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„White Supremacists“ in den USAWeißisten, Überlegenheitler, Neonazis

Wie nennt man die Menschen, die in Charlottesville ihr Überlegenheitsdenken zur Schau gestellt haben? Die Übersetzung bereitet Schwierigkeiten.

Glauben auch an ihre Überlegenheit: Mitglieder des Ku-Klux-Klans Foto: reuters

Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Charlottesville, Virginia, wird in den US-amerikanischen Medien das Verhalten der „White Supremacists“ auseinandergenommen. Das stellt deutsche JournalistInnen und alle anderen, die über dieses Thema diskutieren, vor Schwierigkeiten. Eine richtig passende Bezeichnung für die Menschen dieser Gesinnung gibt es im Deutschen nicht. Der Begriff „White Supremacy“ wurde im Rahmen der postkolonialen Theorie in den 1980er und 1990er Jahren geprägt. Seit 2016 wird er zunehmend auch von linken AktivistInnen in den USA benutzt.

„White Supremacy“ verweist auf eine ganz spezifische Form von Rassismus, die insbesondere im Kolonialismus, im Nationalsozialismus und während der Apartheid in Südafrika bestimmend war. Es geht um Details.

So versteht man unter Rassismus die Ansicht, dass Menschen einer bestimmten Ethnizität weniger wert sind als andere und dass ihre politische und soziale Unterdrückung deshalb gerechtfertigt ist.

Bei den AnhängerInnen der „weißen Vorherrschaft“ kommt noch eine Fixierung auf die vermeintliche europäische „Herrenrasse“ hinzu. Während der Begriff „Rassismus“ also ein allgemeines Phänomen beschreibt, ist im Konzept der „weißen Vorherrschaft“ bereits enthalten, wer über wem zu stehen hat – nämlich Weiße über alle anderen. Im Allgemeineren meint „White Supremacy“ aber auch die Auffassung, dass von Weißen dominierte Gesellschaften maßgebend für alle anderen sind und dass Weißsein den „Normalzustand“ darstellt. Eine Einstellung, die historische Fakten bagatellisiert und diese Banalisierung in den Alltag überträgt.

Verlustangst

In Charlottesville haben sich Menschen zusammengefunden, die diese Ideologie vertreten – und für sie sogar gewaltsam einstehen. Die rassistischen Parolen, die sie ausriefen, möchte man nicht wiederholen. Sie glauben, dass ihnen etwas weggenommen wird. Etwas, das ihrer Meinung nach ihnen und nur ihnen zusteht.

Wie nennt man diese Menschen nun aber hierzulande? WeißistInnen? Weiße ÜberlegenheitlerInnen? Weiße RassistInnen? Zwar kann man den Begriff „White Supremacy“ mit „Weiße Vorherrschaft“ übersetzten“ – wenn es aber um die AnhängerInnen geht, fehlt das Wort.

Sprechen wir von Rechtsex­tremen, schwingt diese Art von Überzeugung vielleicht in einem Zwischenton mit. Gleichzeitig verschleiert der Begriff die Ideologie.

Neonazis trifft es womöglich am besten. Denn die ­mörderische Ideologie der ­Überlegenheit weißer Europäer hat niemand so sehr auf die Spitze getrieben wie die ­Nationalsozialisten.

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17 Kommentare

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  • Eigentlich müßte diesen Anhängern einer weißen Vorherrschaft mal auffallen, daß die Vertreter der "weißen Rasse" sich untereinander gar nicht mögen und sogar die größten Kriege miteinander geführt haben.

    Natürlich sind die allermeisten Nobelpreisträger weiß und die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen stammen von Weißen. Das Manko an der Sache aber ist, daß insbesondere diese hervorragensten Vertreter dieser angenommenen sog. "weißen Rasse" von weißer Vorherrschaft so gar nichts halten und diese Weißseinsrassisten bildungsmäßig meist ziemlich weit unten stehen.

    Dasselbe galt ja auch für die Nazis, die - angefangen von ihrem Führer - von ganz unten kamen. Das galt sogar für die wenigen Akademiker, die in ihrem Fache weitgehend Aussenseiter waren.

    Man sollte die bedeutende Ausnahme nicht vergessen: Dr. Goebbels ist was Innovation und Geschick betrifft DAS bis heute unerreichte Spitzentalent seines Fachs.

    Die Empirie spricht nicht besonders für die Vorteilhaftigkeit der Dominanz der weissen (oder einer anderen) "Rasse".

    Vor allem läßt sich das Ziel nur über gewaltige Berge von Leichen erreichen. Schon das allein disqualifiziert im übrigen dieses Ziel.

  • Was ist denn an "Anhänger_innen 'Weißer Vorherrschaft'" falsch? Wenn man denn nicht gleich sagt, dass die Familienähnlichkeit zu "Neonazi" ausreichend hoch ist?

  • Es ist schon komplizierter. Teil der white supremacy Bewegung sind zweifellos Neonazis und diverse aktuelle KKKs gehören auch in diesen Bereich. Das sind nicht nur Rassisten sondern Befürworter einer autoritären Führergesellschaft. Der klassische KKK und andere white supremacy groups sehen sich als demokratisch-ameriikanische Patrioten, die zurück zur Herrenvolk-Democracy wollen, also einer freiheitlichen Gesellschaft nur für Weiße (was die USA bis ins 20. Jahrhundert ja weitgehend waren). Charlottesville war ein ziemlicher Erfolg für die Rechstextremen, aber trotz der Vernetzungserfolge und der realen Terrorgefahr, die von solchen Gruppen ausgeht, sollte man ihre Macht nicht über- und ihre Zerstrittenheit nicht unterschätzen. Aber Trumps Wahlkampf und alles Folgende hat sie in der Tat ermuntert, aus ihren Löchern zu kommen und die Renormalisierung rassistischer Sprache und Handlungen ist verstörend.

  • Dieser ganze weiße Polit-Rassismus hat seine Wurzeln in der 'Ariosophie', der esoterischen Wahnvorstellung einer Helena Petrovna Blatvatsky (1831-1891). Es gäbe eine quasi naturgegebene Herrenrasse, die Arier. Diese wäre die Nachkommenschaft der Überlebenden des versunkenen Atlantis und via Vorsehung dafür auserwählt die Weltherrschaft über alle anderen (minderwertigen) Rassen zu erlangen. Soweit die Kurzversion.

    Wieso sie also nicht auch so benennen: 'Ario-Eso-Phreniker'? - Stimmt: das klingt mehr nach einer psychiatrischen Diagnose...

    Was bleibt, ist das gute alte 'Nazi-Arschloch'! Da schwingt wenigstens gleich auch assoziativ das richtige Gerücherl mit.

    • @LittleRedRooster:

      Na ja, die intellektuelle Basis ist dann schon ein wenig breiter. Die Notwendigkeit der ideologischen Legitimiation der US-Sklaverei und des europäischen Kolonialismus hat den ganzen Verlauf der biologischen Forschung im 19. Jhd. geprägt, Rassenlehre, Phrenologie etc. pp. Die Überlegenheit einer vorgeblichen weißen Rasse war ja teils in den 40er Jahren noch Schulbuchwissen in amerikanischen Texten.

      • @hessebub:

        " Die Überlegenheit einer vorgeblichen weißen Rasse war ja teils in den 40er Jahren noch Schulbuchwissen in amerikanischen Texten." (Zitat)

        Das glaube ich Ihnen gerne. Nur: diese pseudo/parawissenschaftlichen, ideologischen Vorstellungen sind, wie Sie ja selbst konstatieren, um einiges älter und tatsächlich schon in esoterischer Theosophie, Ariosophie und teils sogar in der Anthroposphie zu entdecken.

        Berühmte Vertreter des Arierwahns, Rassismus und Antisemitismus: neben der abgehalfterten russischen Adeligen Helena P. Blavatsky: die Österreicher Guido 'von' List (1848-1919), Jörg Lanz 'von' Liebenfels (1874-1954), Karl Maria Wiligut (1866-1946) und der "geistige Vater Hitlers" (Zitat: Hannah Arendt) Georg Heinrich Ritter von Schönerer (1842-1921). Dann die Deutschen: Herbert Reichstein (1892-1944) und Rudolf 'von' Sebottendorf (1875-1945).

        (Anm.: Die in Apostroph gesetzten Adelstitel waren samt und sonders selbst verliehen und erlogen).

        Übrigens: Sogar Karl Marx glaubte einige Zeit an die Phrenologie. Allerdings nur bis sich, ihm zuliebe, auch Friedrich Engels den Schädel vermessen ließ. Dieses pseudowissenschaftliche Verfahren ergab bei Engels, dass dieser leider nicht sehr sprachbegabt gewesen sei. Und dies zu einem Zeitpunkt an dem Engels bereits ein Dutzend Sprachen fließend lesen, schreiben und sprechen konnte.

  • "Neonazis trifft es womöglich am besten. Denn die mörderische Ideologie der Überlegenheit weißer Europäer hat niemand so sehr auf die Spitze getrieben wie die Nationalsozialisten."

     

    Dafür haben Sie aber ziemlich viele andere weiße Europäer umgebracht. Die Reste des Gedankenguts, dass es "nordische Rasse" ist, am besten noch Protestanten (Weber!), die den anderen Überlegen ist, kann man teilweise bis heute im manchen Aussagen der Politiker über Süd- und Ostränder des Kontinents bewundern.

    • @agerwiese:

      Hitler hat z.B. Angriffe auf England nicht geflogen, während die Englische Armee am angreifbarsten war, weil er ein Problem damit hatte so viele "Arier" zu töten. Er war davon überzeugt das die Engländer noch einsehen würden das ihr Platz an seiner Seite ist. Zu solchen Reaktionen kam es während des Krieges mehrmals.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Weiße Herrenrasse/Weißherrenrassisten.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Wohl eher Weißherrentrottel. Wie kann man denn glauben, dass sich irgend ein Mensch auf dieser Welt einem anderen allein deswegen unterwirft, weil dieser Andere einer bestimmten "Rasse" angehört?

       

      Die Überlegenheit, von der die WHT (Weißherrentrottel) träumen, können sie offensichtlich nicht finden beim Blick in ihren Spiegel. Beim besten Willen nicht. Weil sie nach eigener Überzeugung selbst nichts auf dem sogenannten Kasten haben, womit sie Eindruck machen könnten, müssen sie ihr Heil in einer anonymen Masse suchen. In einer Masse, die mit ihnen nichts weiter gemein hat (und größtenteils auch nichts weiter gemein haben will), als eine bestimmte Hautfarbe. In einer Masse, die allerdings so groß ist, dass sie bedrohlich wirkt auf Nicht-Dazugehörige. Auch wenn sie abseits ihrer Trägheit und der Erdgravitation nicht viel zu bieten hat.

       

      Dass schon nach bloßem Augenschein nicht jeder Weiße WHT ist (auch unter „Weißen“ gibt es ziemliche Schattierungen) – geschenkt. Das ficht die WHT nicht an. Sie suchen Halt und finden ihn, wie viele Andere, in ihrem Glauben. Der muss ja nichts zu schaffen haben mit der Realität. Hauptsache ist, man fühlt sich damit besser.

  • Vieleicht erst einmal ein paar Semester neuere Geschichte studieren?

     

    Nationalsozialismus und Rassenideologie ist durchaus vielschichtig. Bekanntlichich bezog man sich auf (indische) Arier, bekämpfte vorrangig weisse Europäer und ging Bündnisse mit Japanern und moslemischen Arabern ein, um weisse Nationen zu vernichten.

     

    Und jetzt kommen Sie.

    • @Frank Erlangen:

      "Nationalsozialismus und Rassenideologie ist durchaus vielschichtig."

       

      Und sie waren bisher immer untrügerisches Zeichen von kulturellen Stillstand und zivilisatorischer Zerstörung.

       

      Haben sie jene Kaptel in den Geschichtsbüchern nur eilig überschlagen?

       

      Und natürlich hat Mowgli recht:

      Rassismus ist ein kultischer Glaube, inhaltlich-strukturell nicht zu unterscheiden von anderen Religionen.

       

      Da werden internalisierte Götter und externalisierte Teufel gepredigt und als Allheilnittel die "Liebe", auch wenn leider nur die "inner-völkische Liebe" gemeint ist.

       

      Natürlich muss auch bei den Rassisten das Böse aus der eigenen Mitte vertrieben werden.

       

      Beispielsweise bei den Nazis waren das "Andersgläubige".

       

      Die wurden zwar nicht gesteinigt, aber dafür zehntausendfach in die Gaskammer geschickt oder den Erschiessungskommandos übergeben.

  • Im Fall von Charlottesville geht es nicht nur um White Supremacy oder Nazitum, sondern um Terrorismus.

    • @Kunz:

      "...geht es nicht nur um White Supremacy oder Nazitum, sondern um Terrorismus." (Zitat)

      Nun ja, wie wir aber sehen schließt das Eine ja das Andere nicht aus, sondern bedingt einander.

  • Neonazis. Was sonst?

    • @nutzer:

      Ich fände die Bezeichnung Neonazis nur treffend, wenn die Anhänger auch vorrangig Bezug zu Adolf & co. herausstellen. Ansonsten führt die Verwendung von "Neonazi" auf die falsche Fährte.

       

      Was spricht dagegen, das englische Wort beizubehalten? Es gibt mittlerweile so viele Begriffe, die nicht mehr übersetzt werden.

  • Gerade weil denen die Idee von der Herrenrasse so wichtig ist, ist "Neonazis" ein treffender Begriff. Sie stellen sich selbst in diese Abteilung, wenn sie Hitlergrüße zeigen und von "Blood and Soil" schwafeln.

     

    Also natürlich sind das Neonazis. Meine Güte. Laßt uns da jetzt kein Blatt vor den Mund nehmen.