Republikaner in deutschen Talkshows: Medien hofieren Trump-Fans
Manche Redaktionen scheinen eine ausgeglichene Berichterstattung misszuverstehen – und rollen selbst Rassist*innen den roten Teppich aus.
Als Donald Trump vor vier Jahren zum Präsidenten gewählt wurde, war das ein Schock für viele Medien. Das soll diesmal anders werden. Damit gar nicht erst der Eindruck entsteht, man sei sich der kommenden Niederlage Trumps zu sicher, rollen einige Redaktionen den Trump-AnhängerInnen den roten Teppich aus.
Da wäre etwa Ralph Freund, Sprecher der „Republicans Overseas“ Deutschland, gern gesehener Gast in Fernsehen und Radio. Vergangene Woche wurde er im Deutschlandfunk zur Erkrankung von Trump befragt.
Einige Zitate: „Er hat die Größe besessen zu sagen, er hat Covid.“ „Man versucht ihm zu unterstellen, er würde nicht die Wahrheit sagen.“ Dass Trump besser medizinisch versorgt werde als Infizierte aus der lateinamerikanischen oder Schwarzen Community, nannte Freund eine „verkürzte Schlussfolgerung“. Die Moderatorin hatte hörbar Mühe, den Behauptungen Fakten entgegenzustellen.
Ein drastischeres Beispiel gab es am Mittwoch bei „Markus Lanz“. Da saß Tina Chittom, auch von den „Republicans Overseas“, verteidigte Trump und verharmloste Corona. Lanz hielt dagegen, aber als Chittom sagte, Schwarze seien aufgrund ihrer Gene krimineller als Weiße, war Lanz sprachlos. Immerhin fiel dem Schauspieler Christian Berkel gleich das einzig passende Wort dazu ein: Rassismus.
Die „false balance“ deutscher Medien
Gegenüber dem Newsportal watson.de erklärte eine Sprecherin des ZDF, die „Lanz“-Redaktion wähle ihre Gäste „nach redaktionellen Gesichtspunkten passend zum jeweiligen Thema“ aus. „Dazu gehören auch Vertreter von politischen Richtungen und Meinungen, die nicht mehrheitstauglich sind.“
Nun ja, die These, dass das Erbgut das Verhalten einer Bevölkerungsgruppe dominiert, war in den 1930er Jahren durchaus mehrheitstauglich. Rassismus ist aber keine Meinung, sondern ein Verbrechen, so hing es früher als Postkarte in vielen Jugendzimmern. Vielleicht sollte auch die „Lanz“-Redaktion sich das an die Pinnwand heften. Bei „Maybritt Illner“ talkte zwar am Donnerstag kein Republican mit, aber der Sendungstitel klang wie von den Republikanern diktiert: „Keine Angst vor Corona – hat Trump Recht?“
Mir scheint an einigen Stellen „false balance“ eingezogen zu sein. In vielen Medien wird so getan, als seien die US-Demokraten so was wie die SPD, die Republikaner so was wie die CDU. Letztere sind aber in weiten Teilen eine rechtsextreme Partei. Sie unterstützen einen Mann, der Frauen verachtet, Gewalt schürt, die freie Presse angreift, sein Amt missbraucht. Sie hat Trump gewähren lassen.
Das heißt nicht, dass Redaktionen nie Republikaner einladen sollten – auch wenn es genug andere gibt, die Qualifizierteres über Trumps WählerInnen sagen könnten. Das heißt, sie müssen die Ansichten ihrer Gäste vorher abklopfen. Rassismus und Lügen sind keine legitimen Äußerungen. Abgesehen davon: Wie oft sitzen die „Democrats Abroad“ eigentlich in deutschen Talkshows?
Leser*innenkommentare
tom-pex
Es ist völlig okay, auch mal eine*n echte*n Rep einzuladen, damit man nicht nur über, sondern auch mal mit dieser Geisteshaltung (besser: -krankheit) reden und diese sich selber demontieren kann -
was hier ja eigentlich beispielhaft gelungen wäre, wäre Lanz wirklich mal einen Augenblick "sprachlos" gewesen, statt stets und ständig das Wort an sich zu reißen und so der Dame viel weniger als möglich die Chance zu geben, sich über beide Ohren zu blamieren.
dumpfisttrumpf
Der ganze US-Zirkus nimmt viel zu viel Platz in unserer Wahrnehmung ein.
Ruediger
Es ist ja nicht so, dass deutsche Medien Wahl in den USA wesentlich beeinflussen. Gerade weil das Denken der Trump-Anhänger so befremdlich ist, ist es eben interessant. Wie ein Biden-Anhänger tickt, kann man soch ganz gut vorstellen, aber wer die USA verstehen will, muss vor allem verstehen, wie die Trump-Leute ticken, und zwar möglichst aus erster Hand.
Jim Hawkins
"Rassismus ist aber keine Meinung, sondern ein Verbrechen, so hing es früher als Postkarte in vielen Jugendzimmern."
Hängt bei mir immer noch im Zimmer.
noevil
@Jim Hawkins Da sollte es auch - besser 'besonders' - jetzt in dieser Zeit wachsenden Rassismus' hängen, in allen Jugendzimmern, und zwar so, dass es immer wieder daran erinnert, woher wir alle kommen und wohin wir nie wieder gehen dürfen - und wollen -, wenn wir uns jemals wieder im Spiegel ansehen wollen ohne schmerzende Scham zu verspüren!
Sarg Kuss Möder
Sehe ich ganz genau so, wobei ja noch zu erwähnen wäre, dass sich Republikaner immer mehr von Trump distanzieren. Warum lädt man diese nicht ein? Ich habe zwar Lanz nicht gesehen. Die Vehemenz, mit der er beispielsweise Gäste auf der anderen Seite des politischen Spektrums traktiert, hat hier überwiegend gefehlt. Das heißt, er ist ein egomanische Schwächling. Es müsste ein Programm geben, dass bei seinem egomanisch überflüssigen Gelaber ausschaltet und dann wieder einschaltet, wenn die Gäste reden. Das ist überwiegend - hier eine Ausnahme - interessant.