Ehebruch-Klage gegen Ex-Kanzler: Gerd verkehrt, schlimm für Kim

Der Ex-Mann von Gerhard Schröders Partnerin, Kim So Yeon, verklagt den Altkanzler wegen Ehebruchs. In Südkorea hat das Skandalpotenzial.

Gerhard Schröder mit seiner Partnerin Kim So Yeon auf einer Stadiontribüne

Gerd im Glück: Lebensgefährten Schröder und Kim So Yeon bei einem Hannover-96-Spiel Foto: dpa

Ihre Liebe muss im Mai 2015 ihren Ausgang genommen haben, als Gerhard Schröder für den Gastvortrag eines Friedensforums nach Südkorea reiste. Direkt nach seiner Rede, so schildert es ein anwesender Spiegel-Reporter in einem später erschienenen Porträt, sitzt der Exkanzler im Wintergarten seines Hotels mit dem deutschen Botschafter und seiner koreanischen Übersetzerin. „Seoul is’ne grauenhafte Stadt“, soll Schröder wie aus dem Nichts heraus gesagt haben. Und dann zur Übersetzerin, Frau Kim: „Wo kommen Sie eigentlich her?“ Diese entgegnet lächelnd: „Aus Seoul.“

Mittlerweile sind Kim So Yeon und der 27 Jahre ältere Schröder ein Paar, im Herbst wollen sie heiraten. Dem Exmann von Frau Kim passt das Liebesglück der beiden jedoch gar nicht: Am Freitag verklagte er – ein Schönheitschirurg, dessen Identität geheim gehalten wird – den SPD-Altkanzler wegen einer außerehelichen Affäre auf umgerechnet 77.000 Euro. In dem Pressebericht des Seouler Familiengerichts heißt es, dass Schröder die Affäre bereits begonnen habe, während die beiden noch verheiratet waren. Dies habe ihm „seelische Qualen“ bereitet. „Unsere Ehe ist schließlich zerbrochen, und der Beschuldigte sollte für sein Handeln verantwortlich gemacht werden“, heißt es in dem Dokument.

Grundsätzlich müssen in Südkorea beide Ehepartner in die Scheidung einwilligen. Wenn dies nicht der Fall ist und der – etwa durch Fremdgehen – geschädigte Partner einem möglichen Scheidungswillen seines untreuen Partners nicht zustimmt, wird die Scheidung nicht gestattet. Dabei kann der Geschädigte auch den neuen Partner aufgrund „psychologischen Leidens“ verklagen. Im Jahr 1953 wurde Ehebruch in Südkorea per Gesetz unter Strafe gestellt. Die Regelung sollte die Frauen absichern, schließlich hatten diese kaum wirtschaftliche Verdienstmöglichkeiten. Während Männer problemlos neu heiraten konnten, galten geschiedene Frauen als Schande. Ein Wiedereintritt in die Arbeitswelt blieb ihnen verwehrt. Bis zu zwei Jahren Haft konnte für Ehebruch verhängt werden. Seit der offiziellen Zählung im Jahr 1985 wurden rund 53.000 Südkoreaner bestraft.

Mit der Zeit jedoch stützte das Gesetz vor allem das Patriarchat, da es in erster Linie Frauen traf. Die Männer gingen weiter sorglos fremd: Laut einer Studie unter 1.100 Koreanern aus dem August 2016 haben gut die Hälfte aller verheirateten Männer außereheliche Affären, bei den Frauen sind es nur knapp 10 Prozent. Ebenso erstaunlich: 40 Prozent der befragten Männer hielten Prostitution nicht für Fremdgehen.

Im Jahr 2015 schließlich wurde das Gesetz aufgehoben. „Auch wenn Ehebruch als unmoralisch verurteilt werden sollte, hat der Staat nicht über das Privatleben des Einzelnen zu bestimmen“, begründete das Gericht damals. In internationalen Medien wurde süffisant hervorgehoben, dass die Aktien eines koreanischen Kondomherstellers keine halbe Stunde nach der Gerichtsentscheidung nach oben geschnellt sind. Und eine amerikanische Seitensprung-Webseite, die sich vornehmlich an ein verheiratetes Zielpublikum richtet, erhielt in der Folgewoche rund 100.000 Neuanmeldungen – vorwiegend von Frauen. Noch immer gilt Südkorea in Bezug auf Geschlechterrollen als äußerst konservativ, im Gender Equality Index rangiert es lediglich auf dem 118. Platz.

Insofern hat das Paar Kim/Schröder in der südkoreanischen Öffentlichkeit durchaus Skandalpotenzial, wie auch aus der überschaubaren deutschen Community in Seoul zu vernehmen ist. Der Leiter einer deutschen Zweigstelle berichtet, dass eine seiner koreanischen Mitarbeiterinnen, die Frau Kim entfernt kennt, bei der Nachricht über Schröders neue Beziehung fast in Ohnmacht gefallen sei. „Ich habe wirklich überlegt, den Krankenwagen zu rufen, so verdutzt war ich“, sagt der Geschäftsmann, der anonym bleiben möchte. Für die Mitarbeiterin brach eine moralische Welt zusammen: Wie kann eine Frau Kind und Familie verlassen?

Im Falle der Schmerzensgeldforderung gegen Schröder meldete sich dessen Verlobte Kim So Yeon in einer Stellungnahme direkt zu Wort: Demnach hätten sie und ihr früher Ehemann schon lange getrennt gelebt. Für das Scheitern der Ehe sei Gerhard Schröder nicht verantwortlich. Zudem werde das gesamte Vermögen des einstigen Paares an ihren Exmann übertragen, heißt es. Über Kim So Yeon weiß man, dass die 48-Jährige in Marburg Germanistik studiert hat. Später arbeitete sie als Dolmetscherin in Seoul. Seit Juli 2011 war sie vertraglich für NRW.Invest tätig, der Auslandswirtschaftsförderung Nordrhein-Westfalens. In dieser Tätigkeit wurde sie wegen eines Interessenkonflikts abgemahnt, da sie mit ihrer E-Mail-Adresse von NRW.Invest Südkoreabesuche von Schröder vorbereitet hatte.

Südkoreanische Medien feiern Schröder für die Agenda 2010 als Antipol zu egoistischen und korrupten Politikern

Auch in den Internetforen der großen Tageszeitungen wird die Beziehung zwischen Schröder und Kim recht offenherzig diskutiert. „Auch wenn Liebe keine Grenzen kennt: 27 Jahre Altersunterschied sind doch unnatürlich. Schröder wird in wenigen Jahren 80. Wieso bleiben sie nicht einfach gute Freunde?“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer: „Nur die mutigen Männer kriegen die schönen Frauen.“ Schröder hat sich online mit „Herr der Ringe“ einen Spitznamen eingehandelt.

„Bei dem Gedanken muss ich weinen“

Dennoch genießt der gebürtige Hannoveraner in Südkorea einen ausgezeichneten Ruf, er wird vor allem für seine Agenda 2010 als eine Art politischer Märtyrer stilisiert: Selbstlos habe er sich für das Wohl des Landes geopfert. Sein Reformvorhaben habe er in dem Wissen auf den Weg gebracht, dass es seine Kanzlerschaft schließlich beenden werde. Damit feiern ihn viele koreanische Medien als Antipol zu den hiesigen Politikern, die oft als egoistisch, korrupt und nicht kompromissfähig gezeichnet werden. Schröders fragwürdige Freundschaften mit Autokraten werden hingegen kaum thematisiert.

Ganz besonders großes Medienecho erhielt sein Besuch im Haus des Teilens im September 2017. Dort wohnen überlebende Zwangsprostituierte der kaiserlichen Armee Japans aus dem Zweiten Weltkrieg. Japan hatte die koreanische Halbinsel während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kolonialisiert, fast schon obsessiv halten die Südkoreaner die vergangenen Traumata in Erinnerung. Die Deutschen werden dabei oft als „Vorzeigevolk“ instrumentalisiert. Die Botschaft lautet: Während Deutschland seine Vergangenheit als Tätervolk aufgearbeitet hat, hat sich Japan nie wirklich mit seiner dunklen Historie auseinandergesetzt. „Bei dem Gedanken an den Schmerz der Frauen muss ich weinen“, schrieb Schröder ins Gästebuch des Seniorenheims. Später verglich er deren Leiden mit dem Holocaust – die südkoreanischen Tageszeitungen zeigten sich unisono gerührt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.