ist Zeit, offensiv gegen die Huthi-Angriffe vorzugehen. Wie das aussehen könnte, zeigt eine ähnliche Situation aus dem Jahr 2016. Als Reaktion auf Beschuss von US-Kriegsschiffen im Roten Meer griff ein US-Zerstörer damals drei Radaranlagen in einem Huthi-Gebiet an der jemenitischen Küste an. Es waren begrenzte Schläge auf Militärstellungen, die keine Zi­vi­lis­t*in­nen in Gefahr brachten.

Außerdem braucht es ein Marinebündnis zum Schutz der Schifffahrt im Roten Meer. Die Europäer, auch Deutschland, sollten prüfen, wie sie den erfolgten Bitten aus Washington nachkommen können, sich zu beteiligen. Wichtig ist, auch arabische Staaten für eine Anti-Huthi-Allianz mit ins Boot zu holen, um eine weitere Polarisierung zwischen westlichen und muslimisch geprägten Staaten zu verhindern. Das Interesse an sicherer Schifffahrt ist schließlich ein verbindendes Element – und zivile Schiffe haben schlichtweg nichts zu tun mit dem Krieg zwischen Israel und der ­Hamas in Gaza.

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Jannis Hagmann
Redakteur Nahost
ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann
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31 Kommentare

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  • Die Huthis und ihre Hintermänner in Teheran stärken genauso wie die Tunnelgräber von Gaza mit ihrem Vorgehen mittelfristig die Position Israels, der Saudis und anderer Golfstaaten. So kann man sich natürlich auch ins Abseits schiessen.

    • @vieldenker:

      Das ist nicht ausgemacht, leider. Saudi-Arabien beispielsweise hat es - trotz massiven militärischem Engagements und Unterstützung der Regierungsseite - im Jemen nicht geschafft, den Vormarsch der Huthi als “Aussenposten” Teherans zu stoppen. Die Mullahs setzen auf die Perspektivlosigkeit der Bevölkerungen in den sunnitisch geprägten arabischen Ländern und auf deren Unzufriedenheit mit den Regierungen und den sie stützenden Eliten.



      Höchste Zeit wird es also, die Normalisierung in den Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten voranzutreiben - der Gaza-Krieg erweist sich da allerdings momentan als Bremsklotz. Auch das liegt im Kalkül des Iran.

      • @Abdurchdiemitte:

        Das liegt nicht nur im Kalkül des Iran, der Iran hat über seine Proxies, die Hamasterroristen, den Krieg begonnen und er schürt ihn auch weiter an.

      • @Abdurchdiemitte:

        Kurze Anmerkung, die Houthis sind Schiiten, Zaydi/7er Schiiten, tatsächlich hat der Iran nur Palästina mit Hamas und Palästinensischer Islamischer Dschihad Sunnitische Verbündete, im Rest des Nahen Ostens sind es Schiiten. Die oft diskriminiert und verfolgt wurden. Und daher die Ideen Khomeinis gerne aufnehmen.

  • Die Militäroffensive stößt international auf heftige Kritik, da sie eine verheerende humanitäre Katastrophe ausgelöst hat. Zivilisten sind von den Kämpfen überproportional stark betroffen und stellen über die Hälfte der Todesopfer. Unter Zivilisten gab es viele Tausend Tote, Millionen Binnenflüchtlinge und Millionen Unterernährte, darunter allein etwa 2,2 Millionen unterernährte Kinder. Als verantwortlich für das starke Anwachsen der humanitären Katastrophe im Jemen wird neben den großen Zerstörungen durch die Angriffe insbesondere die Seeblockade des Jemen angesehen, die von Seiten der saudi-arabisch angeführten Militärallianz bis heute beibehalten wird. Stand Dezember 2022 gilt die Situation im Jemen immer noch als die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt. [Wikipedia] Damit die Gewaltspirale weiter eskaliert bravo TAZ 👏

    • @Mr Plagiārius:

      Erstens hat die von Herrn Hagmann angesprochene Marine-Operation mit der von Ihnen zitierten Offensive unter saudischer Führung gar nichts zu tun. Sie würde auch nciht zu einer weiteren Eskalation der Gewalt führen, denn diesen Eskalationsschritt hat die Huthi-Miliz ja bereits ohne Not gemacht.



      Zweitens darf man sich fragen, warum angesichts der von Ihnen zitierten Situation der Huthi-Miliz nichts Sinnvolleres einfällt als ausländische Handelsschiffe anzugreifen, die in oder aus Richtung Suezkanal unterwegs sind und die damit theoretisch auch Israel anlaufen könnten/angelaufen haben.

      • @MeinerHeiner:

        Sehr berechtigte Frage am Ende: manchmal hat man den Eindruck, dass auch solche Beiträge aus einer Art "Überlegenheitsgefühl" verfasst wären, also hätten die Leute im Jemen keinen Verstand und deren einziges Mittel wäre, einfach mit Waffen ihren Frust raus zu lassen.

        • @Dr. McSchreck:

          Das ist eine unter deutschen Linken weitverbreitete Annahme, die "Anderen" sind entweder zu primitiv oder nicht gebildet genug um die Wirklichkeit zu verstehen. Die Houthis sind dann kleine Kinder die halt Handellschiffe überfallen weil sie nicht verstehen das man das dann darf. Oder Scholz der Putin anruft, und sich darüber aufregt das der nicht versteht das Krieg schlecht ist. Die Houthis führen seit fast 20 Jahren Krieg, die wissen was sie tun und warum sie es tun. Diese Angriffe sind kein Unfall sondern gezielte Politik.

  • Ganz einfach ein Ultimatum setzen: die Huthi haben zwei Tage Zeit, ihre Angriffe auf zivile Schiffe einzustellen. Wenn sie dann immer noch weitermachen, bekommen sie Besuch von F/A-18 und Rafales. Die Angriffe auf unbeteiligte Dritte gehören zur Not mit militärischen Mitteln gestoppt.



    Wenn Russland zivile Frachter in der Ostsee beschießen würde, käme das auch einer Kriegserklärung gleich.

    • @Luftfahrer:

      Meines Wissens ist die Träger-Kampfgruppe der USS Dwight D. Eisenhower vom Persischen Golf Richtung Bab-el-Mandab unterwegs. Prompt behauptete die Huthi-Miliz, in Verhandlungen unter Vermittlung des Oman eingetreten zu sein.

  • Jawoll, schmiedet eine Allianz, marschiert ein und zieht Euch dann nach ... Jahren erfolglos wieder zurück. Und immer grüßt das Murmeltier.

    • @Trabantus:

      Hier bedarf es keines Einmarsches mit Bodentruppen in den Jemen. Das schrieb der Autor auch gar nicht.

      • @MeinerHeiner:

        "Wichtig ist jetzt ein entschlossenes Vorgehen möglichst vieler Staaten gegen die Milizen."



        Ach stimmt, ja.



        Er meinte sicher wirkungslose Sanktionen, UNO-Resolutionen und Besuche von Frau Bearbock. ;-)

        • @Trabantus:

          Okay, zwischen UN-Resolutionen und einer Bodeninvasion gibt es für Sie offenbar nichts, check.



          Gemeint ist aber eine Marinemission, die eine großräumige Luftverteidigung gegen die meisten Flugkörper der Huthis aufspannen kann. Zweitens stellt die wohl im Anmarsch befindliche Carrier Strike Group eine glaubhafte Abschreckung dar, weil damit auch die militärische Infrastruktur der Raketen-Männer im Jemen getroffen werden kann. Es müsste also kein einziger Schuss fallen, niemand marschierte ein und die Botschaft wäre trotzdem verständlich.

          • @MeinerHeiner:

            So ist es. Letztendlich zählt militärische Stärke und der demonstrierte Wille, sie auch einzusetzen. So traurig wie das ist.

  • Mit der gleichen Begründung müsste aber auch eine "Vorwärts-Verteidigung" der Ukraine unterstützt werden.

  • Die „Rebellen“ müssen ebenso wie alle anderen Islamofaschisten bekämpft und zerstört werden. Und parallel dazu muss der IRAN endlich so massiv sanktioniert werden, dass das dortig System zusammenbricht. Die Menschen im IRAN, die eine politische Revolution wollen, müssen unterstützt werden durch so massive Sanktionen, dass es die klerikale Machtelite einfach wegfegt.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Bei der militärischen Bekämpfung geh ich mit, aber die Sanktionen selbst bringen nicht viel. Solange man China nicht vollkommen sanktioniert, bringt diese nichts. Und China wird man nicht sanktionieren, denn diese Beteiligen sich nicht direkt am iranischen Einflussgewinn, auch indirekt eher nicht, denn man möchte auch Saudi-Arabien und Co. nicht verärgern.



      Wenn Trump gewählt wird, dann wird es wohl so oder so einen militärischen Konflikt zwischen dem Iran und der USA + Israel geben. Sollte Israel auch nur diese leiseste Gewissheit haben, dass der Iran kurz vor der Fertigstellung einer Atombombe steht, dann gibt es auch ohne Trump dort unten mehr als nur einen kleinen Krieg.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Putzigerweise kamen 17 der 19 Terroristen von 9/11 nicht etwa aus dem Iran, sondern aus dem Land wo unsere "Freunde" rund um den netten Herrn Bin Salman regieren.



      Und der Iran wird längst massiv sanktioniert. S massiv, dass viele Medikamente dort nicht zu bekommen sind. Nur hilft das - und das sollte man wissen - gegenüber autoritären Regimen exakt NULL.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Wunschvorstellungen. Das antiwestliche (de facto) Bündnis um Iran, Russland und China ist in der Region stark genug um dem Westen zu trotzen. Sanktionen wären wirkungslos...

    • @Gnutellabrot Merz:

      Nur das Sanktionen meist nie die Führung trifft, sondern immer als allererstes die Gesellschaft, die man ja eigentlich unterstützen will.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Sind weitere Sanktionen gegen den Iran sinnvoll? Der Westen hat diese Strategie bereits genutzt. Der nächste Schritt wäre ein militärisches Eingreifen, wie es Israel seit 20 Jahren fordert. Ich hoffe, dass ein solcher Schritt nicht unternommen wird, denn das könnte die Welt in Brand setzen.

    • @Gnutellabrot Merz:

      7 der 11 deutschen Fregatten sind voll luftabwehrfähig. Aber man schickt im Oktober eine der vier nur im Nahbereich von 10-15 km luftabwehrfähigen neuen Fregatten ins Mittelmeer, in die Nähe eines Kriegsgebietes. Ziemlich dumm.

  • Es mag eine kühne Idee sein, aber man könnte auch versuchen, den Krieg in Gaza zu beenden, statt ihn auch auf den Jemen ausweiten (der wahrlich genug geschunden ist). Mich lässt diese scheinbar modische Mischung aus Komplexitätsreduktion und Bellizismus jedenfalls einigermaßen ratlos zurück.

    • @O.F.:

      Ich nehme an, Sie hätten auch eine Idee wie der Krieg in Gaza zu beenden wäre? Wobei ich unter Beendigung verstehe, dass Terrorattacken und Raketenangriffe der Hamas aufhören und die Hamas auch darauf verzichtet Israel vernichten zu wollen. Diese Klarstellung muss leider sein, weil viele ach so superkomplex und pazifistisch denkende Menschen unter Beendigung eines Krieges all zu gerne verstehen, dass der Angegriffene die Aggression des Angreifers einfach wehrlos hinnimmt; sei es Israel oder auch die Ukraine. Da kann man sich dann selbst gut fühlen und auf die Schulter klopfen; bezahlen für dieses wohlige Gefühl müssen schließlich die Angegriffenen . Ich verbleibe sehr gespannt in Erwartung Ihrer Antwort.

    • @O.F.:

      Tatsächlich wird ein Vorgehen gegen die Huthi-Rebellen eher dem Frieden dienen als weiteres Hinnehmen derartiger Eskalationen.

      Wenn niemand mehr Konsequenzen für irgendwas zu fürchten hat tropft erst recht irgendwann Blut von der Decke.

    • @O.F.:

      Das "Spielchen" zwischen Israel und den Palästinensern läuft seit Jahrzehnten. Und daran haben sich schon viele kluge Leute die Zähne ausgebissen. Was lässt Sie annehmen, dass es eine Lösung für den Konflikt gibt?

    • @O.F.:

      "aber man könnte auch versuchen, den Krieg in Gaza zu beenden, statt ihn auch auf den Jemen ausweiten"



      Wer weitet denn aus? Es waren die Huthis, vermutlich "gestützt" durch den Iran, die der Auffassung waren, sich mit militärisch völlig untauglichen, für unbeteiligte Zivilisten aber brandgefährlichen Mitteln am Gazakrieg beteiligen zu müssen.

    • @O.F.:

      Dauerhaft beenden kann man den Krieg nur wenn die Hamas weg ist. Die hat ideologisch und strukturell kein Interesse an Frieden. Darüber hinaus sind die Houthis Antisemiten die werden keine Ruhe geben.



      Was bringt jetzt ein Waffenstillstand, wenn es in ein paar Jahren wieder Krieg gibt. Den Krieg muss man nicht groß auf den Yemen ausweiten, gezielte Schläge gegen die Infrastruktur die die Houthis finanziert und deren Interesse daran friedlich zu sein steigt rapide. Ich finde auch ihre einseitige Verantwortungs Zuweisung problematisch: Die Houthis weiten den Krieg auf den Yemen aus, niemand sonst.

    • @O.F.:

      Mich lässt eher die infantile/vulgärpazifistische Einstellung vieler Menschen zurück die mit lügenden, tricksenden und jede Verhandlung zur Aufrüstungs- und Verschnaufpause nutzen gemeinsame Sache machen wollen.