Impfen gut? Impfen blöd?: Machen wir die Rechnung!

Wirst du dich impfen lassen? Das werde ich derzeit häufig gefragt. Deshalb: Hereinspaziert und willkommen in meinem persönlichen Abwägungsprozess!

Eine Flüssigkeit tropft aus der Kanüle einer Spritze

Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssen circa zwei Drittel der Bevölkerung geimpft sein Foto: Sepp Spiegl/imago

Bald ist es so weit: Die Impfung gegen Covid-19 wird verfügbar sein. Die Impfbereitschaft in Deutschland sinkt laut ARD-Deutschlandtrend derweil. Menschen sind unsicher. Auch ich werde zurzeit oft gefragt: Wirst du dich impfen lassen? Ich habe ein einfaches Verhältnis zu Arzneimitteln: Ich nehme sie grundsätzlich nicht. Nur dann, wenn sie wirklich notwendig sind.

Vor einer Woche saß ich wegen einer Brandwunde in der Notaufnahme. Die Ärztin wollte mir zwei Arzneimittel geben: Ibuprofen und Tetanusschutzimpfung, weil mein Tetanusschutz nicht mehr sicher war. Für mich klar: Impfung mache ich, Ibuprofen auf keinen Fall. Warum? Ich nehme immer eine Kosten-Nutzen-Abwägung vor.

Um bei Ibuprofen zu bleiben: Mir wird von Schmerzmitteln schlecht. „Ibu“ führt in mehr als 10 Prozent der Fällen zu gastrointestinalen Nebenwirkungen: Sodbrennen, Erbrechen. In Kombi mit anderen Schmerzmitteln kann es zu Blutungen kommen. Laut einem Schmerz-Experten des Saarlän­der Uniklinikums sterben pro Jahr 4.000 Menschen an inneren Blutungen durch Schmerzmittel.

Und wie sieht es beim Impfen mit Nebenwirkungen aus? 2018 wurden laut Arzneimittel-Atlas in Deutschland mindestens 35,7 Millionen Impfdosen verabreicht. Die Zahlen zu Impfkomplikationen sind weit weniger eindeutig, weil der Zusammenhang zur Impfung nicht immer sicher ist.

Impfen schlägt „Ibu“ mit links

Das Paul-Ehrlich-Institut dokumentiert alle Verdachtsfälle solcher Impfkomplikationen. Verdachtsfall heißt: Es gibt keinen bewiesenen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und Komplikation, nur einen zeitlichen. 2018 wurden 3.570 solcher Fälle gemeldet, davon 1.070 schwer­wiegend. Geht man vom Schlimmsten aus, nämlich dass alle 3.570 Verdachtsfälle echte Fälle sind – dann liegt die Komplikationsrate von Impfungen bei etwa 0,01 Prozent. Bei „Ibu“ kommt es also 1.000-mal so oft zu Nebenwirkungen.

Der Covid-19-Impfstoff ist ein mRNA-Vakzin, also von der Funktionsweise anders, wirkt aber wie andere Impfstoffe. mRNA-Verbindungen wurden schon als Tumorimpfstoffe bei Menschen angewendet, ohne schwere Nebenwirkungen.

Nun gibt man Impfungen gesunden Menschen, deswegen ist größte Vorsicht geboten, zumal auch Kinder geimpft werden. Aber auch viele andere Arzneimittel werden von Gesunden eingenommen: Antibiotika, Schmerzmittel, Schlafmittel, Psychopharmaka und mehr, alle mit starken Nebenwirkungen. Hier fehlt mir die Vorsicht, die wir Impfungen berechtigterweise entgegenbringen. Es ist gut, nicht unbedacht alles einzuschmeißen. Informiert zu sein, mit der:dem Ärzt:in zu sprechen, Alternativen zu nebenwirkungsträchtigen Arzneimitteln zu erfragen.

Beim Impfen kommt hinzu, dass meine Entscheidung Folgen für andere Menschen hat. Indem ich mich impfen lasse, kann ich zur Gesundheit anderer beitragen. Ich habe also gut darüber nachgedacht, habe mich informiert. Meine eigene, persönliche Kosten-Nutzen-Abwägung ergibt: Ich werde mich impfen lassen.

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Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.

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