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Autorin über Rassismuskritik„Mit Anfängern rede ich nicht mehr“

Mit „Deutschland Schwarz Weiß“ schrieb Noah Sow ein Standardwerk. Ein Gespräch über den Diskurswandel der letzten zehn Jahre.

Autorin Noah Sow hält nichts davon, in rassismuskritischer Arbeit Harmlosigkeit zu signalisieren Foto: anatol kotte

taz: Frau Sow, 2008 ist Ihr Buch „Deutschland Schwarz Weiß“ erstmals erschienen. Inzwischen sehen es viele als deutsches Standardwerk zum Thema struktureller Rassismus. Wie wurde es damals aufgenommen?

Noah Sow: Das Feedback, das mich dazu erreicht, hat nach wie vor im Großen und Ganzen zwei Varianten: einige, die Gesprächsbedarf über ihr Leben und ihre Einstellung zum gesellschaftlichen Leben haben, und andere, die einfach nur mal danke sagen wollen. Anfangs empörten sich noch mehr Leute mir gegenüber. Auch vor zehn Jahren wurde in der Analyse von Rassismus im öffentlichen Diskurs um das Weißsein herumgeredet, um weiße Befindlichkeiten zu verschonen, sogar noch mehr als das heute der Fall ist. Nicht alle haben mein Buch gut verkraftet.

Wie hat sich der rassismuskritische Diskurs seitdem gewandelt?

Er hat sich insofern gewandelt, als dass wir, die von Rassismus negativ betroffen sind, inzwischen ein gutes Vokabular haben, unsere Erlebnisse und Politiken auszudrücken. Und es hat sich auch herumgesprochen inzwischen, dass in der Antirassismusarbeit gut gemeint nicht dasselbe ist wie gut gemacht. Außerdem scheint es immer mehr Menschen zu geben aus allen möglichen Positioniertheiten, die es geschafft haben, aus der Dauerschleife „hier geht es um mein Selbstbild“ herauszukommen, und die viel lernen und mitbewegen.

Dort hinzukommen fällt ja schwer, solange man in Abwehrdiskursen verstrickt ist. Und was mich besonders freut: dieser ganz naive und gleichzeitig freche Typus– die, die denken, sie könnten gar nicht rassistisch sein, weil sie in Afrika oder auf der Waldorfschule waren, Schwarze Familienangehörige haben oder die Grünen wählen – poltert inzwischen gefühlt nicht mehr ganz so laut, dreist und ahnungslos herum.

Welche Rolle hat Ihr Buch darin gespielt, Theorien wie Critical Whiteness aus der Akademie in den weniger wissenschaftsbezogenen Alltag zu holen?

Im Interview: Noah Sow

Die Person: Noah Sow, geboren 1974, ist Autorin, Künstlerin, Musikerin, Dozentin, Aktivistin und Mitbegründerin der media-watch Organisation „der braune mob“. 2001 war sie Jurymitglied in der zweiten Staffel der Casting-Show Popstars, stieg jedoch frühzeitig aus. Mit ihrem Bandprojekt Noisaux veröffentlichte sie zwei Alben auf ihrem eigenen Plattenlabel Jeanne Dark Records.

Das Werk: „Deutschland Schwarz Weiß“ erschien erstmals 2008 bei C. Bertelsmann. Es folgten mehrere Taschenbuchausgaben. Nun erscheint das Buch in aktualisierter Neufassung im Eigenverlag.

Ich versuche eigentlich, mich von den herkömmlichen Akademien und Gesellschaftswissenschaften möglichst fern zu halten, weil die nämlich im Moment genau das Gegenteil machen: Erlebtes, verfasstes Wissen in einen Betrieb reinzubringen, in dem die Konsequenzen höchstens freiwillig sind. Befreiungswissen ist eine harte, existenzielle Verhandlung einer Gruppe, der bestimmte Rechte strukturell verwehrt werden. Wenn der Malte das an der Uni studiert und danach Chef im Antidiskriminierungsbüro wird, lief was falsch.

Nun haben Sie eine Neufassung veröffentlicht. Was ist in dieser Version neu?

Gegenüber bisheriger Printfassungen habe ich viele Änderungen und Ergänzungen vorgenommen. Zum Beispiel musste ich auf den medialen Backlash der sogenannten „Flüchtlingswelle“ eingehen. Weitere Updates sind u. a. beim Begriff „PoC“, in „Was ist Rassismus?“, „Das N-Wort“, „Weiße Eltern und Schwarze Kinder“, „Offene und getarnte rassistische Strategien“, „Institution Schule“, „Ethno-Lexikon“ und einigen Kapiteln mehr. Und ich habe ableistische diskriminierende Inhalte, die von mir selbst stammten, ersetzt, soweit ich sie identifiziert habe. Und endlich hat das Buch den Gender gap.

Damals erschien Ihr Buch bei C. Bertelsmann, nun im Eigenverlag. Was heißt das für Sie?

Die letzten Auflagen waren bei Goldmann erschienen. C. Bertelsmann hat das Projekt initial gemacht, wofür ich ihnen immer noch dankbar bin. Wer weiß an wen ich sonst geraten wäre. Und Goldmann hat danach die Taschenbuchrechte für Folgeauflagen erworben, weshalb ich mit denen jedes Mal diskutieren musste, wenn ich was ändern wollte. Das ist bei den Themen schon schmerzhaft.

In Zukunft kann ich theoretisch alles sofort ändern, worin auch eine Gefahr liegen kann, aber ich denke nicht, dass ich nachts um 12 direkt spontan hektisch neue Satzdateien erstellen werde, die ich dann am nächsten Tag bereue.

Vielen wäre es bestimmt lieber, das Buch wäre trockener, damit es sie emotional nicht so verwirrt

Viele Ihrer Texte haben eine humorvolle Ebene. Braucht es diese, um Debatten über Rassismus auch außerhalb negativ betroffener Communities fortzuführen?

Ich brauche Humor vor allem für die Debatte innerhalb unserer Communities und zugegeben auch zu meinem eigenen Überleben. Es stimmt, dass viele weiße Menschen entertaint werden wollen, um sich mit Rassismus freiwillig zu beschäftigen. Da ist das Praktische an „Deutschland Schwarz Weiß“, dass die Witze alle auf ihre Kosten gehen. Das war glaube ich damals der Tabubruch. Vielen wäre es bestimmt lieber, das Buch wäre trockener, damit es sie emotional nicht so verwirrt.

Übrigens halte ich nach wie vor überhaupt nichts von dem unempowerten Ansatz, in rassismuskritischer Arbeit Harmlosigkeitssignale auszusenden. Mein Humor ist gottlob alles andere als harmlos.

Wie schätzen Sie die Transferleistung US-amerikanischer Rassismusforschung in Deutschland ein?

Was die universitäre Forschung angeht: Der Transfer klappt nicht halb so gut wie es auf den ersten Blick scheint, weil vieles daran sogar dazu geeignet ist, unsere eigenen Diskurse zu verdecken oder zu überlagern. Und weil in den deutschen Hochschulen nicht einmal im Ansatz genügend qualifiziertes Personal vorhanden ist, diese Lehre verantwortungsvoll und differenziert, ohne grobe Verzerrungen, zu behandeln.

Was alles außerhalb der Unis angeht, dort gibt es viele fruchtbare Dialoge und im Moment ist die Aufgabe der Schwarzen deutschen Diskurse, sich von den US-amerikanischen und britischen zu emanzipieren. Wir können vieles gemeinsam machen und denken, aber nicht alles, und das Verhältnis muss auch stimmen.

Sie erklären in einem Kapitel, warum es keinen Rassismus gegen weiße Menschen gibt. Bekommen Sie den Vorwurf dennoch oft zu hören?

Mit Anfängern rede ich schon länger nicht mehr und kann das als performativ-didaktische Maßnahme allen nur total empfehlen. Bevor jetzt einige „überheblich“ schreien: Von Gesprächen, in denen ich zusätzlich zum Thema erst mal meine Subjektposition mitverhandeln müsste, habe ich wirklich nichts. Wer das noch nie erlebt hat, denkt bitte erst mal darüber nach.

Rassismus ist auch, „arrogant“ genannt zu werden, wenn man sich nicht erniedrigen lassen will, oder dass das Schaffen sicherer Räume als „separatistisch“ angesehen wird.

Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen gibt es nicht nur von der weißen Mehrheitsgesellschaft, sondern auch durch People of Color – auch wenn es viele coole antirassistische Allianzen gibt. Die Schwarz-Weiß-Einteilung geht in diesem Fall nicht auf.

Das wird in „Deutschland Schwarz Weiß“ seit jeher an mehreren Stellen konkret behandelt, u. a. in „Wer ist Schwarz und wer ist weiß?“. Es ist wichtig, nicht in die Falle zu tappen, dass Rassismus ein Charaktermerkmal sei und es darauf ankäme, wer die Bösen sind. Davon, das herausgefunden zu haben, habe ich ja noch nichts. Viele verwechseln auch die Schuldfrage mit der strukturellen Verantwortung.

Rassistisch ist, wenn das Ergebnis zur strukturellen Benachteiligung führt. Einfacher verständlich wird es, wenn wir fragen: „Wem wird dadurch geholfen/wer wird dadurch bevorzugt?“ Darauf müsste dann meiner Meinung nach folgen: „Wie kann ich mithelfen, das auszugleichen?“

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34 Kommentare

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  • Hmm, im Sinne einer universellen Betrachtung ist die eigene Subjektposition immer nur ein Baustein, der in den ganzen Topf kommt.

    Als subjektive Betrachtung kann sie höchsten ein Ausgangspunkt einer Debatte sein, nie jedoch Ziel.

  • Mit welcher Anstrengung Antirassisten es doch immer wieder schaffen, festzustellen, daß weiße, alte Männer Rassisten sind.

  • Vielleicht muss man den Diskurs über Rassismus noch mal ganz von vorne beginnen, denn schon seine Grundannahmen sind falsch und alles dreht sich im Kreis. Der Begriff impliziert, dass es menschliche Rassen gibt, dem ist aber nicht so. Biologisch gesehen gibt es keine menschlichen Rassen. Es gibt nur biologistische Rassentheorien, die im letzten und vorletzten Jahrhundert - hauptsächlich von "weissen" Männern geäussert - ihre Blütezeit hatten und aufgrund von äusserlichen Merkmalen Menschen nicht nur in "Rassen" unterteilten, sondern ihnen auch noch "rassenspezifische" Kultur- und Verhaltensweisen unterstellten. Die Rasse als soziales Kriterium hat bisher die Biologie unbeschadet überlebt. Die Farbe Schwarz oder Weiss, die bestimmt keine menschliche Haut auf dieser Welt hat, ist auch im 21. Jahrhundert noch Grundlage für das was Rassismus genannt wird, aber auch für seine Gegenbewegung. Das macht die Welt schön einfach: Schwarz und weiss , gut und böse, falsch und richtig, benachteiligt und bevorzugt, usw, usw. Jeder und jede kann sein Herrenmenschendenken, seine Vorurteile, sein mangelndes Selbstwertgefühl, seine Überlegenheitsgefühle, sein Nichtwissen, seine Opferrolle, seinen Hass, seine Naivität, seine Engstirnigkeit, seine Schuldgefühle und seine Arroganz weiter pflegen, aber Rassismus, Anti-Semitismus, Anti-Islamismus und andere Anti-Ismen sind ein komplexes Gemenge. Im Notfall jedoch, wenn es schwierig wird, wirft man dem Gegenüber einfach Rassismus oder einen anderen Anti-Ismus vor und hat gewonnen. Nichts hat sich bewegt, kein Benachteiligter hat profitiert und kein Vorurteil ist entkräftet, aber das Weltbild stimmt wieder. Vielleicht war ja der Malte doch die richtige Wahl für die Chefposition im Antidiskriminierungsbüro, denn wer kennt schon seine Sozialisation, seine Biografie, seine Lebenserfahrung oder seine Hautfarbe?

  • "Ja, aber inzwischen weiß ich, daß ich ein altes, verwöhntes Kind bin, das den Luxus genießt, der Mittelpunkt seiner eigenen artifiziellen Welt zu sein."

     

    Diese Erkenntnis von Karl Lagerfeld steht Frau Sow wohl noch bevor. Sie wirkt auf mich weniger arrogant als vielmehr erschreckend egozentrisch.

  • Wenn es nicht gegen die Meinungsfreiheit verstieße, würde ich vorschlagen, das "Mitverhandeln von Subjektpositionen" ganz generell, bei jedem Thema und allen Seiten, gleich welchen Geschlechts und welcher Hautfarbe, zu untersagen, damit nach dem Abtragen des identitätspolitischen Schutts auch wieder alle etwas von Diskussionen hätten.

  • "Anfänger" und Fortgeschrittene. Naja. Die Denke erinnert eher an Scientology, sie selbst ist dann wohl der operierende Tetan. Hier wird eine durch keinerlei Fakten gedeckte Verkündungslehre durchgezogen.

     

    Rassismus gegen Weiße gibt es durchaus. Übrigens zu geschätzt 90% gegen weiße Frauen. Dass sie das nicht registriert, finde ich erstaunlich.

    Vermutlich reden die Männer der einschlägigen Klientel mit ihr nicht darüber. Fehlendes Wissen ersetzt die Fakten.

    • @el presidente:

      Nein, Rassismus gegen weiße Frauen gibt es nicht. Rassismus ist über Jahrhunderte gewachsen, das lässt sich nicht einfach umdrehen. Natürlich gibt es Diskriminierung von (weißen) Frauen, das ist dann aber Sexismus, wenn sie die Diskriminierung erfahren weil sie weiblich sind. Oder eine andere Form der Diskriminierung aufgrund ihres Alters, ihrer Religionszugehörigkeit oder ihrer Sexualität.

  • Eine Empfehlung an alle, die hier was nicht verstehen. Lesen Sie das Buch. Es hat mir die Augen geöffnet. Danke dafür.

    • @kano:

      Nuja, das Interview ist jetzt nicht grade ne Kaufempfehlung und Noah Sow auch nicht der einzige Mensch, wo sich über strukturelle und die im Alltag meist unbewußt/unbeabsichtigt verwendete Diskriminierung von Nichtmehrheitsgesellschaftsangehörigen schriftlich ausgelassen hat ;).

      Gibt ja auch positiven Rassismus ("Exotenbonus"), von dem die Autorin/Moderatorin/Sängerin wohl auch profitiert(e), also sowas wie "nur Schwarze haben den Soul (als Musikrichtung) im Blut".

      • @Hugo:

        Rassismus ist nicht positiv, auch wenn er gut gemeint ist und mit einem vermeintlichen Kompliment daher kommt. Davon dass jemand angeblich „Musik im Blut“ hat, kann derjenige sich nichts kaufen und die Nachteile die man durch Rassismus erfährt auch nicht ausgleichen. Meistens gehen solche „Komplimente“ auch mit dem Denkmuster einher, dass es „exotisch“ ist, was bedeutet: nicht von hier sondern von weit weg. Was aber ist bitte an einem Schwarzen Menschen, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, exotisch?

    • @kano:

      Willkommen im Schoße der Ideologie.

  • Ich habe das Recht, alles und jeden zu kritisieren. Und wenn sie das nicht hören will, auch gut.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ich versuche es mal zu übersetzen, ich ignoriere meinen Gegenüber (performativ) um mich nicht mit den Argumenten der Gegenseite auseinandersetzen zu müssen (didaktisch) weil ich keine Argumente habe bzw. die eigene These zu 90% auf nicht belegten Behauptungen basiert (Maßnahme).

    Die Idee es können keinen Rassismus von schwarz gegen weiß geben geht auf eine Definition von Rassismus zurück der Machtverhältnisse voraussetzt. D.h. der "machtlose" Schwarze kann einen "mächtigen" Weißen nicht rassistisch beleidigen.

    Das ist für mich die Krux an dieser Argumentationskette, Macht wird von Rasse definiert aber nicht ausschließlich noch nicht mal hauptsächlich, sozioökonomische Faktoren überwiegen (und haben in allen Gesellschaften überwogen). In Simbabwe können Schwarze gegen weiße rassistisch sein, wer hier nicht differenziert drückt Ignoranz aus.

    Die gleiche Ignoranz hat den USA Trump beschert. Wir sollten intelligenter sein und differenzierter diskutieren.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Eine weitere Schwäche der Idee des machtbedingten Rassismus ist das sie überhaupt erst im Kontext von Institutionen oder größeren Gruppen funktioniert. Wenn sich zwei fremde Menschen begegnen dann verläuft das Machtgefälle nämlich im Zweifelsfall entlang der körperlichen Stärke und nicht entlang der Hautfarbe. Das führt in eine Situation in der Rassismus keine Ideologie mehr ist, sondern eher eine situationsabhängiger Zustand. Die Frage wer ein Rassist ist kann im Grunde garnicht mehr beantwortet werden. Ist Hengameh eine Rassistin, wenn sie nach Simbabwe reist und Weiße dort immer noch scheiße findet? Oder legt sie dann ihren Rassismus beim Grenzübertritt wieder ab?

  • Ich habe erst diesen Artikel, dann zufällig gleich anschließend das Interview des Anti-Sklaverei-Aktivisten aus Mali gelesen.

     

    Kein Zweifel, auch in Deutschland gibt es Rassismus.

     

    Wenn man die reale Sklaverei in Mali der privilegierten Situation von Frau Sow gegenüberstellt, die sich aussuchen kann, mit wem sie redet, die Bücher veröffentlicht, Sprache als soziale Dominanzgeste verwenden kann, fürs Fernsehen engagiert wird und es sich leisten kann, aus der Sendung wieder auszusteigen, dann wird deutlich, auf welchem hohem Niveau Frau Sow hier ihre Kritik übt.

    • @rero:

      Jetzt weiß ich nicht mehr von welchem schlauen Menschen ich das her habe, aber es könnte eine Erklärung sein:

       

      Wenn Ungleichheit sehr groß und in der Gesellschaft zementiert ist, erscheint Diskriminierung den Menschen als selbstverständlich und schon fast Naturgegeben; auch dem Unterdrückten.

       

      Je weiter jedoch alle toleriert werden und die Diskriminierung abnimmt, desto mehr nehmen Menschen schon kleinste (tatsächlichen oder nur eingebildeten) Diskriminierungen war und werden als Ungerecht empfunden. Da zudem nun alle offen gegen Diskriminierung vorgehen können das sie bereits gleichberechtigt sind (Der Sklave in Mali hat sicher nur sehr begrenzte Möglichkeiten) werden sehr viele Menschen gegen sehr kleine Unterschiede sehr laut vorgehen.

  • Ich habe alles verstanden. Alles. Fazit: Bullshit.

  • “Mit Anfängern rede ich schon länger nicht mehr und kann das als performativ-didaktische Maßnahme allen nur total empfehlen”

     

    Ja Frau Sow's Humor ist echt unterhaltsam. Mit Anfängern sind wohl Menschen gemeint, welche bei Rassismus an die gängige Definition Denken, also: “Rassismus ist wenn jemand auf Basis seiner Hautfarbe oder Herkunft diskriminiert wird.” und nicht “Rasssismus ist es nur dann, wenn man aus einer "Machtposition" heraus handelt!”, wie man es hier so gerne formuliert.

     

    Oder anders gesagt: Frau Sow redet nur noch mit Menschen, die ihre Dogmen bereits geschluckt haben. Das ist angesichts ihrer Argumente vermutlich auch das beste Mittel das ihr zur Verfügung steht.

     

    “Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen gibt es nicht nur von der weißen Mehrheitsgesellschaft, sondern auch durch People of Color”

     

    Nur um es schonmal vorwegzunehmen. Man wird vermutlich in absehbarer Zeit versuchen einen Ersatzbegriff für den klassischen Rassismus-Begriff zu finden. In den USA versucht man das Wort “Colorism” einzuführen. Glücklicherweise ohne großen Erfolg.

     

    Weiterhin ist es sehr interessant wie sehr sich das linke Konstrukt der "People of Color" und das rechte Konstrukt von "Whiteness" ähneln. Beide beschreiben scheinbar klar definierte Gruppen aber bei genauerem hinsehen ist es dann doch nicht so. Jemand der weiß aber ein Jude ist kann eine PoC sein, jemand der Asiatisch ist und sich stark angepasst hat kann von rechten auch als "White" akzeptiert werden. Anders herum kann der Status einer PoC einem Schwarzen auch aberkannt werden oder der Status als "White" einer weißen Person auch aberkannt werden, wenn man sich nicht "angemessen" verhält.

    Konservative Schwarze werden in den USA von liberalen gerne mal als Onkel Tom oder Hausn***er beschimpft. Mit linken Weißen ist es unter Rechten ähnlich.

  • Ich hab den Text noch nicht so wirklich verstanden. Eventuell lese ich das Ganze morgen noch mal durch, eventuell auch nicht.

  • Ja bitte für wen soll der ganze lange Anlauf sein ?

    Der letzte Absatz reicht völlig aus : "Rassistisch ist, wenn das Ergebnis zur strukturellen Benachteiligung führt. Einfacher verständlich wird es, wenn wir fragen: „Wem wird dadurch geholfen/wer wird dadurch bevorzugt?“ Da fällt mir z.B. der Neo"liberalismus" und die "Gobalisierung" ein. Wordings für strukturelle wirtschaftliche Dominanz mit , unter vielen anderen , dem Mittel der Gewalt . Landgrabbing.Org.Kriminalität , Großgrundbesitzer und Konzerne unisono mit Politik und Justiz , national und international. Incl. tausenden Toten jeden Tag. Man kann sich kürzer fassen mit dem Wort Kolonialismus . Der hat nie aufgehört. Schönstes aktuelles Beispiel: Der "Friedensprozeß in Kolumbien".Die übliche neo"liberale"/koloniale Gewalt , eine Friedens-Farce , unter Augen der int.Öffentlichkeit , jedoch mit dem Schweigen der MSM flankiert . Eyes wide shut zu dortigen "Medien"(gerade das Gegenteil von friedensbegleitend, ob staatlich oder privat- , kommt einem hier bekannt vor) , Politik , Konzernen und Großgrundbesitzern , die sich die ehemaligen Rebellengebiete zur Filetierung/Ausbeutung der Ressourcen schon "zurecht gelegt" haben und bereits aktiv geworden sind. das darüber nicht berichtet wird ist Rassismus . Kolonial-Rassismus.

    Die Autorin :Darauf müsste dann meiner Meinung nach folgen: „Wie kann ich mithelfen, das auszugleichen?“

    Nicht so viel theoretisches Geschwurbel sondern faktischen Rassismus/sozialen Rassismus benennen. Und die Protagonisten , die wirklich mächtigen , angehen. Und keine monatelangen scheinbar intellektuelle Scheindebatten führen, die nur der Ablenkung und dem Empörungsmanagement dienen. Das war alles schon mal da und hat wohl seine Funktion . Die Funktion eines lähmenden Klein-Klein um die 1000%ig richtige Definition von irgend einem Begriff. Solche "Wissenschaftler" und Artikel braucht kein Mensch. Pardon , meine Meinung.

    • @DiogenesGreece:

      Ich schließe mich Ihrer Meinung voll an.

  • Der Artikel strömt eine Arroganz aus. Es wird klar, jede andere Meinung wird als rassistisch bezeichnet. Das ist vielleicht gut für das eigene Ego, gut für die Wagenburgmentalität - aber schlecht für jede konstruktive Diskussion. Dazu passt auch der Titel "mit Anfängern rede ich nicht mehr".

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • "Critical Whiteness" ist ein Angloamerikanischer identitärer Kult in der Tradition der christlichen Erweckungsbewegungen, der sich um die Topoi Schuld, Abbitte, Auserwähltheit sowie um die ungesunde amerikanische Besessenheit Hautfarben als sozialer Marker dreht. Braucht kein Mensch.

    • @El-ahrairah:

      Perfekt auf den Punkt, wie so oft.

       

      Genau. Das christliche, puritanische Element ist ein entscheidendes Ding in diesen ganzen postmodernen US-amerikanischen Polittrends. Wird viel zu wenig beachtet & thematisiert.

       

      Vielleicht nicht von ungefähr, dass grundsätzliche Religionskritik so ins Hintertreffen geraten ist. Bzw. mehr noch, dass sie sich so easy mit Rassismusverdacht belegen und aushebeln lässt.

      • @Ruhig Blut:

        Neokonservativer Rollback. Kristol et al.

        • @El-ahrairah:

          Kannte den Typen nicht. Danke.

  • Also ich habe darüber jetzt 10 Minuten nachgedacht, aber ich verstehe folgenden Absatz leider trotzdem nicht:

    "Mit Anfängern rede ich schon länger nicht mehr und kann das als performativ-didaktische Maßnahme allen nur total empfehlen. Bevor jetzt einige „überheblich“ schreien: Von Gesprächen, in denen ich zusätzlich zum Thema erst mal meine Subjektposition mitverhandeln müsste, habe ich wirklich nichts. Wer das noch nie erlebt hat, denkt bitte erst mal darüber nach."

     

    Ich verstehe einfach schlicht nicht, was "performativ-didaktische Maßnahme[n]" sind oder wie man eine "Subjektposition mitverhandel[t]", da bin ich leider nicht akademisch genug für. Das soll keine Kritik sein, natürlich darf man auch intellektuelle Bücher schreiben für ein spezielles Publikum, aber ich glaube die breite Masse versteht das einfach rein geistig nicht.

     

    Ich werde mir das Buch dennoch kaufen und hoffe, dass ich mit den längeren Erläuterungen dann mehr anfangen kann.

    • @Dubiosos:

      Eine bekannte Suchmaschine macht mich privilegierten "weißen" Hetero-CIS-Mann auch nicht schlauer. Werde dann wohl auf meinem hohen Roß zwangsweise weiterverweilen müssen...

       

      Im Ernst@taz-Mitarbeiter*innen, hat wer (außer der Fragenden) das Interview gegengelesen und komplett kapiert?

    • @Dubiosos:

      Ich kann auch nur Vermutungen anstellen:

      1. performativ-didkatische Maßnahme: Wenn Sie jemandem sagen, seine Meinung sei so abwegig, dass Sie die gar nicht diskutieren wollen, so haben Sie performativ (durch Ihr Handeln, nicht durch Argumente) die Postion abgelehnt und beim Gegenüber eine solche Irritation ausgelöst, dass er seine Position vielleicht noch mal überdenkt. (didaktischer Anteil)

       

      2. Subjektspostion mitverhandeln:

      Finde ich auch unklar: Möglicherweise meint es nur 'Check your privilege'. Als Weißer in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft kann ich nicht auf die gleiche Art vom Rassismus betroffen sein wie Nicht-Weiße. Das auf persönlicher Ebene zu bedenken und bei der weiteren Argumentation mit zu beachten, könnte hier gemeint sein. Vielleicht aber auch noch etwas viel klügeres.

      3. Auch Akademiker kochen nur mit Wasser und gerade an der Uni wünscht man so manchem ein Fremdwörterlexikon.

       

      Schönes Wochenende!

      • @pitpit pat:

        Sehr schön, ich denke, das trifft es gut. Danke.

         

        Und @Hugo: Das Interview führte Heng. 'Nuff said.

        • @DerFrank:

          Jo, bin ja nicht blöde, Lektorieren durch eine*n Dritte*n bedeutet auch, das Allgemeinverständnis herzustellen ;).

          • @Hugo:

            Ja aber genau darum geht's ja - Madame möchte sich ja nicht mehr erklären müssen. Das Nicht-Lektorieren überträgt diese Haltung auf die Metaebene des Interviews - performativ-didaktisch sozusagen ;-)

            • @DerFrank:

              Achso, ich weiß, die Erde ist ne Scheibe weil ich das bei Terry Pratchett gelesen hab und jedem*r anderen wo was anderes behauptet, knall ich erstmal die Bücherliste mit dem seinen Werken vor und rede danach eventuell mit dem Menschen wie das im Detail so ist mit der Scheibenwelt, so als Metaebene.

              Da bleib ich doch lieber auf meinem Schimmel sitzen.

               

              Im Ernst; ist es das, wo bei den Amis "weiße" Kinder in teure Privatschulen geschickt werden und gegenüber ihren "POC"-Mitschülern wie Scheiße behandelt werden damit die ja nie auf dumme Gedanken kommen und sich für was besseres halten könnten?!?

              Tschuldigung@die Interviewpartner*innen, das ist mir echt zu blöd...

  • Mit jemandem, der mich per se als Rassisten bezeichnen möchte oder mir Rassismus unterstellt, weil ... ja weil ich ein Weißer bin .... mit dem rede ich auch nicht gerne.

     

    Trotzdem ist mir das Anliegen der Autorin nicht so recht klar. Da beklagt sich jemand und merkt gar nicht, dass statt schwarz-weiß auch dick-dünn, arm-reich, Stadt-Land, faul-fleissig , alt-jung zu ähnlichen Argumentationsketten führen kann. Aber wahrscheinlich leugne ich nur die Probleme ...