piwik no script img

Gesetz für Anpassung an den KlimawandelDeutschland fit für Extremwetter

Der Bund will Länder und Kommunen zu mehr Vorsorge für den Klimawandel verpflichten. Das Ziel: Schäden abmildern. Das Problem: Noch fehlt Geld.

Vorbereitung auf Extremwetter tut Not: Überflutung im Berliner Tiergarten 2019 Foto: Karsten Thielker

Berlin taz | Ob durch dürreresistente Bäume und Büsche, begrünte Fassaden und Dächer, Regeln für die Wasserentnahme, mehr Brunnen oder mehr Schatten: Damit Städte, Landkreise und Gemeinden ihr Handeln mit solchen Maßnahmen an die Folgen des Klimawandels anpassen, hat das Bundeskabinett am Donnerstag den Entwurf für ein bundesweites Klimaanpassungsgesetz beschlossen.

Laut Studien könnten sich die Schäden durch die Erderhitzung je nach deren Ausmaß allein für Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 900 Milliarden Euro summieren. Heute gebe es bereits enorme Auswirkungen durch den Klimawandel, sagte Umweltministerin Steffi Lemke. Vor genau zwei Jahren, in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021, starben über 180 Menschen bei den Überschwemmungen im Ahrtal. „Hitze und Dürre, Starkregen und Hochwasser – Wetterextreme werden in Zukunft häufiger und zwingen uns zur Vorsorge und Anpassung an die Folgen der Klimakrise“, betonte die Grünen-Politikerin. Deshalb brauche es einen verbindlichen Rahmen, der die Klimavorsorge von Bund, Länder und Kommunen abstimmt. Ziel: Klimaschäden vor Ort abmildern.

Das Gesetz soll Länder und Kommunen verpflichten, lokale Risikoanalysen und Anpassungspläne zu erstellen und umzusetzen. Der Bund verpflichtet sich außerdem, eine Vorsorgestrategie mit messbaren Zielen bis Ende 2024 zu beschließen. Zudem ist vorgesehen, regelmäßig Schadensdaten nach Wetterextremen zu erheben. Auch die Ausgaben des Bunds für die Klimaanpassung sollen analysiert werden.

Beim Geld liegt der Knackpunkt. Lemkes Gesetzentwurf kassierte zwar insgesamt Lob von vielen Seiten. Gleichzeitig hieß es, Ländern und Kommunen müsse bei der Vorsorge für den Klimawandel finanziell unter die Arme gegriffen werden. Die Anpassung an die Erderhitzung sei eine „Mammutaufgabe für Jahrzehnte“, kommentierte etwa der Deutsche Städtetag und forderte mehr Mittel.

„55 Milliarden Euro und 16.200 Stellen“

„Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16.200 Stellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Derzeit sei es „unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen“. Und auch inhaltlich ging der Städtetag Lemkes Pläne an: „Schade ist es, dass das Klimaanpassungsgesetz die Minimierung von Versiegelung nicht konkret in den Blick nimmt“, erklärte Dedy. Es gehe aber „darum, möglichst viele Böden zu erhalten, in denen Wasser versickern kann“.

Um mehr Geld des Bunds – so dass „die kommunale Wasserwirtschaft auf Fördermittel für die Bewältigung dieser Aufgabe zugreifen kann“ – ging es auch dem Verband kommunaler Unternehmen, der bundesweit über 1.500 Stadtwerke vertritt. „Nur so können steigende Entgelte für die Bürgerinnen und Bürger durch die notwendigen zusätzlichen Investitionen abgefedert werden“, hieß es. Landkreistagspräsident Reinhard Sager forderte „eine „Finanzierungszusage der Länder, denn dies darf nicht an den Kommunen hängen bleiben“. Es sei „unbedingt notwendig“, dass die Finanzierung der neuen Klimaaufgabe gewährleistet sei.

Tatsächlich ist noch vage, wer wie für die Anpassung an die Extremwetter zahlen soll. Laut Umweltministerium müssten Bund und Länder eine langfristige Finanzierung noch diskutieren. Lemkes Gesetzentwurf wird nun an Bundestag und Bundesrat übermittelt. Das Gesetz soll 2024 in Kraft treten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Das Geld fehlt nicht. Es liegt nur auf den Konten der oberen Klasse. Ökologie ohne Sozialismus bleibt eine Schimäre.

  • Nur mal so:



    Wegschauen, bei uns ist es noch nicht soweit.....

    Rekord-Monsun fordert in Indien über 100 Tote

    Rekordverdächtige Monsunregen haben in ganz Indien zu Überschwemmungen und mehr als 100 Todesopfern geführt. Mit 88 Toten und mehr als 100 Verletzten ist der nördliche Bundesstaat Himachal Pradesh am stärksten betroffen. Im benachbarten Uttar Pradesh starben zwölf Menschen, vier in Kaschmir und einer in Neu-Delhi. In Indiens Hauptstadt trat zudem der Jamuna-Fluss über die Ufer und überflutete Wohngebiete, Tausende Menschen mussten evakuiert werden. Korea Times

  • Mein Eindruck ist nicht, dass es am Geld fehlt, sondern am Willen, vielleicht gelegentlich auch an Hirn.



    Wenn eine Kommune auf Plätzen, auf Friedhöfen, Pausenhöfen und Spielplätzen die Bäume fällt, müssen sich dann frau und man wundern, dass es dort keine schattigen Plätze mehr gibt?



    Ist es richtig, dass der Steuerzahler anschließend "Beschattungstechnik" finanziert?



    So läuft es gerade vor meiner Haustür, in NRW.



    Und wer diese hirnlosen Aktivitäten befördern möchte, setzt am Besten weiterhin auf das Projekt schwarz grün.



    ( kommunal wünschten sich Herr Schwarz und Frau Grün, nach Ihren Umwrltverbrechen , derzeit einen Klimamanager, der wäscht einfach Alles viel, viel grüner!)

    • @Philippo1000:

      Klar. Für die Rüstungsindustrie ist immer genug da, für die Banken und den Rest der Großkotzerne auch.

      Jetzt wird's allerdings richtig teuer. Denn die fürchterlichen "Linksterroristen" (also die Klimaaktivisten) hatten und haben natürlich Recht: kein Klimaschutz ist deutlich teurer als Klimaschutz. Und weil wir da partout nichts tun wollten (und damit meine ich ausdrücklich nicht nur die Politik, sondern jeden Einzelnen), wird es jetzt halt richtig teuer.

  • Wie wär’s mal mit ein paar hundert Milliarden aus dem Militärhaushalt?

    Fit ist Deutschland doch in kleinster Weise. Da lachen ja die Hühner!

  • Deutschland fit für Extremwetter - Das Problem Noch fehlt Geld!



    So ein unlogischer Satz



    aber dann kanns ja weitergehen mit rasen, fliegen und kaufen, und dem Kapitalismus der Plünderung. Denn



    Deutschland ist fit für Extremwetter!

    • @Land of plenty:

      Dem kann ich nur zustimmen. "Die kleinen grünen Scheinchen hatten kein Problem (D.Adams). Geld wurde erst einfach gedruckt, heute durch aufschreiben als Giralgeld erschaffen. Es geht allerdings eher darum sinnvoll und umwelterhaltend zu arbeiten. Da ist die Finanzierung von Machtphantasien Superreicher über Casinostrukturen, in die auch noch die wesentlichen Ressourcen fliessen natürlich desaströs. Dann kann man ja schön weiter umverteilen, in die einzig mögliche Richtung, von unten nach oben.

      • @Dodoist:

        Genau. Nur dass durch Waldrodungen für sinnlose Pelletheizungen und die üblichen Waldbrände inzwischen auch die Währung unserer blitzgescheiten Vorfahren aus Douglas Adams' Buch (die Besatzung der B-Arche von Golgfrincham) knapp wird: die Blätter.

  • für die "zeitenwende" war auf einen schlag viel geld da.



    für die absehbar notwendige klimaanpassung wird noch verzweifelt gesucht.



    merkscht was, teutscher Michel, teutsche micheline?

  • Wir haben neues Gesetz und schon ist das Problem gelöst!

    Das ist Deutschland, ein Papiertiger.



    Da stimmt nichts, von der Sprache, über die Zuständigkeit, bis zur Finanzierung.

    Um einen kleinen, wenn gleich relevanten Punkt aufzugreifen.



    Wie sieht es aus mit der Finanzierung von THW und Feuerwehr, das ist ein Dienst der in sehr vielen Gemeinden von Freiwilligen geleistet wird, wie sieht es da aus mit Ausstattung und Zeitausgleich, wie sieht es für die Arbeitgeber aus?



    Aber das ist ja nicht wichtig, wir haben ja ein Gesetz.