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Rücktritt der RBB-IntendantinSchlesingers Scherbenhaufen

Carolina Schwarz
Kommentar von Carolina Schwarz

Die RBB-Intendantin tritt zurück, bleibt aber uneinsichtig. Die Öffentlich-Rechtlichen sollte der Fall zur kritischen Selbstbetrachtung motivieren.

Bis zuletzt waren für sie nur die anderen Schuld: Patricia Schlesinger Foto: Hendrik Schmidt/dpa

N un also doch: Nach zahlreichen Vorwürfen der Vetternwirtschaft gegen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ist sie am Sonntagabend von ihrem Amt zurückgetreten. Eine richtige Entscheidung, aber eine, die viel zu spät kommt. Denn Schlesinger hinterlässt beim RBB nicht nur einen riesigen Scherbenhaufen, sondern auch eine Mammutaufgabe: das Vertrauen in den RBB wiederherzustellen, und zwar intern wie extern.

Dass dieses angekratzt ist, sollte Schlesinger sich selbst zuschreiben. Denn nicht nur das ihr vorgeworfene Fehlverhalten – in Form von krummen Beraterverträgen, Luxusdienstwagen, falschen Abrechnungen und Gehaltserhöhungen – sät Misstrauen. Sondern vor allem ihr Umgang mit den Vorwürfen. Statt sich den Fragen des brandenburgischen Landtags oder des gesamten Hauses zu stellen, gab sie lieber Presseinterviews. Auf die Anschuldigungen gab es bislang, wenn überhaupt, nur halbgare Antworten.

Und auch jetzt in ihrer Rücktrittserklärung ist kein Wort der Selbstkritik zu lesen – stattdessen sind immer die anderen schuld. Schlesingers Uneinsichtigkeit, ihre Unfähigkeit, die eigenen Fehler einzugestehen, fällt jetzt dem Sender auf die Füße. Sehen sich doch alle Kri­ti­ke­r*in­nen der Öffentlich-Rechtlichen nun in ihren pauschalen Vorurteilen bestätigt.

Die lückenlose Aufarbeitung der Vorwürfe sollte zu diesem Zeitpunkt höchste Priorität haben. Doch wer das Vertrauen der (freien) Mit­ar­bei­te­r*in­nen und Ge­büh­ren­zah­le­r*in­nen wiedergewinnen möchte, darf dort nicht stehen bleiben. Es gilt nämlich nicht nur zu klären, ob Schlesingers Verhalten legal war, sondern auch, ob es angemessen war.

Dieser Fall sollte für den RBB und den gesamten Rundfunk ein Anlass sein, sich von Grund auf zu reformieren, neu formulierte Grundsätze und Aufsichtsgremien, die wirklich kontrollieren, was da im eigenen Haus passiert, inklusive. Denn ansonsten verfestigt sich das Bild, dass bei freien Mit­ar­bei­te­r*in­nen und beim Programm trotz Streiks und Verhandlungen gespart wird, während es sich die Intendanz so richtig gutgehen lässt.

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Carolina Schwarz
Ressortleiterin taz zwei
Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.
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13 Kommentare

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  • Mittlerweile hat sich der Skandal ausgeweitet. Es sieht irgendwie mafiös aus.



    "Derzeit laufen in beiden Häusern Untersuchungen, Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch von Amts wegen gegen Schlesinger, ihren Ehemann und Wolf wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsannahme. Schlesinger und Wolf weisen die Vorwürfe zurück. Formen-Mohr war als Leiterin der Hauptabteilung Intendanz unter anderem für den Neubau des Crossmedialen Nachrichtencenters und des Digitalen Medienhauses des RBB in der Verantwortung - das ist das auf Eis gelegt Bauprojekt."



    www.n-tv.de/politi...ticle23515800.html

    Der ÖRR als Selbstbedienungsladen derer vom Stamme Nimm und #Gratismentalitaet.

  • Die GEZ Gebühr gibt es leider nicht mehr. Schade, denn es war eine Gebühr für eine Dienstleistung, die nur zu zahlen war, wenn man die Dienstleistung auch nutzen konnte. Durch Nichtbesitz eines Fernsehers konnte ich > 20 Jahre lang vermeiden, die Fernsehprogramme mit finanzieren zu müssen.

    Das hat denjenigen, die den Staat zu ihrer Beute gemacht haben, nicht gefallen und jetzt haben wir also den Rundfunk"beitrag" die jede(r) zahlen muss. Die Höhe des Rundfunkbeitrages wird von den gleichen Leuten nach "Bedarf" festgelegt und der Bedarf ist eben hoch...

    Genau aus diesem Grund hat Reiner Haseloff (Sachsen Anhalt, CDU) die Erhöhung des Rundfunkbeitrages blockiert. Aber weil das von der CDU kam, war's das natürlich "rechtes Gedankengut" und Herr Harseloff hat das natürlich nur wegen der Afd gemacht...

    Der Fisch stinkt vom Kopf.

  • "Schlesinger machte zuvor bereits Schlagzeilen, weil ihr aus Rundfunkgebühren finanziertes Gehalt um 16 Prozent auf 303.000 Euro erhöht worden war ... Der Dienstwagen - ein Audi A8 mit Sonderausstattung - soll für Schlesinger nur dank eines "Regierungspreises" vom Hersteller möglich gewesen sein. Das Modell der RBB-Chefin kostet laut Preisliste rund 145.000 Euro. Der Hersteller räumte der Intendantin aber einen Rabatt von 70 Prozent ein."[1]



    Massig Gehalt, fast geschenkte Luxuslimousine ..., warum nicht?!? 16 % Mehr Gehalt - das kriegen Friseur*innen, Erntehelfer*innen, Wachschutzarbeiter*innen doch auch, oder? Und ne Limousine sicher auch, oder?



    Aber ein 9 € Ticket verlängern, dafür ist kein Geld da. Auch Arbeiter*innen weiterbezahlen geht nicht. In Pandemiezeiten müssen die in Kurzarbeit. Aber die Großaktionär*innen Quandt und Klatten dürfen/können sich Hunderte Millionen Euro, im ersten Pandemie gar noch über eine Milliarde Euro, an Dividende ausschütten lassen. Warum nicht ...



    Und viele Leute machen weiter ihr Kreuz bei CDU, SPD, FDP. Viele, die könnten, sind nicht in Gewerkschaften organisiert ...



    [1] www.n-tv.de/panora...ticle23495144.html

  • Für interne Fortbildung RBB als TIPP: Seminar Kintsugi ('Scherben kitten und mit Artefakt aufwerten').



    //



    www.zeit.de/zeit-m...kleben-wundertuete



    //



    Bei erhaltener Substanz geht das gut, sonst 'Phönix aus der Asche'.

  • Dem Artikel ist nichts hinzu zu fügen. Und wofür zahlen die Bürger GEZ- Gebühren? Die Antwort erspare ich mir. Alles ganz demokraisch im Sinne unseres Systems. Ach ja, im World Ranking liegt Deutschland an 16. Stelle. Jetzt würde mich nur noch interessieren, ob Deutschlan im Konsumieren von Bananen an erster Stelle in Europa liegt??

  • Immer drauf, aber Recherche und Berichte über das, mE quasi-faschistoide, verschwenderische Verhalten, s. Klimaschutz, im Leben der Schönen und Reichen wäre auch mal nicht schlecht. Nach den Panama-Papers irgendwie nichts mehr los, oder?!

  • Da wird wohl noch jemand Post vom Staatsanwalt bekommen. Ist Frau Schlesingers Verhalten repräsentativ für den ÖRR? Warum wird die Führung im ÖRR eigentlich finanziell besser gestellt als ein Behördenleiter? Risiken tragen diese Personen im ÖRR doch ebenfalls nicht. Und die Ergebnisse sind ebenfalls die gleichen - bestenfalls Mittelmaß.

  • RS
    Ria Sauter

    Sie bleibt doch beim RBB. Niemand scheint damit ernsthafte Probleme zu haben.



    Es gibt ja die Zwangsabgabe. Also Null Befürchtigungen wegen ausbleibender Zahlungen. Egal wieviel Dreck der Stecken hat.



    Reiht sich ein, in Lebenslauf beschönigen, gemauschelte Doktorarbeiten und Millionen für Maskendeals etc.etc.



    Wird mal kurz darüber berichtet und weiter gehts.



    Die Betreffenden werden Aussenministerin oder Bürgermeisterin oder bleiben gutbezahlte Abgeordnete und eben auch beim Öffentlichen.



    "Ein Land in dem wir gut und gerne leben"



    In dem Fall war das "wir" für den zutreffenden Personenkreis von Frau M. zutreffend.

  • Momentan hat sie volle Pensionansprüche, also ca. 15.000€ / Monat. Wenn man bedenkt, dass auch ärmste Haushalte GEZ abdrücken müssen ist das für mich eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

    • @Sybille Bergi:

      Ärmste sind von der GEZ via Antrag befreit - eine Privatisierung der Öffentlich-Rechtlichen würde BILD-Mudoch gefallen...

    • @Sybille Bergi:

      Tatsächlich müssen sogar Aufstocker zahlen. Das ist wirklich unglaublich.

  • Bemerkenswert ist das dröhnende Schweigen seitens der Politik zu dem Vorgang.

    • RS
      Ria Sauter
      @Kabelbrand Höllenfeuer:

      Wie heisst es..



      Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.