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Berichterstattung der „Bild“-ZeitungVictim Blaming im Fall Malina

Mit irrelevanten Details relativiert die „Bild“-Zeitung die Unschuld einer vermissten Studentin. Das ist nichts Neues – und bleibt doch skandalös.

Auf Schildern wird nach der vermissten Studentin Malina gesucht Foto: dpa

Seit 19. März wird Malina Klaar, eine 20-jährige Studentin aus München, vermisst. Ihr Handy wurde in Regensburg am Ufer der Donau gefunden, trotz des Einsatzes mit Leichenspürhunden und Hubschraubern fehlt von ihr bisher jede Spur. Ihr Vater ist der festen Überzeugung, dass Malina lebt.

Ein unerträgliches Ereignis, dass eine junge Frau einfach verschwindet, und zu Recht dominiert jede Einzelheit über ihren Fall die Medien. Dabei fällt allerdings auf, dass sich manche von ihnen klischeehaftester Ausdrücke bedienen, um ihre Nachrichten umso sensationeller und konsumierbarer zu gestalten.

Die Grenzen der verantwortungsvollen Berichterstattung können offensichtlich leicht überschritten werden, wenn es sich um eine junge Frau handelt, die nach einer Party vermisst wird. Jedenfalls zögert die Bild-Zeitung nicht, in einer Überschrift zu erwähnen, dass Malina „eine hübsche Studentin“ ist, ein Detail, das in keinerlei Relevanz zum Ereignis steht. Zu hoffen ist zumindest, dass es auch den Kolleg_innen in der Bild-Redaktion klar ist, dass ein Mensch nicht aufgrund des Aussehens vermisst werden kann.

Die Frage „Wo ist die hübsche Studentin?“ in der Überschrift spricht für eine Suche nach Motiven, die sich an Malina orientieren: „Wie war sie denn so, dass das ihr passiert ist?“ Die Erleichterung folgt: „Sie war hübsch!“ Nein. Das ist ihr nicht passiert, weil sie hübsch ist. Das ist ihr passiert, weil es ihr jemand angetan hat.

Machen wir eine Täterin aus der Betroffenen?

Genauso verantwortungslos ist die Andeutung, dass es Malinas „letzte Party“ war, seitdem sie vermisst wird, eine doppeldeutige Formulierung in der Überschrift des Interviews mit Malinas Mitbewohnerin. Ob es wirklich ihre „letzte Party“ war, weiß nicht mal die Polizei. Wenn die Wortauswahl lediglich einen Zeitraum betonen sollte, wäre es eben aufgrund des fortlaufenden Einsatzes verantwortungsbewusster, einen anderen Ausdruck zu wählen.

Malina war wohl auf einer Party, bevor sie verschwunden ist. Menschen verschwinden nach Partys, nach der Arbeit, vor der Schule und nach dem Sport; in der Nacht, bei Tageslicht, gegen Morgen oder abends – das Bedürfnis, die Einzelheit „Party“ zu unterstreichen, ist nicht so harmlos, wie es aussieht.

Malina war wohl auf einer Party, bevor sie verschwunden ist. Menschen verschwinden nach Partys, nach der Arbeit, vor der Schule und nach dem Sport

Mit der Betonung der Party werden gewisse Handlungen angedeutet, die man damit assoziiert: Alkoholkonsum, Tanz, Dunkelheit, möglicherweise mutigere Kleidung. Diese Assoziation führt wiederum dazu, dass die Unschuld der Betroffenen infrage gestellt wird: Wurde diese Person möglicherweise entführt, weil sie getrunken hatte, Partykleidung trug oder einfach nur Spaß hatte? Nein. Es ist passiert, weil es ihr jemand angetan hat.

Die Betroffene ins Rampenlicht zu stellen führt den Täter tiefer in den Schatten: Interessiert uns noch, wer das überhaupt ist? Oder suchen wir nach Ausreden, welches Verhalten von Malina ihn dazu gebracht haben könnte? Machen wir eine Täterin aus der Betroffenen?

Solche frauenfeindliche Berichterstattung ist kein neues Phänomen. Die Meldungen über Frauen, die auf oder nach Partys angegriffen werden, beinhalten schon lange Ausreden für die Täter. Sie legitimieren und normalisieren die Gewalt, sie können sogar den Eindruck erwecken, die Betroffene habe die Gewalttat verdient.

Frauen kämpfen schon lange für eine gewaltfreie Umgebung, ob das ein „Witz“ ist, eine Berührung oder eine Überschrift eines männlichen Journalisten. Die Dimensionen der männlichen Hegemonie zeigen sich in den kleinsten Details, man muss nur lernen hinzusehen.

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36 Kommentare

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  • Ich muss erstmal klarstellen: Es ist völlig unklar, was mit Malina passiert ist!!! Wie können Sie denn als Journalistin schreiben, dass ihr jemand etwas angetan hat? Das ist reine Spekulation! Bin gerade echt sprachlos ...Grüße aus Regensburg

  • Hallo Frau Schick,

    wenn Sie Ihren Artikel noch einmal durchlesen würden, dann würden Sie vielleicht feststellen, wie schnell man sich in "Vorurteilen" (bitte Gänsefüßchen beachten) verheddern kann.

    1. Obwohl noch nicht feststeht, dass es sich um eine Straftat handelt, gehen Sie davon aber aus !

    2. Wieso bitte schreiben Sie denn im 3-letzten Abschnitt das Wort "ihm -" ? Auch wenn es schwer fällt - eine (ggf.) mögliche Täterin darf nicht ausgeschlossen werden.

    3. Männer die gegen Frauen gewalttätig werden (wollen) brauchen keine - wie auch immer geartete - Formulierung !

    4. Schon seit Jahrzehnten wird kaum/selten über Opfer berichtet, sondern über TäterInnen mit all den zum Teil widerlichen Schlagzeilen. Dies hat mit dem Geschlecht so rein gar nichts zu tun....

    ABER DAS WICHTIGSTE !!!!!! Ich hoffe, daß Malina möglichst bald wieder bei Ihrer Familie sein wird und wünsche der Family/Verwandten und Freunden ganz viel Kraft !!!!!!

    MfG

  • @Müllermilch

    - Ihre Gleichsetzung von "political correctness" mit "Beliebigkeit", ist der drolligste Versuch, political correctness ad absurdum zu führen zu wollen, den ich seit langem gelesen habe.

    Weil die Autorin des Artikels die Verwendung der `Merkmale´ "hübsch" und "Partybesucherin" in der Berichterstattung über eine Verschwundene als frauenfeindlich kritisiert, tun Sie so, als ob political correctness erfordere, immer und ausnahmslos ALLE persönlichen Merkmale unerwähnt zu lassen und versuchen unter anderem am Beispiel Geschlecht ("ob Frau - ob Mann, völlig egal") vorzuführen, wie lächerlich es doch ist, pc sein zu wollen. Nur dumm, dass schon der von Ihnen angegriffene Artikel (von Kritik kann man hier wirklich nicht reden) Ihre Pseudobeweisführung auf das trefflichste widerlegt. Der Artikel kritisiert ja gerade NICHT, dass in der Berichterstattung erwähnt wird, es handele sich bei der Verschwundenen um eine junge Fau oder Studentin. Und das aus gutem Grund. Über das Risiko von jungen Frauen Opfer (sexulisierter) Gewalt zu werden, gibt jede Kriminalstatistik genügend stichhaltige Beweise. Und ganz im Gegensatz zu Ihren Unterstellungen, wäre es frauenfeindlich, im beschriebenen Fall das Merkmal Geschlecht zu unterschlagen. Tun Sie nur so, oder begreifen Sie wirklich nicht, dass es immer vom Kontext abhängt, wie man Personen, Personengruppen und Ereignisse möglichst vorurteilsfrei benennt, bzw. beschreibt? Als ´Mann in den besten Jahren´ kann ich ein gewisses Maß an Frustration darüber nachvollziehen, wie mühsam es bisweilen ist, niemanden sprachlich auszugrenzen oder abzuwerten. Aber dieses Schmollen, besser nicht zu berichten, weil man eigentlich nur Fehler machen könne gehört nun wirklich in den Kindergarten. Es vernebelt den Blick für die Fakten.

  • 4G
    4566 (Profil gelöscht)

    Interessiert "uns" noch, suchen "wir", machen "wir" - das ist offenbar ein Artikel von Journalisten für Journalisten, ein internes Ding. Oder ist das schon die Echokammer, in der der Journalismus lebt?

  • zum PR technischen Höhepunkt fehlt eigentlich nur noch der Nafri als möglicher Täter, der die hübsche junge Parygängerin.... Spekulieren wird man ja noch dürfen?! Nicht auszudenken, wenns am Ende ein Einheimischer ist, dann ist das kein Aufreger mehr, keine Schlagzeile, denn dann war es ja nur eine von "unseren Frauen". Das ist ein komplett anderer Dachverhalt.

  • Äh? In der Regel erinnere ich mich nach dem Besuch einer Party an einige der anwesenden "hübschen" Mädels. Ist es wirklich dermassen abwegig, (auch zwecks Zeugenaufruf) in einem Boulevardblatt das Gesicht einer Vermissten zu zeigen und im Artikel den Begriff "hübsch" zu verwenden?

    Vielleicht sollte die Bild-Zeitung schreiben: PartygängerIn vermisst!

  • Selbst wenn diese Studentin betrunken oder halb nackt war, niemand darf ihr etwas antun. Was Menschen machen oder wie sie aussehen, das berechtigt nicht dazu ein Verbrechen gegen sie zu verüben...

     

    Selbst unser Grundgesetz schützt Menschen, die Partys besuchen...

     

    Artikel 2

     

    (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

     

    (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

    https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01/245122

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Stefan Mustermann:

      Die Sache mit dem Sittengesetz stammt auch noch aus dem 19. Jahrhundert.

      Entweder verletzt ein Mensch die Rechte irgendeines konkreten anderen Menschen oder nicht. Solange er nicht gegen die Verfassung verstößt, ist jede weitere Einschränkung Willkürrecht.

      Absatz 1 läßt weiträumige Einshränkungen des Rechtes auf Freizügigkeit zu, wenn das "Sittengesetz" das will.

      Das ist genauso, wie zu sagen: Du hast die Freiheit, außer wenn ich etwas anderes sage.

  • Malina war wohl auf einer Party, bevor sie verschwunden ist. ...

     

    ....das Bedürfnis, die Einzelheit „Party“ zu unterstreichen, ist nicht so harmlos, wie es aussieht.

     

    Also im reindeuten von Begriffen steht der Artikel ganz oben.

  • Ein Lebewesen ist verschwunden.

     

    Ob Frau - ob Mann völlig egal. Wie es aussieht -egal. Vielleicht taucht es wieder auf - vielleicht auch nicht. Vielleicht ist eine Gewalttat geschehen - vielleicht auch nicht. Kann auch ein Unfall oder Schabernack gewesen sein.

     

    Besser nicht berichten. Man kann ansonsten eigentlich nur Fehler machen.

     

    Die TAZ entwickelt sich zum Fachblatt für political correctness.

    • @A. Müllermilch:

      Das mit dem " sich am entwickeln"

      Wie Ol' Conny mal für den

      " jungen Mann" FJS - befand -

      Seh ich nicht!

      "Ist! das Fachblatt für pc-cnoorrectness!

      & Das. Nicht erst seit gestern!"

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Victim-Blaming ist eine üble Masche.

    Das christliche Bild vom Judas, der durch seine Unreinheit zum Verräter wird und seinen Schuldspruch selbst zu verantworten hat.

     

    Beschuldigt werden

    Juden (Sünden: der Tod Gottes, Neid)

    Arme (Sünden: Trägheit, Neid)

    Reiche (Sünde: Habgier, Neid)

    Drogenabhängige & Übergewichtige (Sünden: Trägheit, Völlerei)

    Flüchtlinge (Sünden: siehe Armut)

    Fahrradfahrer (Sünde: Neid)

    und eben auch Frauen (Sünden: Hochmut, Wollust)

    aber genauso Männer (Sünden: siehe Frauen)

    Mich würde einmal eine echte statistische Analyse interessieren, wem wie oft tatsächlich die Schuld am eigenen Opfersein zugeschrieben wird.

    Wenn die Frauen als "Zugpferd" dienen, um dieses Denken zu bekämpfen, dann ist das ok. Frau muss dann aber aufpassen, dass nicht Frauen ungewollt vor den Karren gespannt werden und in die Öffentlichkeit gedrängt werden.

    Es sollte aber klar gestellt sein, dass Victim-Blaming nicht nur Frauen betrifft.

     

    Zur BILD:

    Wie soll es einen BILD-Artikel geben, wenn nicht auch reißerisch formuliert wird? Das ganze Konzept lebt von subtilen oder offenen Unterstellugnen an der Grenze des gesellschaftlich Sagbaren.

     

    Dafür machen BILD-Journalisten eine extra Ausbildung, um den Storylieferant*innen, die sie für ihre "Recherche" verhören, die Details zu entlocken, auf die der oder die BILD-LeserIn aus ist.

    Wegen so etwas wird das Blatt gekauft.

     

    Vielleicht sollte BILD einfach nicht mehr über (mutmaßliche) Vergewaltigungen oder sexuelle Belästigung berichten, das wäre menschlich angemessen.

    Dann wären aber die Lügenpresse-Rufer noch zahlreicher.

  • Wenn einer hübschen jungen Studentin etwas passiert zieht das halt mehr Leser an als wenn jemandem mit Hasenscharten und eitrigem Geschwür im Gesicht etwas passiert.

     

    Aus "hübsch" ein "sie ist selber schuld" zu machen, halte ich für übertrieben.

     

    Auch die Party finde ich eher unverdächtig. Sie wurde zuletzt auf einer Party gesehen. Dass die Bild dann daraus eine reißerische Story von der "letzten Party" macht, naja... Bild halt. Deswegen ein "sie ist selber schuld, weil sie nuttig angezogen war und sich zugesoffen- und dröhnt und sich an den Falschen rangeschmissen hat" zu unterstellen, halte ich für abwegig.

  • Eine üble Art der Berichterstattung über das Verschwinden einer jungen Frau.

    BLÖD sprach als erste mit der Leiche.

    Hoffentlich wird sie noch lebend aufgefunden. Die Vermisste und ihre Familie bedaure ich zutiefst.

    Kann es etwas Schlimmeres geben, als solch eine Katastrophe ?

    Kein Bankraub ist so übel ...

  • Ich habe den BILD Artikel gesucht und gelesen und konnte nichts daran finden.

    Die TAZ zieht hier mehr an den Haaren herbei als die BILD. Die TAZ stellt jede Menge Vermutungen an, wie etwas assoziiert würde. ICH z.B. hatte diese Assoziationen nicht beim lesen des BILD Artikels. Allerdings werden diese Assoziationen dem Leser in den Mund gelegt, es wird dargestellt, dass der Leser auch so denke (was aber nicht der Fall ist)

    Der TAZ Artikel ist auch unter BILD Niveau, es sieht so aus, als wolle ein Redakteur eine Sensationsnachricht erstellen, wo es keine Sensation gibt.

    Ich lese keine BILD, aber eine ebensolche TAZ mag ich auch nicht lesen.

    Selbst die BILD-Überschrift "Ihr letztes Lebenszeichen

    war eine Liebeserklärung" stimmt, denn sie rief ihren Freund an um ihm zu sagen, dass sie ihn liebe. Es hat nicht direkt etwas mit ihrem Verschwinden zu tun; zeigt aber, dass es ihr bis dahin gut ging.

    Ihr macht aus Malina ein größeres Opfer als die BILD.

    Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

    Ihr stellt euch über Sensationsberichterstattung, wollt angeblich "besser" sein, dabei ist euer Stil genauso schlimm. Siehe: https://taz.de/Vermisste-UN-Experten-im-Kongo/!5396947/

    Ich mochte die TAZ mal, aber so? Nein danke!

  • das ist doch alles sehr an den haaren hebeigezogen. Als der HSV-Manager gefunden wurde, wurde auch mitgeteilt, wo er sich zuletzt befand. Bei einem Party-Besuch ist bei mir nicht der Gedanke, dass sie "selbst schuld" ist, sondern eher, dass dort der Täter auf sie aufmerksam geworden sein könnte.

  • Wer Victimblaming sehen möchte, kann sich mal die Lokalpresse ansehen, wie sie über Radfahrunfälle spricht. Wenn beim Rechtsabbiegen ein Autofahrer einem Radfahrer das Vorrecht auf dem Radweg abschneidet, wird daraus ein Radfahrer, "der das Auto gerammt hat". Hier hat die taz das Vicitimblaming jedoch noch nie thematisiert.

    Die Bild versucht eine vermisste Studentin zur hilflosen hübschen Studentin zu machen, der Gewalt angetan wurde. Das verkauft sich bei der Bild besser hat aber nichts mit Vicitmblaming aber auch nichts mit seriöser Berichterstattung zu tun. Die taz macht aus der Geschichte, die Studentin, der von der Bild die Schuld an ihrem Verschwinden gegeben wird. Das verkauft sich bei der taz besser und hat ebenfalls nichts mit seriöser Berichterstattung zu tun. Tatsächlich wissen wir nur, dass wir nicht wissen, wo sie ist. Nur weil früher Vicitmblaming bei Vergewaltigungen häufig vorkam, muss das heute nicht immer genauso sein. Wer den eigenen Verstand einschaltet, sieht, wo Vicitimblaming tatsächlich passiert und wo tatsächlich nur Vorurteile perpetuiert werden.

    • @Velofisch:

      Sehe ich genauso.

       

      „Die Bild versucht eine vermisste Studentin zur hilflosen hübschen Studentin zu machen, der Gewalt angetan wurde.“

       

      Das war auch mein Eindruck. In Verbindung mit der „letzten Party“ eher die Stoßrichtung: „Achtung, Achtung, die Zustände werden schlimmer, junge, hübsche Frauen können nicht mehr gefahrlos auf Parties gehen.“

      So haben die Leute halt unterschiedliche Assoziationen. Unseriös wird’s dann, denke ich, wenn sie die kritische Distanz zu ihren subjektiven Eindrücken verlieren und versuchen, die eigenen vagen Assoziationen absolut zu setzen.

  • Mensch möge dabei auch die Meldung, welche die Tagesschau kurz vor Weihnachten nicht brachte, nicht vergessen. Studentin, vergewaltigt und ermordet, Täter gefasst.

    Ist quasi ein gefühltes: "Schon wieder, quasi täglich..."

  • Machen wir eine Opferin?

     

    Die Grenzen der verantwortungsvollen Berichterstattung können offensichtlich leicht überschritten werden, jedenfalls zögert die taz nicht aus einem vermissten Menschen ein Opfer zu machen:

    "Das ist ihr passiert, weil es ihr jemand angetan hat." und während das Geschlecht der vermissten Person als Fakt feststeht, weiß einzig die Autorin des Artikels warum es sich bei dem Täter um einen ihn handelt und ach, ganz vergessen, dass es überhaupt eine Tat gab. Sensationsberichterstattung at its best. Spekulation und Vorverurteilung. You made my day!

    • @relation:

      Exakt! Die Kritik ist doch absurd. Die Autorin springt auf den fahrenden Zug auf und beschwert sich über die Geschwindigkeit.

       

      Weiteres Beispiel:

      "Ein unerträgliches Ereignis, dass eine junge Frau einfach verschwindet, ..."

       

      Wie relevant ist denn das "jung"? Was möchten Sie damit ableiten?

       

      Also ehrlich!

    • @relation:

      Genau so ist es !

    • @relation:

      Nein, die taz macht nicht dendiedasOpferin.

      Die Bild macht "wir wissen zwar nix genaues, aber anhand der Bruchstücke bauen wir eine schöne Gänsehautgeschichte drumherum". Und ganz phantasievoll-spekulativ, fast hätte ich gesagt, postfaktisch, schön subtil "wie konnte das (was wir zwar nicht wissen, aber gaanz sicher sind) passieren" >> ... zwischen den Zeilen und dabei fällt spätestens in den Köpfen einiger LeserInnen "selber schuld" ab.

      Ich tu mir die Bild nicht an, aber für das Stammtischniveau reichen die Kommentare beim Münchner Merkur völlig. Incl. postfaktischer Gewissheit, daß es wie überhaupt alles Böse bestimmt mit der Willkommenskultur zusammenhängt, das ist die 180° andere Deutung. Selber schuld oder ganz bestimmt wie in Freiburg.

  • Boulevardmedien leben von Emotionen. Mit "hübschen" Opfern leidet es sich besser mit. Das ist zynisch und kalkuliert. Aber so funktioniert der Boulevard, der sehr genau weiß, wie er seine Leser anspricht. "Frauenfeindlichkeit" kann man natürlich hinein interpretieren, wenn man denn partout möchte. Das sagt dann aber meines Erachtens nach mehr über die Autorin aus als über die eklige BILD.

    • @AlexA:

      Tja, werte*r ALEXA, es scheint tatsächlich kein richtiges Leben zu geben im falschen.

       

      Die Ordnung, nach der die Wirtschaft und die Gesellschaft hier organisiert ist, nennt sich Kapitalismus. (Wer wissen will, was K. ist, lese im Lexikon nach.) Die Axel-Springer-und die Rudi-Dutschke-Straße liegen in der Hauptstadt Deutschlands. Dass auch da die Anhäufung von Kapital aus nicht vom Eigentümer der PM geschaffenen Mehrwerten Ziel aller Übung ist, sollte uns also nicht überraschen.

       

      Der Gewinn, den die Bild machen will, muss irgendwo her kommen. Aus der journalistischen Arbeit kann er im vorliegenden Fall nicht kommen, denn Basis der "Story" ist offenbar eine Info vom Hörensagen. So etwas kriegt man am Gartenzaun umsonst. Statt dessen werden zwei fachfremde Quellen ausgebeutet. Die eine Quelle ist der traurige Umstand, dass ein Mensch spurlos verschwunden zu sein scheint. Die zweite sind negative menschliche Eigenschaften wie der Hang zum voreiligen (Pauschal-)Urteil und zur sogenannten Angstlust. Das unternehmerische Risiko, das die Bild eingeht mit ihrer Aneignung, ist minimal. Weder die junge Frau noch die Bild-Leser*innen werden sich wehren dagegen. Die eine ist weg und die anderen müssten sich schämen.

       

      So weit, so erwartbar. Schlimm(er) aber ist, dass die taz in Person von Sibel Schick der Bild-Vorlage folgt. Statt der allgemeinen Menschenfeindlichkeit (die womöglich zu "nischig" wäre, so global wie sie ist), werden auf einer total untauglichen Basis (Gartenzaun) Sexismus und Fremdenfeindlichkeit thematisiert. Die Zustimmung von Leuten, die nicht richtig lesen können, ist der taz dabei gewiss. Das Risiko ist auch wieder gering. Wäre die junge Frau "abgetaucht", würde sie genau so wenig widersprechen wollen, wie die Bild, die sich was schämen müsste.

       

      Offenbar generiert also auch die taz ihre Gewinne durch Ausbeutung moralischer Schwächen. "Zynisch und kalkuliert"? Naaaain! Ist doch im Sinne einer guten Sache (Frauenrechte)!

  • Hilfe, ich werde nicht diskriminiert, wo bleibt die Sinnhaftigkeit meines Schaffens!

    Vielen Dank für den kabarettistischen Beitrag. Wenn "hübsch" in diesem Kontext victim bashing sein soll, müssen Sie jetzt wegen des von Ihnen verwendeten Ausdrucks "mutigere Kleidung" in den Untergrund gehen, um sich vor der Rache der Feministinnen zu schützen.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @teh:

      Es steht nicht fest, dass ihr irgend etwas angetan wurde. So ist der Artikel nicht zu Ende gedacht. Im Moment weiß man nur: sie wird vermisst. Das macht's nicht besser, aber von einem Täter weiß man: nichts.

  • Ein gut geschriebener Artikel. Ich finde es gut, dass uns immer wieder vor Augen geführt wird. Welche Botschaften eine Artikel sugerieren. Und wie pervide unser umgang mit solchen Ereignissen ist z.b. hier das Opfer ausgenutzt wird, die schreckliche Tat relativiert, oder wie Opfer als Täter gemacht werden kann durch unüberlegte Aussagen. Als Mann ist mir nicht immer bewußt, wie oft man sexismus im Alltag begegnet und wie pervide er sein kann.

  • Danke für diese gründliche Sprachkritik. Sie erinnert daran, daß es weniger „Fake-News“ auf Facebook et al. sind, die die Massenmeinungen orientierend manipulieren können, sondern eher das durchsichtige geschickte Einstreuen suggestiver Assoziationen in kurzschlüssige oder voreilige Bewertungen von Tatsachen und Vorgängen in den traditionellen Official-Mind-Medien. BILD und tutti quanti leben seit ewig von dieser Technik.

     

    Aber was soll bei der Autorennennung von Sibel Schick an der Seitenleiste die bizarre Bezeichnung „AutorIn“ mit großem „I“ in der Wortmitte? Diese sprachliche Geschlechterkorrektheit simulierende Albernheit, wie sie sich epidemisch ausgebreitet hat, ist ja beim Plural noch halbwegs einleuchtend. Aber im Singular?

  • Vorweg: Bild wird nicht verteidigt. Aber die Interpretation geht doch wohl etwas weit.

    Wenn man nach kleinsten Details suchen muss für männliche Hegemonie, dann kann es so schlimm nicht sein.

    Angeführt wird der Begriff "letzte Party". "Letzte" ist unglücklich, vielleicht aber auch nur die vorläufig letzte. Die Interpretation der Andeutungen hinter dem Begriff Party, liegen aber offensichtlich in der Sichtweise des Betrachters und nicht in der Umdeutung durch die Bild-Zeitung. Und darin wird dann das Bemühen deutlich kleinste Details erkennen zu wollen.

    • @fly:

      Das Wort "letzte" kann halt zwei verschiedene Bedeutungen haben.

       

      Ich schätze schon, dass die BILD durchaus damit spielt, dass bei Menschen, die den Artikel lesen, Assoziationen mit der einen Bedeutung geweckt werden, während die "Zeitung" sich immer darauf zurück ziehen können wird, dass sie offensichtlich die andere gemeint hat.

       

      Wenn man nach bloßem Textverständnis geht, hat sie damit auch völlig Recht, aber das vernachlässigt dann diese unterschwelliger Assoziationen, die denke ich durchaus gewollt sind. Und es ist durchaus nicht unüblich für die BILD, solche "Sprachspiele" zu betreiben -- wobei das Wort Spiel bitte hier nicht über die Perfidität dahinter hinwegtäuschen soll.

  • "Studentin" - es verschwinden auch Bäckerinnen, Schülerinnen, Hausfrauinnen.

     

    "Regensburg" - es verschwinden auch Menschen in Hamburg, München und Aleppo.

     

    "Frau" - es verschwinden auch Männer, T-People und Angehörige jedes der weiteren 4000 Geschlechter.

     

    So wird das nichts. Und da auch Tieren etwas zustößt, ist alles, was es zu berichten gibt: Es gab ein Ereignis im Zusammenhang mit einem Lebewesen.

     

    Hoffe, Heiko Maas legt bald einen entsprechenden Gesetzentwurf vor.

  • LÜGT - ist ein Drecksblatt - keine Frage.

     

    " Seit 19. März wird Malina Klaar, eine 20-jährige Studentin aus München, vermisst."

    "…Die Betroffene ins Rampenlicht zu stellen führt den Täter tiefer in den Schatten:…"

    "…Ihr Vater ist der festen Überzeugung, dass Malina lebt.…"

     

    Tja - dumm gelaufen - wa!

    "La taza sprach als erste mit dem Täter!"

    • @Lowandorder:

      Ach, Sie haben sachdienliche Hinweise, dass der Vater der Täter ist? Oder was genau soll uns Ihr Kommentar jetzt mitteilen?

      • @Jan Berger:

        Menschen können auch "verschwinden", ohne dass ein Verbrechen vorliegen muss. Der Satz: "…Die Betroffene ins Rampenlicht zu stellen führt den Täter tiefer in den Schatten:…" beruht selbst auf reiner Vermutung, was beim Artikelinhalt ein wenig... hüstel... seltsam anmutet.

         

        Das ist der Sinn des Posts von Lowandorder.

      • @Jan Berger:

        Fakt, sie ist verschwunden. Fakt, keiner weiß wieso.

        Frage: wieso weiß die TAZ, das es ein Täter war?

         

        Das sind ebensolche kleinen und subtilen Interpretationen anhand derer sich eher die Haltung der Autorin widerspiegelt, als die Realität.

         

        Zwei Arten sich eine Täterschaft zu interpretieren.

        Beide auf der Grundlage der eigenen Weltsicht entstanden.

        Fakt: bisher weiß es niemand genau.