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Cannabis-Legalisierung in DeutschlandDie Koalition zieht was durch

Cannabis soll in Deutschland legalisiert werden, sofern die EU zustimmt. Apo­the­ke­r kritisieren den Vorstoß, anderen geht er nicht weit genug.

Ob das klappt? In Deutschland konsumiertes Cannabis soll dann auch in Deutschland angebaut werden Foto: Fabian Sommer/dpa

Kein Lifestyle, aber ein ehrgeiziges Projekt. So lässt sich der Vorstoß der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis zum Konsum für Erwachsene zusammenfassen. Am Mittwoch stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Eckpunkte für das von der Ampelkoalition angekündigte Projekt vor. Es ist die Vision eines legalen, staatlich regulierten, lizensierten und kontrollierten Markts vom Anbau über den Vertrieb bis zum Verkauf an die End­ver­brau­cher:in­nen.

Künftig sollen in Deutschland Erwachsene Cannabis kaufen, besitzen und konsumieren dürfen. Kommt ein entsprechendes Gesetz, fällt Cannabis vollständig aus dem Betäubungsmittelgesetz heraus. Straffrei gestellt werden soll der Kauf und Besitz von 20 bis 30 Gramm Cannabis bei Erwachsenen. Geprüft wird, ob es für unter 21-Jährige eine Obergrenze für den THC-Gehalt geben soll.

Nicht nur Umsatzsteuer soll erhoben werden, sondern auch eine zusätzliche Cannabissteuer – deren Erträge in Aufklärungs- und Präventionsarbeit fließen können. Dabei soll der Endpreis aber auf keinen Fall höher als der Schwarzmarktpreis liegen. Rauchcannabis, Kapseln oder Sprays werden legal. Ob auch sogenannte Edibles von Plätzchen über Kuchen bis zu Gummibärchen zugelassen werden sollen, werde noch geprüft.

Die Kritik aus den Reihen der Apo­the­ke­r:in­nen wies Lauterbach zurück. Der Apothekerverband Nordrhein hatte seine Ablehnung des Entwurfs angekündigt: Zwar seien Apo­the­ke­r:in­nen aufgrund ihrer fachlichen Expertise bestens geeignet, die notwendigen Qualitätsstandards bei der Abgabe und Beratung zu erfüllen. „Andererseits sind Apothekerinnen und Apotheker Heilberufler“, betonte Verbandschef Thomas Preis.

Lauterbachs Kehrtwende

Besonders kritisch wird demnach eine „mögliche Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern gesehen“. Im Eckpunktepapier ist eine Abgabe durch Apotheken insbesondere deshalb angedacht, weil damit schnell eine ausreichende legale Versorgung etwa im ländlichen Raum hergestellt werden könne.

Noch vor rund einer Woche bestand mächtig Klärungsbedarf zwischen den Ressorts: Innen, Außen, Justiz, Ernährung, Wirtschaft. Die Federführung liegt beim Bundesgesundheitsministerium. Ein abgestimmter Vorschlag zur Legalisierung von Cannabis lag noch nicht vor, dennoch kursierte ein Entwurf, den – zumindest offiziell – niemand durchgestochen haben wollte.

Lauterbach selbst hatte sich bis vor rund eineinhalb Jahren gegen eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Aber: „Es funktioniert so nicht“, sagte der Gesundheitsminister. Rund vier Millionen Menschen konsumieren regelmäßig Cannabis, Tendenz steigend. Scharfe Gesetzgebung hätte nicht zu mehr Kinder- und Jugendschutz geführt, im Gegenteil seien Konsum, THC-Gehalt und gefährliche Beimengungen immer mehr geworden. Deshalb könne man nicht einfach so weitermachen, sondern brauche einen gänzlich anderen Ansatz, so Lauterbach.

Die Eckpunkte gehen nun an die EU-Kommission und sollen dort geprüft werden. Damit will Lauterbach sicherstellen, dass ein deutsches Gesetz den EU-Gesetzen perspektivisch auch standhalten kann. Wenn alles gut laufe, könne im ersten Quartal 2023 ein Gesetzentwurf stehen, ab 2024 könnte Cannabis dann legal sein. Wenn es allerdings eine klare Ablehnung vonseiten der EU-Kommission gebe, sei das Gesetzesvorhaben in dieser Form vom Tisch. Über einen Plan B wolle er noch nicht nachdenken, sagte Lauterbach.

Künftig mit der Feingrammwaage unterwegs?

Der EU-Parlamentarier ­Niklas Nienaß (Grüne) ist skeptisch, dass dieses Vorgehen erfolgreich ist. Er vermutet aufgrund der Vorabprüfung durch die EU-Kommission eine Verzögerungstaktik und „Ausrede, um den Prozess um Jahre zu verlangsamen“. „Denn dieses Vorgehen bietet keinerlei Rechtssicherheit, ist nicht vorgeschrieben und daher auch nicht notwendig“, sagte Nienaß der taz. Malta etwa habe bewiesen, dass die Cannabislegalisierung im Rahmen des europäischen Rechts möglich sei.

Problematisch findet er eine Beschränkung auf die Produktion in Deutschland: Ein Ausschließen europäischer Produzenten sei schlichtweg unvereinbar mit dem europäischen Binnenmarkt. „Hier ist das Risiko einer Klage anderer Mitgliedstaaten vor dem EuGH wesentlich höher.“

Die Bundesregierung argumentiert hier genau umgekehrt: „Nach vorläufiger Einschätzung ist ein internationaler Handel von Cannabis zu Genusszwecken auf Basis bzw. im Einklang mit bestehenden internationalen Rahmenbedingungen nicht möglich“, heißt es im Eckpunktepapier – deshalb müsse der deutsche Bedarf durch Produktion in Deutschland gedeckt werden. Das hält Lauterbach im Übrigen auch für schnell umsetzbar: Es gebe bereits großes Interesse potenzieller Anbieter und Produzenten, sagte er. Anbau unter Glas sei allerdings energieintensiv und müsse mit erneuerbaren Energien stattfinden.

Expert:innen, die noch dem in der vergangenen Woche durchgestochenen Entwurf ex­trem kritisch gegenüberstanden, befürworten das Papier. Hubert Wimber, ehemaliger Polizeipräsident von Münster und Vorsitzender der Organisation Leap (Law Enforcement Against Prohibition) in Deutschland, findet das Papier eine vernünftige Grundlage für ein Gesetzgebungsverfahren. Allerdings hält er sowohl die noch immer diskutierte THC-Obergrenze für unter 21-Jährige als auch die Begrenzung der Abgabe- und Besitzmenge auf 20 bis 30 Gramm für falsch. Ziel müsse es sein, die Strafverfolgungsbehörden künftig aus dem ganzen Thema herauszuhalten – dem widersprächen solche Regelungen, sagte Wimber der taz.

Ähnlich argumentiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Die Festlegung einer Obergrenze zieht ja trotzdem Kon­trol­len nach sich. Das heißt: Wir sind künftig alle mit der ­Feinwaage unterwegs“, warnte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke.

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15 Kommentare

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  • Natürlich wird die EU nein sagen, den sie muss bestehende Gesetze entsprechend auslegen. Da hilft es auch nix, dass sich Malta über entsprechende Konventionen hinwegsetzt. Das Ganze ist nichts anderes als ein Schattenspiel für die Wählerschaft. Das Gesetz wird so nicht kommen.

  • Der Typ und Gehalt des Stoffs laesst sich leicht pruefbar machen, wenn jeweils wenige Gramm/Portion apothekengerecht einzelverschweisst und mit dem Wirkstoff bedruckt werden. Dann Sieht man auf einen Blick, wieviel und was es ist - ohne Feinwaage und Analysegeraet.

  • Mist! , leider " Endlich Nichtraucher"!

  • „Rund vier Millionen Menschen konsumieren regelmäßig Cannabis, Tendenz steigend.“ Tolles Argument für genau was?



    „Scharfe Gesetzgebung hätte nicht zu mehr Kinder- und Jugendschutz geführt, im Gegenteil seien Konsum, THC-Gehalt und gefährliche Beimengungen immer mehr geworden.“ Es ist nicht neu, dass Herr Lauterbach gelegentlich Korrelationen mit Ursachen verwechselt, aber seriöse kontrollierte Studien, die seine Behauptung stützen, gibt es nicht; allenfalls vergleichende Analysen unterschiedlicher Länder, deren Ergebnisse recht kontrovers diskutiert werden. Eindeutig sind die Ergebnisse gewiss nicht.



    „Anbau unter Glas sei allerdings energieintensiv und müsse mit erneuerbaren Energien stattfinden“. Naja, falls der Cannabisanbau in solch Klima-schädlichen Dimensionen stattfinden wird, dann sollte Herr Lauterbach sich allerdings fragen, ob er die Funktion seines Amtes richtig verstanden hat.

    • @Jutta57:

      Für Indoor-Anbau benutzt man lägst energiesparende LED-Lampen. Kiffen ist für die Gesundheit förderlicher als Saufen und ob es verboten ist oder nicht wird nichts an der Anzahl der Konsumenten ändern. Ihre gefährlichen Beimengungen erkennt man am Geschmack, Brennverhalten, Konsistenz oder Wirkung. Habe ich aber in 40 Jahren noch nie gehabt. Macht auch kaum ein Dealer, da sie meistens einen festen Kundenstamm haben den sie nicht verlieren wollen und sich sowas schnell rumsprechen würde. Mann kennt die Leute von denen man kauft und die lassen sich keinen Mist andrehen. Kommen sie mal runter.

      • @Andreas J:

        "Habe ich aber in 40 Jahren noch nie gehabt."



        Oder eben noch nie bemerkt. Beimenungen wie Talkum dürften weder Geschmack, Abbrand noch Wirkung beeinflussen, können sich aber auf die Lunge verheerend auswirken. Wenn ihr Dealer ein derart ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein hat können sie sich wohl glücklich schätzen, die meisten aber haben ihrerseis eben auch nur eine Quelle und so wird dann meist halt verkauft und geraucht was gerade am Markt verfügbar ist.

        • @Ingo Bernable:

          Ich kaufe nicht im Park oder auf dem Bahnhofsklo und es gibt genügend gute Quellen aus heimischen Anbau. Auch Talkum erkennt man. Am leicht metallischen Geschmack, an weißen Rückständen wenn man das Cannabis auf dunkles Papier fallen lässt oder an der Speckigen Haptik die Harz vortäuscht aber nicht den intensiven Geruch von Harz hat. Da fallen vielleicht Leute die keine Ahnung haben drauf rein. Als Händler mit festen Kundenstamm fällt man damit voll auf die Schnauze und deshalb sind auch die an Qualität interessiert. Cannabiskonsumenten sind keine Junkies die auf Entzug jeden Dreck kaufen.

        • @Ingo Bernable:

          Was denken die Leute wenn sie "Dealer" hören? Es gibt tatsächlich viele Idealsisten, denen es ein persönliches Anliegen ist gute Kräuter unter die Menschen zu bringen. Was glauben die wer in den USA fachlich versierte Beratung für traumatisierte Veteranen, den Maurer mit Bandscheibenvorfall, den Profisportler mit ständigem Muskelkater und Lampenfieber, die Pflegerin mit Migräne, die Oma mit Chemotherapie usw anbietet?! Die ehemals als "Dealer" bezeichneten Marihuana- Freunde und Verkäufer. Wird bei uns nicht anders sein, auch hier gibt es gute Indoor- Kleinbauern mit breitem Wissen über Wirkung der verschiedenen Sorten, deren Anbau und idealem Erntezeitpunkt, höchste Zeit dass sie legal ihrem jetzt schon anständigen Geschäften nachgehen können.



          Der Chrissi kauft sein Bubatz jedenfalls nicht am Hauptbahnhof, und es ist garantiert nicht irgendwas von irgendwo, sondern aus in den Kreisen anerkannter Quelle und von hoher Qualität, Wohlhabende konsumieren keinen Schrott und das sollte auch sonst keiner müssen.

  • grundsätzlich hat der Staat nicht seine Nase in absolut private Vorgänge zu stecken. Was ich rauche oder nicht geht den Staat schlicht nix an. Ich rauche übrigens nicht und mag den Rausch von Haschisch auch nicht. Aber das ist nebensächlich, privat ist privat eine Obergrenze ist lächerlich.

    • @Georg Weidekind:

      Obergrenzen sind vor allem dann sinnvoll, wenn es über das Private hinausgeht. Alkohol-Promillegrenzen für den Straßenverkehr sind hier das beste Beispiel, weil man nicht nur sich selbst, sondern auch andere gefährdet. Wie vergleichbares im Fall von Cannabis geregelt werden soll, bleibt unklar. Hat Lauterbach überhaupt schon mit dem Verkehrsminister gesprochen?

  • .... konsumieren dürfen. Konsum war noch nie Strafbar.

  • 4 Millionen rauchen regelmäßig Cannabis. Bei 1 Gramm( 3Tüten) macht das 4000 Kg/die, somit 4 Tonnen täglich, die über die Grenze geschmuggelt, illegal eingeführt werden. Wer diese Zahl ungefragt übernimmt , der hat vermutlich zu viel geraucht und kann nicht mehr rechnen. Wenn es doch stimmt , gibt es große Sicherheitslücken in Deutschland und man sollte das Hamburger Hafengeschäft mit China nochmal überdenken.

    • @Pepi:

      Du gehst davon aus, dass sämtliches Marihuana ausserhalb Deutschlands produziert wird und damit liegst du falsch, es werden in regelmäßigen Abständen größere Plantagen auch hier in Deutschland hochgenommen, also werden diese 4 Tonnen täglich nicht vollständig über die Grenze geschmuggelt

  • Gut gut, wenn wir die drogen dealer schon noch a la duerte los werden (duerfen), werden wir selbst zum drogendealer, if u cant beat em join em.

  • Der GdP-Bundesvorsitzender heißt mit Vornamen Jochen, nicht Thomas.