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Wortwahl in der KlimakatastropheSprache als Klimakiller

2-Grad-Ziel, Umwelt, CO2-Äquivalente, Kompensation: Viele Klimabegriffe sind verharmlosend oder sachlich falsch. Ein Plädoyer für klügere Sprache.

Zu langsam, zu ineffektiv, ein wenig ist auch die Klimawissenschaft verantwortlich – aufgrund ihrer Sprache Foto: Zoonar/imago

Zu langsam, zu ineffektiv, zu häufig wirkungslos – die Pariser Klimaziele von „deutlich weniger als im Schnitt 2 Grad plus“ werden von keinem Land der Welt erreicht. So beurteilt die globale Klimabewegung die Maßnahmen der nationalen Regierungen rund um den Globus. Die fossile Lobby ist viel zu stark, die Regierungen sind zu sehr mit ihr verbandelt oder trauen sich zu wenig. Aber ein wenig ist auch die Klimawissenschaft verantwortlich – aufgrund ihrer Sprache.

Es fing bereits an mit dem Begriff „Klimawandel“. US-Wissenschaftler der 1970er und 1980er nannten das Phänomen immerhin noch „Treibhauseffekt“. Treibhäuser sind heiß, das begreifen Menschen intuitiv. Aber „Klimawandel“? Ach, irgendwas ändert sich doch immer. Und Wandel klingt nach Lustwandeln, nach Spaziergang in lauschigen Wandelhallen.

Dann, einige Zeit später, das „2-Grad-Ziel“. Gefühlt sind zwei Grad Unterschied nicht der Rede wert: Schon allein der Wärmeunterschied zwischen Tag und Nacht ist größer. Abermillionen von Menschen haben die dramatischen Konsequenzen von „plus 2 Grad“ nie verstanden. Das Rechnen mit globalen Mittelwerten, die auch Ozeane, sprich 70 Prozent der Erdoberfläche, miteinschließen, verschleiert das Wesentliche der Klimakatastrophe: Extremwetter und Landzerstörungen. Also Hitzewellen, Dürren, Wüstenbildung, Überflutungen, Meeresanstieg, Unberechenbarkeit von Jahreszeiten und Ernten, Unsicherheit von Leben überhaupt. Wäre als Kernbotschaft vermittelt worden, dass lokal viele höhere Temperaturen entstehen und somit Welternährung und Lebenssicherheit auf der Kippe stehen, wäre die Wirkung weit größer gewesen.

Sodann der Begriff „negative Emissionen“. „Negativ“ ist ein negativ besetztes Wort, „Emissionen“ auch. „Negative Emissionen“ müssen also etwas besonders Schreckliches sein. Was, es geht um Treibhausgas-Speicherung? Warum nennt man das dann nicht so? Der Begriff „Umwelt“ wiederum ist nicht den Klimawissenschaften anzulasten, weil schon älter, aber ebenfalls verhängnisvoll. Alles, was lebendige Natur ist, pulsierendes Leben, quirlige Artenvielfalt, wird in ein menschenzentriertes Wort gequetscht. Um-Welt, das ist die Welt um den Menschen herum, seine Bedürfnisse und Interessen.

Mitwelt statt Umwelt

De facto eine Un-Welt, weil der Begriff leugnet, dass Menschen ohne Natur nicht existieren können. Um-Welt, das ist die fatale Fortsetzung des Bibelspruchs: „Macht euch die Erde untertan!“ Der Spruch wurde über Jahrhunderte benutzt, und bis heute gelten Tiere, Pflanzen und Ökosysteme juristisch als Dinge. Eine verdinglichte „Umwelt“ ist viel leichter zu erobern, auszubeuten und zu zerstören als das lebendige Subjekt einer „Mitwelt“ mit ihren nichtmenschlichen Mitgeschöpfen, die ihren Eigenwert in sich selbst trägt.

„CO2-Äquivalente“ ist ein weiterer Problembegriff. Er suggeriert, dass man alle Treibhausgase mit CO2 gleichsetzen und verrechnen könne. Dabei haben Lachgas, Methan und Stickoxide völlig unterschiedliche biologische Kurz- und Langzeitwirkungen. Auch Wasserdampf ist ein Treib­hausgas. Die Erfindung der „CO2-Äquivalente“ dient dazu, Computersimulationen für die Wirkung von Klimamaßnahmen zu erstellen. Sie führt aber auch dazu, dass Autos, Kühe und Reisfelder als CO2-Emissionsquellen mit Mooren oder Wäldern als CO2-Emissionssenken verrechnet werden – obwohl Verbrennermaschinen eine völlig andere Wirkung haben als Kühe. Die wegen ihres Methan-Rülpsens als „Klimakiller“ geschmähten Rinder etwa können mittels nachhaltiger Weidesysteme jede Menge CO2 auf Weiden speichern helfen.

Qualitative Unterschiede

Mit anderen Worten: Über die rein quantitative Verrechnung mittels „CO2-Äquivalenten“ gehen entscheidende qualitative Unterschiede verloren. Das wirkt sich zugunsten von großtechnischen Vorschlägen und Scheinlösungen aus und zulasten von natürlichen Klimalösungen. Inzwischen ist überall zu lesen, dass „wir“ nicht mehr umhinkommen, in Form der CCS-, DACCS- oder BECCS-Technik CO2 abzuscheiden und unterirdisch zu lagern. Auch der grüne Vizekanzler Robert Habeck redet so daher.

Dieses CO2-fixierte Denken suggeriert zudem, dass man entstandene Schäden mit Geld „kompensieren“ könnte – etwa indem man beim Kauf von Flugtickets gegen einen Aufpreis kleine Solarprojekte fördert. Deren lokale Wirkung kann aber die weit über den CO2-Ausstoß hinausreichende Negativwirkung von Kondensstreifen in der Atmosphäre niemals reparieren und wiedergutmachen. Dennoch sind dadurch alle verführt zu glauben, dass sie munter weiter Treibhausgase ausstoßen dürfen, solange es scheinbar möglich ist, andernorts CO2 einzusparen. Auch die gigantischen Naturzerstörungen, die etwa durch den Lithiumabbau für Elektromotoren entstehen, werden so unsichtbar gemacht. Viele glauben deshalb, es reiche, ein E-Auto und ein paar Solarpanels zu kaufen, um die Klimakrise zu stoppen.

Naturbasierte Lösungen wirksamer

Dabei sind naturbasierte Klimalösungen mit ihren positiven Nebeneffekten weit wirksamer als technische. Wenn wir die Natur ungestört für sich wirtschaften lassen, gewinnen auch wir Menschen – etwa an Erholungsorten und gesunder Ernährung. Moorschutz, Aufforstungen, Humusaufbau, Pflanzenkohle, regenerative Landwirtschaft, Küsten-, Watten-, Seegras- und Mangrovenschutz, renaturierte Flussläufe, wiederergrünte Schwammstädte – all das hat ein ungeheures, bis heute nicht ansatzweise gehobenes Klimapotenzial.

Ich persönlich möchte nicht in einer Techno-Welt voller Maschinen zur CO2-Abscheidung und E-Autos leben. Sondern in einer Welt der Naturfülle mit renaturierten Wäldern, Stadtparks und Mooren, mit Lebensräumen für unsere wilden Mitgeschöpfe. Renaturierungen sind schön, und wir sollten ihre Schönheit mit einer Sprache beschreiben, die die Natur in ihrer ganzen Lebendigkeit feiert.

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30 Kommentare

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  • Keine weiteren Toten - keine Hitzetoten, keine Fluttoten, keine Hungertoten, Sturmtoten mehr.



    Die hinreichende Bedingung sollte die weltweite Forderung sein.



    Die Rede von einem "1,5°C -Ziel" vermittelt sich nicht.



    Genau wie Frau Scheub schreibt: was in dieser Phase bei Erreichen einer solchen Weltjahresdurchschnitts-Temperatur lokal, regional geschieht bleibt ungenannt.



    Ein typischer Governance-Begriff wie andere Kennzahlen.



    Genau, "klimaneutral" ist auch ein irreführender Begriff.



    Solange die Bundesrepublik, Mitteleuropa seine CO2-Ausstoßwerte an ausstoßarme Länder verkaufen kann...



    Die genannten Flugticket-Accessoirs sind eben reine Marktwirtschaft.



    Und die ist das Problem: zu viele Waren im Westen, zu wenig Menschenrechte in der Welt.

    Ganz wichtig nun eine Fortsetzung des Themas zu finden bei den Begriffen "Ökodiktatur", "Verzicht", "Verbot", "Autofahren = frei sein"



    vgl. Philipp Lepenies, Verbot und Verzicht: Politik aus dem Geiste des Unterlassens, Berlin: Suhrkamp

    • @Land of plenty:

      Autofahren ist Freiheit. Die große Wohnung habe ich mir verdient. Wehe dem, der versucht, mir das zu nehmen.

  • Vielen Dank für dieses wichtige Plädoyer!

    Es geht auch nicht um Verzicht, wie immer wieder geschrieben wird, sondern es geht um ein enkel-freundliches Leben. Wenn wir uns von dem Konsumwahn befreien, der nur dem privaten Profit dient, und produzierte Güter und Dienste zur Nutzung gerecht verteilen, kann das gute Leben für Alle beginnen.

  • Es wird doch schon seit Jahren eine aufgeladene Sprache verwendet. Wer entscheidet denn ob der Klimawandel eine Katastrophe ist?



    Einfach mal bei Wikipedia eine historische Klimatabelle der Erdgeschichte anschauen und feststellen das wird zwar aktuell einen sehr schnellen Mensch gemachten Temperaturanstieg erleben, es aber bis zu Beginn der Eiszeiten also vor erdgeschichtlich relativ kurzer Zeit sehr viel wärmer war als heute. Über 95% der Zeit die es Leben auf der Erde gibt war es fünf bis 15 Grad wärmer als aktuell. Und jetzt setzen wir das mal in Relation zu dem propagierten Weltuntergang.



    Die Erwärmung stellt uns vor einige Probleme, aber sie bietet auch Vorteile. Wie viel von der Getreideernte die heute in der Ukraine wie wir gerade gelernt haben zur Welternährung erforderlich ist hätte es denn mit dem Klima vor 200 Jahren in der Ukraine gegeben?



    Ich sage nicht dass der Mensch gemachte Klimawandel insgesamt von Vorteil sei aber nur die Nachteile zu thematisieren und den Weltuntergang an die Wand zu malen ist Kindergartenniveau!



    Ich bin ein 54-jähriger MINT-Nerd, der seit seinem zwölften Lebensjahr nichts anderes als Spektrum der Wissenschaft, Geo etc liest.



    Das Panik machen und Verschwörungsschwurbeln der Klimaaktivisten wäre vom soziologischen Standpunkt her unterhaltsam wenn das Thema nicht den Alltag von uns allen so sehr dominieren und verändern würde.

    • @Jochen D.:

      Soweit in Ordnung, das mit der Klimatabelle. Allerdings halte ich Fragen nach einem "typischen" oder "richtigen" Weltklima für total nachrangig. Es geht um Ökosysteme, es geht um Nahrungsquellen.

      Flut und Entwaldung mögen auf einer geologischen Zeitskala völlig normal sein - in einem solchen Zeitalter zu leben, ist aber mindestens unangenehm.

      Dass das Genre der postapokalyptischen Geschichten so genannt wird, setzt keinen wörtlichen Weltuntergang voraus.

      Menschen in Bangladesch, Texas oder im Ahrtal wird es wenig trösten, dass das Ökosystem der Erde auf der allerhöchsten Ebene irgendwie weiterbestehen wird, egal was passiert.

      Den Vorwurf des "Verschwörungsgeschwurbels" trifft viele, angesichts der Prominenz von Anthroposophie, New Age und neurechtem Denken inmitten der historischen Umweltbewegungen.

      Allerdings sind Korruption und Täuschung an der Tagesordnung, wenn es um "Um"weltverschmutzung geht.

      Von der Rainbow Warrior habe ich in der GEO gelesen, als ich - nebenbei gemerkt - noch lange keine zwölf Jahre alt war.

      Das Wort "Verschwörung" ist problematisch und lenkt meistens vom Inhalt ab. Aber ehrlich und vertretbar finde ich es nicht, wenn z. B. Exxon Mobil eine Sache in Studien in Erfahrung bringt und dann - über Jahrzehnte und mit Abermilliarden Dollar - der Öffentlichkeit aufs Hartnäckigste das Gegenteil erzählt.



      (ein Sachverhalt, der gerade vor einem Monat erneut im SPIEGEL aufgearbeitet wurde).

    • @Jochen D.:

      Semantisch betrachtet ist das Wort "Weltuntergang" nicht richtig - da haben Sie recht.

      Es sei denn, eine Äthiopierin oder ein Bangladeshi benutzen es im übertragenen Wortsinn.

      Hunger durch Dürre und Überschwemmung sollte in unserer "Welt" nicht vorkommen dürfen.

  • "Natur" gibt es nicht, genauso wenig wie "Gesellschaft", "Wirtschaft" oder "Kultur". Das sind Begriffe die statische Einheitlichkeit suggerieren, obwohl das so Beschriebene durch evolutionäre Konkurrenz einzelner Akteure geformt wird. Ich vermute, dass hier ein populäres Missverständnis besteht

  • "Die fossile Lobby ist viel zu stark, die Regierungen sind zu sehr mit ihr verbandelt oder trauen sich zu wenig."

    Was sollen sich die Regierungen trauen?

    Daß Habeck bundesweit die Abstände für Windkraftanlagen kippt und die Genehmigungsprozesse auf ein halbes Jahr herunter gedrückt werden? - Bin ich dabei!

    Das Bremen (my town) oder Berlin in zwei Jahren alle öffentlichen Gebäude mit Photovoltaik zupflastert ? - Bin ich dabei!

    Das Hamburg die Investitionen in den ÖPNV verdoppelt ? - Bin ich dabei !

    Das Wohnungen gedämmt werden ? - Bin ich dabei !

    Viel weniger Fleisch essen, Rad nutzen usw. ? - Bin ich dabei !

    Wie aber steht die "fossile Lobby" dem im Weg?

    Der Begriff "fossile Lobby" ist auch so ein Sprachkiller, der die enormen Wiederstände gegen Maßnahmen gegen den Klimawandel bei nahezu jedem Bundesbürgi verdeckt.

  • Auch Wissenschaftler sind nur Menschen mit dem eingebauten Hang zum Optimissmus. Wer möchte denn nicht glauben, daß es schon irgendwie gut geht und die Wissenschaft, genial wie sie ist, eine technische Lösung findet, mit der wir weiter leben können, wie bisher - nur noch länger und besser. Möchte ich ja auch! So unwahrscheinlich das auch sein mag.

    • @Matt Gekachelt:

      Was ist denn Ihre Alternative zu einer technischen Lösung? Sparen, Verzicht, so wie in der Corona-Zeit? Damit drosseln Sie das CO2 um max. 20 Prozent, verzögern den Klimawandel um 2 Wochen, haben immer mehr Leute gegen sich und müssen zu Gewalt greifen. Verzicht hilft hier nichts.

      Der Verzichtgedanke ist fossil: "Der Verbrenner verbraucht bei 100 weniger". Die richtige Antwort muss lauten: "Das E-Auto ist bei 150 klimaneutral".

  • "Ich persönlich möchte nicht in einer Techno-Welt voller Maschinen zur CO2-Abscheidung und E-Autos leben. Sondern in einer Welt der Naturfülle mit renaturierten Wäldern, Stadtparks und Mooren, mit Lebensräumen für unsere wilden Mitgeschöpfe."

    Tut mir leid. Da sind Sie leider einige Jahrhunderte bzw. einige Milliarden Menschen zu spät auf die Welt gekommen. Technische Lösungen sind die realistischsten. "Natürliche Lösungen" klappen vielleicht bei 500 Millionen Menschen in einer rein agrarischen Gesellschaft.

    Mir ist das auch ein bischen zu esoterisch. Die "Natur" hat keinen Willen und strebt nicht einem "guten" Gleichgewichtszustand zu. Dazu hat die Erde bereits zuviele (nicht-menschengemachte) Katastrophen erlebt. Dem Planeten Erde ist es egal ob er nur aus Wüste oder aus Gletschern besteht.

    • @Chris McZott:

      Technische Lösungen kommen nicht rechtzeitig, weil der politische Wille fehlt.

      Entscheidend wird sein, ob die Menschen in ihrem Verhalten etwas ändern.

  • taz: "Die fossile Lobby ist viel zu stark, die Regierungen sind zu sehr mit ihr verbandelt oder trauen sich zu wenig." – Vor einiger Zeit hat der 'Guardian' aufgedeckt, dass Energiekonzerne weltweit Milliarden US-Dollar in neue Projekte fließen lassen, mit denen sie die Erderwärmung weiter beschleunigen. Die Politik müsste hier endlich mal eingreifen, aber die Politik ist anscheinend nicht daran interessiert etwas zu verändern. Solange Politiker - und das weltweit - den Verursachern des Klimawandels den roten Teppich ausrollen und der Bürger weiterhin der Meinung ist, dass das Lebensglück im Konsumieren unnötiger Waren zu suchen ist, solange wird sich auch nichts ändern.

    taz: "Dieses CO2-fixierte Denken suggeriert zudem, dass man entstandene Schäden mit Geld „kompensieren“ könnte - etwa indem man beim Kauf von Flugtickets gegen einen Aufpreis kleine Solarprojekte fördert." – Spätestens wenn sich 100 Millionen Afrikaner auf den Weg nach Europa machen, weil ihre Süßwasserquellen versiegt sind, werden die Industrieländer - die den Klimawandel zu verantworten haben - merken, dass man mit einem "Ablasshandel" den Klimawandel nicht aufhalten kann.

    • @Ricky-13:

      Ich stimme vor allem dem zweiten Teil Ihres Postings zu. Was das erste betrifft: Was sind "unnötige" Waren? Betrachten Sie mal das Wort "un-nötig": Das sind Waren fern von der Not. Es sind Waren zum Leben, nicht nur zum Überleben bzw. vegetieren. Un-Not ist das, was das Leben lebenswert macht.

      • @Gorres:

        "Un-Not ist das, was das Leben lebenswert macht."

        Das mag sein, dass das Leben dadurch etwas "lebenswerter" wird, aber man kann es natürlich auch übertreiben. Diese ganzen Wegwerfartikel, die nur die Umwelt belasten, sollte man nicht kaufen. Und wenn Sie sich einmal anschauen, was täglich in den Recyclinghöfen weggeworfen wird, dann ist das keine Un-Not, sondern eine umweltzerstörende Idiotie. Und recycelt wird von den fast neuen Sachen (Polstergarnituren, etc.), die man da wegwirft, kaum etwas, höchstens verbrannt oder in andere Länder verschifft, wo es dann auf deren Müllberge landet. Der Bürger aus den reichen Industrieländern soll bis zum Erbrechen konsumieren, denn sonst funktioniert nämlich das klimazerstörende Wirtschaftswachstum nicht. Das Krebsgeschwür der Welt heißt Wirtschaftswachstum, und die Auswirkungen sind Umweltverschmutzungen und ein Klimawandel der von Jahr zu Jahr immer mächtiger und brutaler wird.

      • @Gorres:

        Unnötig sind Wegwerfklamotten, Wegwerf-E-Zigaretten, diverser Elektronikschrott (auch der, der in Autos verbaut wird), Wegwerfwindeln etc., also alles, was weder lange nutzbar ist oder dessen Verwendungszweck fragwürdig ist. Ich glaube kaum, daß man so etwas als lebenswerten Vorteil wahrnimmt, es sei denn, man bildet es sich ein, ist gehirngewaschen oder total gedankenlos.

        • @Wurstfinger Joe:

          Da stimme ich Ihnen zu. Ich trage meine Jeans und Hemden, bis meine Frau mich wiederholt ermahnt, das fadenscheinige Ding wegzuwerfen. Rauchn tue ich gar nicht und höre meine Musik auf Vintage HiFi. Meine letzten zwei Handies hielten 6 bzw 7 Jahre, bis die Hersteller die Updates versagten. Und mein Auto fahre ich selten, daher hält es lang, und wird eher verboten als verschlissen.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Sprache ist halt auch wie es ankommt oder ankommen gelassen wird.

  • Es geht doch um sehr persönliche Empfindungen.



    Wieso klingt "wandel" nach Lustwandeln?



    Wieso ist "2-Grad Ziel" schlecht? Wissenschaft benötigt eine klare Sprache und nicht Schlagwörter von Extremwetter, Zerstörungen etc. Wenn die ein Jahr ausbleiben, würde gleich alles in Frage gestellt, während das Grad-Ziel bleibt.



    Und eigentlich weiss auch jede/r, dass 2 Grad den Unterschied machen können - siehe Diskussion um Raumtemperatur von 22 auf 20 Grad in diesem Winter.



    Gerade auch "CO2 Äquivalente" ist ein wichtiger, präziser Begriff.

    "..und Mooren, mit Lebensräumen für unsere wilden Mitgeschöpfe. "



    .... ist ganz nett, bis die Wilden einen stechen, aussaugen und Krankheiten übertragen....

    • @fly:

      Das Problem mit dem 2-Grad-Ziel war, dass viele dachten, naja, dann ist es im Sommer halt 34 statt 32 Grad und im Winter -8 statt -10 Grad. So what.

      Allenfalls die Eisschmelze und die Verschiebung des Habitats wurden so als Probleme gesehen.

      Wer Wasser kocht, der merkt aber, dass mit zunehmender Wärme das Wasser auch anfängt zu blubbern. Dieses Blubbern ist das Problem - es steckt mehr Energie im System, und die drückt sich nicht nur in Erwärmung (=Mikro-Bewegungen der Moleküle) aus, sondern eben auch in Makro-Bewegungen wie Stürmen und Andersverteilung des Wassers.

  • STREICHEN sollten die Segel zuallererst mal die Politschlagworte *ökologisch* und *grün*. Inhalt: präzise Null.



    ÖKOLOGIE is ne Wissenschaft, der ne Erkenntnis vorausgeht: die neemlich, dass alles im System Leben zusammenhängt mit so ziemlich allem im System Universum. Taugt als Mahnung zu großer Bescheidenheit, was die Sicht auf eigene Erkenntnismöglichkeiten angeht und zu noch größerer, was angeht das Rumfuhrwerken anthroposeits in diesen Systemen. Ist an sich aber nur Grundlage für, nicht Inhalt von politischer Programmatik.



    GRÜN is ne Farbe aus meim Malkasten ...

  • "Klimakiller" in der Überschrift.

    Damit hat sich der Artikel eigentlich sprachlich schon erledigt. Aber es geht noch weiter mit der eher wenig durchdachten linguistisch-semantischen Analyse. Warum soll z. B. "Treibhausgas-Speicherung" weniger positiv aufgenommen werden als "Negativ-Emissionen". Wo doch Solar-Speicher, Batterie-Speicher, Speicherkraftwerke so toll sind.

    Frau Scheub möchte nicht in einer Techno-Welt leben und hat sicher Ihren Artikel mit einer alten Adler getippt und mit dem berittenen Boten an die taz gesendet (Obwohl: Schreib-Maschine geht ja auch nicht !)



    Frau Scheub möchte in einer Natur-Fülle-Idylle leben. Diese Gedankenwelt kann sich nur aufbauen, wer nicht mehr wie die Menschen vor hunderten von Jahren seine Lebensgrundlagen der Natur abkämpfen muss. Natur ist nicht schön.



    Natur ist.



    Die Menschheit als Spezies ist bis auf knallharte Ausnahmen (Inuit, Massai, Pygmäen) gar nicht in der Lage mit der wilden schönen Natur zu leben, sondern muss die Welt um sich herum den eigenen Bedürfnissen anpassen und zwar mit Technik.



    Das ist der grundsätzliche Gedanken- und damit auch Sprachfehler.



    Seien wir endlich so ehrlich zu uns selbst.

  • Spannenderweise, obwohl es hier um ein Sprachproblem geht, ist es (leider) kein rein deutsches Phänomen. Im Englischen hat's ebenfalls "climate change" (irgendwas ändert sich ja immer) und "environment" (die Umgebung, die Umwelt). Wer weiß, was sich noch in anderen Sprachen dazu findet, aber, nun ja, Menschen und ihre Einstellung zur Welt ...

  • "Ich persönlich möchte nicht in einer Techno-Welt voller Maschinen zur CO2-Abscheidung und E-Autos leben. Sondern in einer Welt der Naturfülle mit renaturierten Wäldern, Stadtparks und Mooren, mit Lebensräumen für unsere wilden Mitgeschöpfe."

    Es gibt da kein entweder/oder, beides muss ineinanergreifen.

    Aber ich will nicht meckern. Vielen Dank für den guten und viel Wahrheit enthaltenden Artikel.

    • @Co-Bold:

      "Ich persönlich möchte nicht in einer Techno-Welt voller Maschinen zur CO2-Abscheidung und E-Autos leben. Sondern in einer Welt der Naturfülle mit renaturierten Wäldern, Stadtparks und Mooren, mit Lebensräumen für unsere wilden Mitgeschöpfe."

      Diese Einstellung ist kein Kampf gegen den Klimawandel, sondern gegen die Zivilisation. Das ist ohnehin ein Merkmal der klimaaktivistischen Bewegungen, sie nehmen das Klima als Vorwand für ihre Zivilisationsmüdigkeit. Deswegen muss das Auto nicht emissionsfrei werden, sondern weg. Deswegen will man das Reisen nicht klimaneutral machen, sondern die Wege kurz. Jetzt müsste nur noch die Forderung kommen, das Alte-Weiße-Männer-Wetten-Dass durch ein echtes Lagerfeuer zu ersetzen. Wir alle sitzen drumherum und Robert Habeck spielt die Gitarre.

      Die Sehnsucht des Zivilisierten nach der Natur wird dann aufhören, wenn ihn die erste Schlange gebissen hat.

      • @Gorres:

        Sie sollten vielleicht noch einmal darüber nachdenken, wie Sie Zivilisation definieren. Ich befürchte, bei Ihrem Verständnis von Zivilisation bleiben als Konsequenz nur ein paar Typen im Baströckchen übrig, die sich um die kläglichen Reste prügeln. 😁



        Scherz beiseite, es gibt in der Geschichte einige Beispiele, wo Hochkulturen an ihrem übermäßigem Resourcenverbrauch gescheitert sind, allerdings war das aufgrund der zur Verfügung stehenden Mittel immer lokal begrenzt. Jetzt findet das ganze global statt, weil man endlich die Technologie dazu hat. Was ist daran zivilisiert?



        Übrigens, da Sie Ängste haben, gebissen, gestochen oder auch gefressen zu werden, meiden sie Australien, da ist nahezu jedes Tier und jede Pflanze dazu geschaffen worden, einen Menschen umzubringen.

  • 6G
    658526 (Profil gelöscht)

    sprache ist macht

    und danke

  • 1G
    14397 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank Frau Scheub, sie sprechen mir sowas von aus dem Herzen!!! Das Klimafieber erkennt man offensichtlich nur, wenn man nicht ständig seine Ängste und Befürchtungen mit der Autoklimaanlage herunter kühlt. In einem Land, wo Natur behördlicherseits als Straßenbegleitgrün diffamiert wird ...

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Liebe Frau Scheub,



    was für ein wohltuender Artikel! Klartext und Verbundenheit in einer Sprache. Herzlichen Dank.



    Zu Ihrer Bezugnahme auf „Macht euch die Erde untertan!“ eine Anmerkung.



    Woher kommt , wer spricht so, wer legt diesen Text so aus, dass "Um-Welt" die Fortsetzung dieser Verheißung sei?



    Ich lese das so: "Erkennt die Erde als Fundament Eures menschlichen Daseins." Was spräche gegen diese Auffassung?

    • @31841 (Profil gelöscht):

      Ja, so ist es: Jeder interpretiert "Gottes Wort", hier die Bibel, wie er es gelernt hat oder wie ihm gerade passt. Nur: Gibt es Gott wirklich? Stimmen die Übersetzungen? Haben die Schreiber Gott richtig verstanden?