Dorothee Bär geht Datenschutz an: Klotz am Bein
Die Bundesbeauftragte für Digitales findet Datenschutz hinderlich für das Gesundheitswesen. Das zuständige Ressort ist anderer Ansicht.
Leider fragten die Interviewer nicht nach, warum aus Sicht der Staatsministerin – so heißen die Parlamentarischen Staatssekretäre im Kanzleramt, weil das prestigeträchtiger klingt – der Schutz der Privatsphäre den Fortschritt im Gesundheitswesen „blockiert“.
Im Bundesgesundheitsministerium wollte man sich am Sonntag nicht zu Dorothee Bärs Vorwurf äußern. Nur so viel: Begeisterungsstürme hat das Interview im Ministerium nicht ausgelöst. Die elektronische Gesundheitsakte (eGA), die bereits seit 15 Jahren in Planung ist, wird kommen. In dieser Akte sollen relevante Patienten- und Krankheitsdaten gespeichert werden, damit ein Fach- oder weiterbehandelnder Arzt Zugriff auf die Krankheitsgeschichte hat.
Derzeit läuft das neue „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ durch das parlamentarische Verfahren. Darin wird stehen, dass die Krankenkassen den Patienten bis 2021 eine solche elektronische Akte anbieten müssen – der Patient ist nicht verpflichtet, das Angebot anzunehmen.
Unter Ärzten umstritten
Fraglich ist, ob der Datenschutz das größte Hemmnis in puncto Digitalisierung ist. Immerhin werden in einer elektronischen Akte sensibelste persönliche Daten stehen. Nach derzeitiger Rechtslage können Daten nur gespeichert und weitergegeben werden, wenn der Patient zustimmt. Anbieter wie IBM betonen, dass sie selbst keinen Zugriff hätten, weil die Daten verschlüsselt gespeichert würden. Das lange Gezerre um die eGA lag in der Vergangenheit eher an Uneinigkeiten zwischen Krankenkassen, Kliniken und den Ärzteverbänden. Auch unter den Ärzten selbst ist die eGA umstritten.
In der Bundesregierung sind mehrere Fachministerien mit der Digitalisierung beschäftigt. Dazu gibt es den neuen Digitalrat. Bär, die keine Koordinierungskompetenz besitzt, dürfte mit ihrem Vorstoß auch die Absicht gehabt haben, ein sichtbares Zeichen zu setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen