Kommunalwahlen in Hongkong: Erdrutschsieg der Demokraten

Die Hongkonger haben gezeigt, dass sie mehrheitlich hinter der Protestbewegung stehen. Die Resultate sind eine Demütigung für Peking.

Zwei Männer fassen sich an den Händen, einer hält einen Blumenstrauss

Jimmy Sham, Kandidat des prodemokratischen Lagers (in rotem T-shirt) feiert seinen Wahlsieg Foto: Vincent Thian/ap

PEKING TAZ | Bei den Kommunalwahlen in Hongkong hat die Protestbewegung ihren erhofften Erdrutschsieg errungen: Das prodemokratische Lager stellt künftig 17 von 18 Bezirksräten und knapp 90 Prozent der Sitze. Damit hat es seinen Stimmenanteil nahezu verdreifacht. Die pekingloyalen Kräfte hingegen mussten eine herbe Niederlage einstecken: Sie haben praktisch alle Bezirksratsposten verloren.

Noch nie zuvor gaben derart viele Einwohner der Sonderverwaltungszone bei Wahlen ihre Stimme ab. Die Beteiligung lag mit 71 Prozent auf Rekordniveau. Am Sonntag bildeten sich vor den meisten der 600 Wahllokalen Hongkongs lange Schlangen; viele Einwohner mussten über eine Stunde warten, um ihre Stimme abzugeben. Aufgrund der hohen Wahlbeteiligung dauerte auch die Auszählung der Stimmen deutlich länger als üblich.

Unter normalen Umständen wäre die Kommunalwahl ausschließlich von lokaler Bedeutung, schließlich bestimmen die Räte vor allem über Parkanlagen, Müllentsorgung und Wohnbauprojekte. Sie können keine Gesetze verabschieden und spielen bei der Wahl des nächsten Regierungschefs nur eine untergeordnete Rolle. Doch inmitten der seit fast sechs Monaten anhaltenden Proteste haben die Aktivisten den Urnengang zum Referendum erhoben.

„Es ist eine Wahl zwischen unseren fünf Forderungen und einem demokratischen System – oder aber man unterstützt die Verwaltungschefin Carrie Lam und die Polizei“, meint Jimmy Sham, Kandidat des prodemokratischen Lagers. Die Protestbewegung hat seit Beginn des Konflikts fünf Forderungen gestellt, an denen sie noch immer festhält – darunter freie Wahlen und eine gerichtliche Untersuchung der Polizeigewalt gegen Demonstranten. Die derzeit amtierende Verwaltungschefin Carrie Lam ist in den Augen der Aktivisten eine Marionette Pekings.

Viele machen Lam für die Eskalation verantwortlich

Lam steht nun zunehmend unter Druck, den Forderungen der Demokratiebewegung entgegenzukommen. Laut aktuellen Umfragen macht das Gros aller Hongkonger ihre inkompetente Führung für die eskalierende Gewalt zwischen Aktivisten und Sicherheitskräften verantwortlich.

Vor allem aber sind die Wahlergebnisse ein deutliches Zeichen der Protestbewegung an die Kommunistische Partei Festlandchinas. Peking betrachtet die Demonstranten vor allem als „Randalierer“, die von ausländischen Kräften angestachelt und finanziert werden.

Die Regierung in Peking sah sich inzwischen zu einer Stellungnahme genötigt: „Was auch immer für Dinge in Hongkong geschehen, Hongkong ist Teil des chinesischen Territoriums“, stellte der Pekinger Außenamtssprecher Wang Yi klar. „Jegliche Versuche, Hongkong zu zerstören oder Hongkongs Stabilität und Entwicklung zu schaden, können keinen Erfolg haben.“.

Auf Twitter schreibt Hu Xijin, Chefredakteur der staatlichen Zeitung Global Times: „Es bleibt zu hoffen, dass die Pan-Demokraten ihren Einfluss von nun an innerhalb der Verfassungsordnung ausweiten und ihre radikale Straßenpolitik stoppen“.

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