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Briefe vom BeitragsserviceDanke für Ihre Treue …nicht

Zahlungserinnerungen sind für die meisten Menschen der direkteste Kontakt mit „ihrem“ Rundfunk. Schade, dass sie so lieblos verfasst sind.

Ein Dank für die Unterstützung durch den Rundfunkbeitrag: Fehlanzeige Foto: Jens Schulze/imagoJens Schulze/imago

A n Weihnachten bekam die Mitbewohnerin Post vom Beitragsservice. Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio –hieß ja mal GEZ und war allseits unbeliebt. Jetzt stand da: „Liebe Frau …, herzlichen Dank für Ihre Unterstützung im denkwürdigen Jahr 2020! Durch Ihren Rundfunkbeitrag haben die öffentlich-rechtlichen Programme im Radio, im Fernsehen und online ihren Auftrag für unsere Gesellschaft überhaupt erst erfüllen können.

Wir sind stolz, gemeinsam mit Ihnen jeden Tag daran arbeiten zu dürfen, dass die Welt ein kleines bisschen besser wird. Jetzt wünschen wir Ihnen und Ihren Lieben, allen Beschränkungen durch die Pandemie zum Trotz, schöne Weihnachten und einen guten Start ins Jahr. Unsere Programme werden Sie dabei begleiten – mit aktuellen, zuverlässigen Informationen, mit Rat und Tat, mit packenden Filmen und Serien, mit spannenden Sportereignissen und natürlich mit jeder Menge guter Unterhaltung für Jung bis Alt, Hund bis Katz und für alle anderen der Familie auch.“

Wär’ das kitschig! Aber trotzdem schön. Denn tatsächlich hat der Beitragsservice natürlich nix von dem da oben geschrieben. Die Nummer mit der „besseren Welt“ stammt aus ’ner Werbung der britischen Supermarktkette Tesco.

In dem Wisch mit dem Absendedatum 18. Dezember steht vielmehr ganz prosaisch: „Sehr geehrte Frau …, Ihre Rundfunkbeiträge sind am 01.01.2021 fällig. Bitte zahlen Sie den Betrag von 210,00 EUR.“ Dann folgt der Hinweis auf ein beiliegendes Überweisungsformular und die Belehrung, dass die Überweisung des Beitrags für 2021 per Lastschrift besser sei. Nicht mal in der Grußformel findet sich was Nettes.

Man hat bereits aufgegeben

Diese Schreiben sind für die meisten Menschen der direkteste Kontakt mit „ihrem“ Rundfunk. Nur falls es ARD, ZDF und Deutschlandradio immer noch nicht begriffen haben.

Aber eine Sache macht stutzig. 210 Euro fürs Jahr macht 17,50 Euro pro Monat. Hatte der Beitragsservice etwa schon vor der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben? Die fiel ja erst am 23. Dezember, weshalb der Rundfunkbeitrag nicht – wie geplant – ab 1. 1. steigt. Jetzt gehen die Sender in Karlsruhe ins Hauptverfahren, und das kann dauern.

Aber keine Sorge. Der öffentlich-rechtliche Rundfunks ist unkaputtbar. Der WDR, der gerade die ARD anführt, zeigt die eigene Unvergänglichkeit schon heute ganz subtil per Mediathek. Beim „Monitor“-Beitrag vom 3. Dezember 2020 über Corona-Leugner*innen in Bautzen findet sich der Hinweis „Verfügbar bis 03.12.2099“. Bis dahin ist bestimmt auch der Beitragsservice allseits beliebt und verschickt nur noch nette Weihnachtsgrüße.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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8 Kommentare

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  • Man kann dem Beitragsservice, gerade auch jetzt während des Lockdowns eine Aufforderung zuschicken über den Nachweis dass die eigenen Daten auch EU-datenschutzkonform Verwendet werden.

    Natürlich postalisch und nicht per Email.

    Damit die auch was zu tun haben und ihnen nicht langweilig wird.

  • Bei mir läuft "Beitrag" meist über den Gerichtsvollzieher, die ÖR sollen nicht sagen können, ich würde freiwillig zahlen. Der ÖRR ist von der Mitte der Gesellschaft weit entfernt, da braucht man nur die Aufsichtsgremien anschauen. Auf die Sondersendungen von Kirchen kann ich mich ja einstellen, aber dass ich im Deutschlandradio unvermittelt mit einem "Wort zum Tage" konfrontiert werde, ist ein Hohn in einem ansonsten werbefreien Kanal!

  • Freundlichkeit wird da wenig nützen.

    Meine Kinder haben Spotify, Netflix und ggf. Disney+ oder Amazon Prime und geben dafür viel Geld aus.

    Fernsehen schauen die nicht. Da bleibt der Rundfunkbeitrag ein überflüssiger Kostenfaktor ohne Mehrwert.

  • Wemm es eine Einrichtung gibt, die seit Jahren den Ruf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schädigt - dann die GEZ. Angefangen mit den Schnüffler-Trupps die einst auf Jagd nach Schwarsehern an Türen klingelten. Da die zumeist Herren auf Provisionsbasis arbeiteten, versuchten sie sich mit Tricks Zutritt zu Wohnungen zu verschaffen. So zwei, Typ Türsteher, haben das mal bei mir versucht, die habe ich dann aber zur Schnecke gemacht, als sie Zudringlich wurden. Wer nach der Gebührenreform meinte, jetzt würde die GEZ zivilisierter handeln - Irrtum. Obwohl das Bundesverfassungsgericht die Rundfunkabgabe für Zweitwohnsitze -also auch Ferienwohungen - kassierte - sperren sich die Herrschaften in Köln gegen die Umsetzung. Selber erlebt: Da stirbt ein Besitzer eines Zweitwohnsitzes, die Witwe will die Abgabe einsparen. Reaktion: Bringen sie innerhalb kurzer Zeit einen Auszug aus dem Melderegister - wohlgemerkt in Coronazeiten, in denen viele Verwaltungen sowieso kaum arbeiten. Geschehe dies nicht rechtzeitig, müsse weiter gezahlt werden. Ach ja und eine Rückerstattung der siet dem Urteil zuviel gezahlten Gebühren gibt's natürlich nicht, sondern nur ab dem jetzt erfolgten Einspruch. Toll: So kann man ein grundsätzlich sinnvolles System zu Schanden machen. Die Rundfunkanstalten schauen weg....

  • Das Schreiben klingt, als hätte es ein Jobcentermitarbeiter verfasst. Nunja fast. Denn dann würde da stehen: "Hiermit fordere ich Sie auf, den beitrag von 210€ zu zahlen!"

    PS: Gibt es bei jählicher Zahlweise echt keinen Rabatt?

    • @Bunte Kuh:

      Im übrigen gibt es wegen der Zinspolitik der EU keinen Zinsvorteil, der damit also nicht ausbleibt, bei verzögerter Zahlung.

    • @Bunte Kuh:

      wieso auch.



      Die Einnahmen sind ja durch die Zahlungspflicht gesichert. Wer sollte da Nachteile haben, wenn die Beiträge zu spät kommen. Ist ja schon ein Glück dass sie überhaupt kommen, bei dem schlechten Programmangebot.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Bis vor zwei Jahren war der Deutschlandfunk der einzige Sender, an den ich freiwillig Gebühren gezahlt hätte. Inzwischen ist es keiner mehr. Fernseher habe ich seit 39 Jahren keinen. Wenn ich auf Familienbesuch bin und auch in den ÖRR mal reinzappe, dann kommt mir das Grausen.