Unabhängigkeit Kataloniens: „Nur eine Frage von Tagen“

Der Regionalpräsident kündigt an, die Region in Kürze für unabhängig zu erklären. König Felipe sieht die Stabilität Spaniens gefährdet.

Eine Frau hält die Fahne Kataloniens in den Händen und schreit. Hinter hier ist eine Menschenmenge zu sehen

Die Demonstranten protestieren lautstark Foto: dpa

BARCELONA afp | Nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien spitzt sich der Konflikt zwischen Barcelona und Madrid immer weiter zu: Kataloniens Regionalpräsident Carles Puigdemont kündigte an, womöglich noch diese Woche die Unabhängigkeit von Spanien zu erklären. Spaniens König Felipe VI. warf der Regionalregierung vor, die Stabilität Spaniens zu gefährden. In Barcelona demonstrierten am Dienstagabend 700.000 Menschen gegen die Polizeigewalt bei dem Referendum.

Puigdemont sagte dem britischen Rundfunksender BBC in einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview, die offizielle Loslösung Kataloniens von Spanien sei nur „eine Frage von Tagen“. Sobald das vollständige Ergebnis des Referendums vorliege, werde Katalonien binnen 48 Stunden die Unabhängigkeit ausrufen. Voraussichtlich bis zum Ende der Woche würden noch Stimmen aus dem Ausland ausgezählt. „Wir werden also Ende dieser Woche oder Anfang kommender Woche handeln“, sagte Puigdemont.

Wenige Stunden zuvor hatte sich auch Spaniens König erstmals in den Konflikt eingeschaltet – und scharfe Vorwürfe gegen die Regionalregierung in Barcelona gerichtet. Mit ihrem „unverantwortlichen Verhalten“ bringe sie die wirtschaftliche und soziale Stabilität Kataloniens und ganz Spaniens in Gefahr, sagte Felipe VI. am Dienstagabend in einer Fernsehansprache.

Angesichts dieser Situation „von extremer Tragweite“ sei es die Pflicht der „legitimen“ Staatsführung, „die verfassungsmäßige Ordnung und das normale Funktionieren der Institutionen sicherzustellen“, sagte der König, der vor dem Referendum eher moderate Töne angeschlagen hatte. Die führenden katalanischen Politiker hätten sich mit ihrem Verhalten „außerhalb von Recht und Demokratie“ gestellt, sagte er nun.

Am Sonntag hatten die Katalanen trotz klarer Warnungen der Regierung in Madrid ein Referendum über die Unabhängigkeit der wohlhabenden Region im Nordosten Spaniens abgehalten. 90 Prozent der Wähler stimmten nach Angaben der Regionalregierung für die Loslösung von Spanien. Die Wahlbeteiligung lag demnach aber nur bei 42 Prozent. Welche Konsequenzen die Abstimmung haben wird, ist derzeit völlig offen.

700.000 Menschen demonstrieren gegen die „Besatzungskräfte“

Die spanische Polizei war massiv gegen das vom spanischen Verfassungsgericht als rechtswidrig eingestufte Referendum vorgegangen. Polizisten schlossen Wahllokale, beschlagnahmten Abstimmungsunterlagen und hinderten Menschen mit Schlagstöcken und Gummigeschossen an der Stimmabgabe.

Nach katalanischen Angaben mussten sich nach der Polizeigewalt mehr als 840 Menschen ärztlich behandeln lassen. Am Dienstag fand in Katalonien ein Generalstreik statt, um gegen den von Madrid angeordneten Polizeieinsatz zu demonstrieren. Bei mehreren Kundgebungen in Barcelona strömten nach Angaben der städtischen Polizei vom Abend etwa 700.000 Menschen zusammen. Die Demonstranten forderten unter anderem den Abzug der spanischen Polizeikräfte, die sie in Sprechchören als „Besatzungskräfte“ kritisierten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.