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Waldzustandsbericht 2020Wälder so krank wie noch nie

Hitze und Dürre setzen den deutschen Wäldern zu: Vier von fünf Bäumen haben eine lichte Krone. Umweltverbände geben der Regierung die Schuld.

Es wird lichter: der Zustand der Baumkronen hat sich 2020 weiter verschlechtert Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin taz | Noch nie seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984 war der Anteil von gesunden Bäumen so gering wie 2020. Das geht aus dem aktuellen Waldzustandsbericht der Bundesregierung hervor, den Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch in der Bundespressekonferenz vorgestellt hat. Demnach hätten nur 21 Prozent aller Bäume keine kahlen Kronen gehabt. Die vergangenen drei Dürrejahre, der massive Borkenkäferbefall, Stürme und vermehrte Waldbrände hätten den Wäldern zugesetzt, heißt es in dem Bericht.

Der Kronenzustand habe sich vergangenes Jahr weiter verschlechtert. „Vier von fünf Bäumen haben eine lichte Krone“, sagte Klöckner. Betroffen seien 79 Prozent der Fichten, jeweils 80 Prozent der Kiefern und Eichen sowie 89 Prozent der Buchen. Im Vergleich zum Vorjahr geht es damit den Kiefern und Eichen etwas besser, den Fichten und Buchen allerdings schlechter. Dem Report zufolge hatten 2020 zum Beispiel nur noch 11 Prozent aller Buchen keine lichte Krone. 2019 waren es immerhin noch 16 Prozent.

Insgesamt wiesen 37 aller Bäume in Deutschland eine „deutliche Kronenverlichtung“ auf, wie aus dem Bericht hervorgeht. Das heißt: Sie haben mindestens 26 Prozent ihrer Blätter oder Nadeln vorzeitig abgeworfen. „Das beunruhigt mich und macht mir große Sorge“, sagte Klöckner. „Der Kronenzustand ist wie ein Fieberthermometer.“ Er zeige an, wie es den Bäumen geht.

Gleichzeitig habe der Anteil der Bäume zugenommen, die seit der vorigen Erhebung abgestorben sind. „Die Absterberate 2020 ist überdurchschnittlich hoch“, heißt es in dem Bericht. Betroffen seien vor allem die Fichte sowie verschiedene Laubbaumarten. Besonders im Harz, wo es viele Fichtenwälder gibt, sei die Lage ernst: „Tote Bäume, so weit das Auge reicht“, sagte die Ministerin.

Umweltverbände fordern mehr Klimaschutz

Klöckner verwies zugleich darauf, dass 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt würden, um Wald­be­sit­ze­r*in­nen und Forst­wir­t*in­nen dabei zu unterstützen, neue Bäume zu pflanzen und die Wälder so umzubauen, dass sie die Folgen der Klima­kri­se überstünden.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert: „Nur Waldbesitzende, die ihre Wälder besonders ökologisch verträglich bewirtschaften, sollen Unterstützung erhalten.“ Um ein Waldsterben zu verhindern, müsse die Bundesregierung „endlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig Schadstoffemissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft massiv reduzieren.“

Der Naturschutzbund (NABU) ist derselben Meinung. Wegen der extrem heißen und trockenen Sommer seien die Wälder seit drei Jahren im Dauerstress und damit anfälliger für Krankheiten und Borkenkäfer, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt. „Es besteht die reale Gefahr, dass künftig mehr Bäume sterben als nachwachsen, was den Klimawandel wiederum verstärken würde.“ Die einzige Lösung sei mehr Klimaschutz.

Mischwälder statt Monokulturen

Auch Allan Buras, Koordinator des Waldzustandsmonitors an der TU München, betont, dass die Klimakrise, soweit es geht, aufgehalten werden müsse. „Jedes Zehntelgrad weniger an Erwärmung erhöht die Chancen, dass bestimmte Baumarten in Deutschland in nennenswertem Umfang erhalten bleiben.“

Er rät, beim Waldumbau auf ein „breit gestreutes Baumartenportfolio“ zu setzen statt auf Monokulturen. Durch die damit einhergehende Diversität würden die Wälder wiederstandsfähiger. „Selbst wenn einzelne Baumarten an ihre Grenzen kommen, bleiben die anderen Arten erhalten, so dass es ‚nur‘ zum Absterben einzelner Bäume und nicht ganzer Bestände kommt.“

Der Verband der Waldeigentümer AGDW schreibt auf Anfrage, dass der Waldumbau bereits „in vollem Gange“ sei und weiterhin klimaresiliente Baumarten gepflanzt werden müssten. „Angesichts des Klimawandels haben die Wald­ei­gen­tü­me­r*in­nen eine Herkulesaufgabe vor sich“, heißt es weiter. Viele seien noch immer mit der Wiederbewaldung der zerstörten Waldflächen beschäftigt und damit, Schadholz abzustransportieren. Die NGO Robin Wood fordert, abgestorbene Bäume im Wald liegen zu lassen. „Totholz bietet Schatten und speichert mehr Feuchtigkeit als der ausgedorrte Boden.“

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15 Kommentare

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  • Tja, da sieht es der bayrische Bauernverband genau richtig

    verbandsbuero.de/p...n-es-nicht-allein/

  • Wenn der Verband der Waldeigentümer schreibt, der "Waldumbau" sei bereits im vollen Gange, bekomme ich erst mal Angst. Ich (als jemand, der von Berufs wegen ständig in Deutschen Wäldern herumläuft) habe gerade eher den Eindruck, als würde noch mal schnell alles aus dem Wald geholt, was geht. Die Folge (zum Beispiel der Schirmschläge in alten Eichenwäldern) sind oft mit Veränderungen des Kleinklimas verbunden, die zu mehr Trockenheit und eine verminderte Resilienz der Waldökosysteme führen. Fazit: Das Ausplündern der Wälder sollte endlich aufhören - wir brauchen sehr viel mehr Schutzgebiete und die verbleibende Waldwirtschaft muss sich stärker an ökologischen Kriterien orientieren.

  • Wenn man den Dieter Nuhr manchmal so hört, gab es ja früher nie wirklich und gibt es sehr wahrscheinlich wohl auch heute immer noch kein Waldsterben in Deutschland. Alles mehr so Einbildung depressiver Zeitgenossen, die mit sich selbst nicht recht klarkommen. Weltuntergangsphantasien heranwachsender LandwirtschaftsministerInnen. Eigentlich nicht der Rede wert - aber was willste machen!?

    pardon-magazin.de/...der-weltuntergang/

    • @Rainer B.:

      Dieter Nuhrs berufliche Existenz beruht darauf, dass er Dinge sagt, die den Mächtigen gefallen. Er ist also das exakte Gegenteil eines Satirikers. Früher hatte man ein wunderbares Wort dafür ...

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich habe keine Lust darauf, private Waldbesitzer zu entschädigen, die in der Vergangenheit nur Dollarzeichen in den Augen hatten.



    Nachhaltigkeit wäre das Stichwort gewesen vor 30 Jahren!

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Klimawandel ist die eine Seite, aber wenn er auf Fichten oder Kiefermonokulturen trifft, ist es halt um die geschehen.



    Den Klimawandel drehen wir in den nchsten hundert Jahren nicht mehr zurück.

  • Der Egoismus und Zynismus geht dann in etwa so: "Ach, das ist doch bestimmt überdramatisiert. So genau will ich das auch gar nicht wissen. Lieber will ich von meinem neuen Auto, Flugreisen, Cafe latte, Currywurst, modischer Kleidung, neuem Smartphone ... träumen. Und nicht nur träumen - ich brauche das alles! An die Folgen für Kinder und Jugendliche, Küsten- und Inselbewohner*innen, Afrikaner*innen usw. will ich da auch gar nicht denken. Sonst bringt das ja keinen Spaß. Und überhaupt sind DIE Anderen ja die Schuldigen. Zum Glück habe ich die Gedanken beim Konsumieren sowieso wieder vergessen."

  • Aprilwetter im Februar. Verschobene Klimazonen, der Klimawandel fängt gerade richtig an.

  • Schadholz abtransportieren. Da zeigt sich doch wes geistes Kind die Forstwirte sind. Nix kapiert, aber ertragreiche gegen resiliente Arten austauschen als Lösung präsentieren.

    • @Vollgut2000:

      Vom Z.B. Borkenkäfer befallene Bäume sollen und werden aus dem Wald entfernt um die Ausbreitung der Schädlinge einzuschränken. Als Waldbesitzer können sie vom Staat sogar gezwungen werden dies zu tun. Vielleicht sollte man sich zuerst mit einem Thema befassen bevor man lospoltert.

      • @Günter Witte:

        Ich empfehle Ihnen dringend eine Bildungsreise in den Nationalpark Bayerischer Wald. Da können Sie sich davon überzeugen, wie "schrecklich" es ist, wenn man die vom Borkenkäfer befallenen Bäume im Bestand belässt.



        Achja, und was nun die Vorschriften in diesem Kontext angeht: Die sind sicher nicht der wissenschaftlichen Faktenlage geschuldet, sondern den wirtschaftlichen Interessen der Waldbesitzer.

      • @Günter Witte:

        Zumindest im Flachland ist der Zug wohl abgefahren gewesen bevor Abtransportiert wurde /wird. Hier sind ja zumindest in nrw mehr oder weniger alle Fichten in den letzten 2 Jahren abgestorben. Vielleicht hätte man die Bestände teilweise durch spritzen vor 2 Jahren noch für ein paar Jahren erhalten können.



        Die Bäume werden auch abtransportiert um die Arbeitssicherheit der Waldarbeiter bei der zukünftigen Jungwuchspflege zu gewährleisten .



        Ob das alles inklusive des verscherbeln des Schadholzes nach China verhältnismäßig ist, oder ob die Variante stehen lassen des Todholzes auch als schutz für aufkommende Naturverjüngung die bessere Variante ist , ist zumindest umstritten.

  • „Nur Waldbesitzende, die ihre Wälder besonders ökologisch verträglich bewirtschaften, sollen Unterstützung erhalten.“

    Das ist doch ein Schuss ins Knie. Wald ist Klimarelevant und eine Kohlenstoffsenke. Abgestorbener Wald muss überall wieder aufgeforstet werden.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Rudolf Fissner:

      Ja vielleicht, aber nicht so wie in der Vergangenheit!!!1

  • Nun ja, ist es wirklich so schlimm, wenn " 37 aller Bäume in Deutschland eine „deutliche Kronenverlichtung“ aufweisen? Oder hat der Säzzer wieder nicht aufgepasst?

    Wenn schon jemand Korrektur liest, sollte vielleicht auch "Umweltverbände geben der Regierung die Schuld." geändert werden. Die jetzige Regierung hätte an dem Zustand wohl nur durch Regentänze etwas ändern können. Wenn, dann sollte es heissen, ...geben den Regierungen der letzten Jahrzehnte die Schuld....



    Dummerweise fällt das dann aber noch deutlicher auf die Einwohner zurück. Die haben nämlich diese Regierungen gewählt. Also sollte es heissen ... geben den Wähler:innen der letzten Jahrzehnte die Schuld...