Die Linke bei der Wahl in Thüringen: Ramelow räumt ab
Die Linke überholt die CDU und wird bei der Landtagswahl in Thüringen zur stärksten Kraft. Aber kann Ramelow auch Ministerpräsident bleiben?
Die Partei will sich den Erfolg nicht nehmen lassen. „Wir haben einen Regierungsauftrag“, sagte Ramelow kurz nach der ersten Prognose um 18:00 Uhr. Ein Wort, das er während des Abends noch oft wieder holen sollte – so auch gegen halb neun , als er endlich bei seiner Partei eintraf, die in einem stillgelegten Güterbahnof bei Bier und Nudeln in brauner Soße feierte.
Dort wurde Bodo Ramelow wie ein Rockstar gefeiert. „Vor fünf Jahren hat man es uns nicht zugetraut“, rief Ramelow seinen jubelnden GenossInnen zu. „Und nun stehen wir hin und rocken es weiterhin.“ Und die Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow sagte: „Bähm.“ Und Ramelow: „Dass ich den Regierungsauftrag habe, das ist doch klar.“
Es war eine Premiere, als die Linke mit Bodo Ramelow 2014 zum ersten Mal den Ministerpräsidenten in einem Bundesland stellte. Die Linkspartei hatte jetzt fest mit diesem Wahlerfolg gerechnet: Bodo Ramelow hat sich als beliebtester Politiker etabliert und seit Wochen führte die Linke in den Umfragen. Die Wahl in Thüringen setzt damit auch den Trend von Sachsen und Brandenburg fort: Auch dort lagen die Parteien der Regierenden jeweils vorn.
Empfohlener externer Inhalt
Doch wie soll es nun ohne Merheit für Linke, SPD und Grüne weitergehen? Im Gespräch ist eine Minderheitsregierung. Noch während Ramelow mantraartig von Regierungsauftrag sprach, streute sein Staatskanzleichef Benjamin Hoff diesen Begriff.
„Eine Minderheitsregierung ist überhaupt kein Ausdruck von Instabilität“, sagte Hoff zur taz. Im Gegenteil: „Eine Minderheitsregierung ist ein Zeichen von Normalität in Zeiten, in denen die Parteien sich massiv verändern.“
Empfohlener externer Inhalt
Aber werden die arg gerupften Grünen und die gedemütigten Sozialdemokraten in eine solche Regierung eintreten wollen? Andreas Bausewein, Erfurts SPD-Oberbürgermeister, trinkt zwar erst mal mit den Linken Bier, anstatt seiner SPD beizustehen. „Weil hier die Stimmung besser ist.“ Eine Minderheitsregierung sieht er aber kritisch. „Das funktioniert höchstens ein Jahr“, sagte Bausewein zur taz. Eine Minderheitsregierung kann nur funktionieren, wenn einzelne Abgeordnete aus der Opposition mitspielen. Falls nicht, hieße das wohl, dass im kommenden Jahr neu gewählt würde.
Klar ist: Es wird in Thüringen nach 2014 ein zweites Experiment geben. Eine rot-rot-grüne Regierung, die ohne Mehrheit regiert. Oder eine Regierung aus Linken, Grünen und SPD mit Duldung der FDP. Oder gar ein dunkelrot-schwarzes Bündnis?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen