2G+ für die Gastronomie: Als eine Chance begreifen

Berlin wird wohl am Dienstag 2G+ beschließen. Statt zu meckern, sollte die Branche jetzt mitziehen – in ihrem eigenen Interesse.

Aus „geimpft“ wird demnächst „geboostert“: Die Tür für den Restaurantbesuch wird härter Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Die Gastronomie muss sich auf 2G+ einstellen: Am Dienstag könnte der Senat für Berlin umsetzen, was der Bund-Länder-Gipfel am Freitag beschlossen hat. Und wenn jetzt die Branchenvertreter aufheulen und erste Bundesländer (Bayern, Sachsen-Anhalt) bereits ankündigen, die Beschlüsse aus dem Bund nicht umsetzen zu wollen, dann sei angemerkt: Statt 2G+ als die nächste Geißel für die WirtInnen zu betrachten, sollte die Gastro-Lobby die verschärften Zugangsregelungen besser als Chance begreifen.

Die Omikron-Welle rollt, auch Berlin meldet täglich eine neue Rekord-Inzidenz. Nun ist die Hospitalisierungsrate noch immer moderat, die Lage auf den Intensivstationen kaum verändert. Dennoch wird man erst in den nächsten Tagen und Wochen wirklich sehen, ob auch möglicherweise leichtere Omikron-Verläufe (die dafür aber deutlich mehr Menschen betreffen) die viel zitierte kritische Infrastruktur gefährden.

Selbstverständlich geht es auch in der Gastronomie, wie in jeder Branche, um Arbeitsplätze und Existenzen. Und die sind gefährdet: Die Umsätze 2021 im Gastgewerbe lagen zwischen Januar und September 2021 nochmal um 22,9 Prozent unter dem Vorjahreswert, die Beschäftigtenzahl in der Branche sank weiter um knapp 16 Prozent – und die Vergleichswerte zum Vor-Corona-Jahr 2019 sind noch weit dramatischer. 2G+ sei deshalb jetzt ein neuerliches „Desaster“, heißt es vom Branchenverband Dehoga.

Es stimmt, 2G+ ist mehr Aufwand, für Gäste wie für WirtInnen. Letztere müssten sich künftig nicht nur den Impfstatus zeigen lassen, sondern wirklich genau auf die App gucken – ist der- oder diejenige geboostert, und wenn nicht: Wo ist der Testnachweis?

Kein Ding der Unmöglichkeit

Nur, ehrlich gesagt: Wer seine Kundschaft jetzt schon ordentlich kontrolliert, der hat in Zukunft eben zwei statt nur einen möglichen Nachweis zu checken bzw. QR-Code zu scannen. Das scheint organisatorisch kein absolutes Ding der Unmöglichkeit – die Einführung der 2G-Regelung im November war da der weitaus größere Schritt.

Und was die Branche auch ruhig ehrlich sagen könnte: Bei den verlängerten Soforthilfen können sich WirtInnen erstmals auch erhöhte Personalkosten aufgrund der Zugangsbeschränkungen bezuschussen. Die Extraschicht für die Einlasskontrolle sollte jetzt also drin sein.

Übrigens: Als im November flächendeckend 2G eingeführt wurde, bewegte sich in Berlin die Quote bei den Erstimpfungen erstmals wieder leicht nach oben. Druck wirkt also doch, konnte man da konstatieren.

Man kann bedauern, dass viele Menschen sich nicht aus altruistrischen Motiven impfen lassen, sondern erst, wenn es für sie selbst wirklich unbequem wird. Aber so ist es offenbar – und das wiederum macht dann tatsächlich auch etwas Hoffnung für die Impfkampagne in Berlin.

Wenn 2G+ der Booster-Bereitschaft zuträglich ist und ein paar sich nun sogar noch erstimpfen lassen – dann sollten die GastwirtInnen sich freuen, dass sie dabei mithelfen dürfen. Mittelfristig gesehen ist es zu ihrem eigenen wirtschaftlichen Besten: Es erhöht die Chance, dass der nächste Lockdown allen erspart bleibt.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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