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Zum Internationalen ArbeiterkampftagVon Arbeit und Moral

Robert Misik
Essay von Robert Misik

Am 1. Mai wird ein uraltes Arbeitspathos beschworen. So laufen Progressive, Sozialdemokraten und Gewerkschaftlerinnen in die Falle der Rechten.

Industrie­arbeiter in einer Werkshalle bei der Pause in den 1950er-Jahren Foto: Hannes Betzler/sz ­photo

D er 1. Mai ist „Kampftag der Arbeiterklasse“, seit er 1890 als internationaler Tag der Sozialisten ausgerufen wurde. Schnell war der Maifeiertag auch eine Art Hochamt. Parole: „Die Arbeit hoch!“ Arbeitsleid und Schinderei wurden zwar angeprangert, zugleich aber auch das Pathos der Arbeit beschworen. Der Stolz auf die Arbeit war keine Erfindung der Arbeiterführer, der stammt aus den Handwerker- und frühen Facharbeitermilieus: Stolz auf die eigenen Fertig­­keiten und dass man mit der eigenen Anstrengung die Familie durchbringt.

Arme werden verdächtigt, nur arm zu sein, weil es ihnen an Motivation mangelt

Maskulin geprägt war das, in den Bilderfundus ging eher der männliche Arbeiter ein. Das eigene „Können“ gab Respekt und Selbstrespekt, genauso wie die Tatsache, dass die Arbeit mit Anstrengung verbunden war. Das waren gewissermaßen die Werte der arbeitenden Klassen: dass man „anpackt“, keine „Spleens“ hatte.

Harte Arbeit war für die arbeitenden Klassen der einzige Weg zu Einkommen, aber auch das, wofür man Respekt einfordern konnte – und ein Anrecht auf einen größeren Teil des Kuchens. Das „Pathos der Arbeit“ fundierte Ansprüche im Verteilungskampf. Nicht die Prahlhänse produzieren Güter, Maschinen, Paläste, sondern die Arbeiter mit Hand- und Muskelkraft.

Dieser Gedankengang unterstrich den Anspruch auf einen „fairen Lohn“, aber auch auf Anerkennung. Arbeit befreit aus Knappheit, Arbeit verwandelt die Welt. Nur die Arbeit schaffe Wert. Manchmal verwandelte der Arbeitsbegriff sich in eine Art halbreligiösen Kult, gelegentlich auch in Kitsch. Walter Benjamin verspottete die alte „protestantische Werk­moral“, die bei den Sozialis­ten ihre Auf­erstehung feiere.

wochentaz

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All das weht bis ins Heute hinüber. Die eigene Leistung begründet Ansprüche auf einen gerechten Anteil, ist aber auch ein Einfallstor für Spaltungen. „Der Begriff der Arbeit wird gerade rechts besetzt“, formulierte Linus Westheuser unlängst, Soziologe und Co-Autor der so gefeierten Studie „Triggerpunkte“.

Die Arbeitsethik kann leicht missbraucht werden, um die Unterprivilegierten gegeneinander aufzubringen, etwa Angestellte und Arbeiter gegen Bürgergeldempfänger. „Der Arbeitende darf nicht der Dumme sein“, lautet eine Jargonformel, mit der Beschäftigte nicht gegen die Super­reichen, sondern gegen jene aufgebracht werden sollen, die sich angeblich ein „Freispiel“ gönnen.

Wo immer von Arbeit die Rede ist, ist die Moral nicht fern

In der „Bürgergeld“-Debatte der vergangenen Monate hat man das schön beobachten können. Mit einigen ­krassen Einzelfällen wurde an­geprangert, dass sich manche ein schönes Leben „auf Kosten anderer“ machen. „Die Fleißigen“ werden gegen „die Faulen“ gestellt, und häufig werden Arme verdächtigt, „nur arm zu sein, weil es ihnen an Motivation mangelt“ (Westheuser).

Konservative und Unternehmensverbände trommeln das an, um den Wohlfahrtsstaat zu delegitimieren, und Rechtsextremisten erklären sich zur „sozialen Heimatpartei“, indem sie die Bevölkerung in jene sortieren, denen Leistungen „zustehen“, und jene, denen sie „nicht zustehen“.

Das ist pure Propaganda, aber sie wäre weniger wirksam, könnte sie eben nicht an vorhandene Gerechtigkeitsnormen andocken. Mit ihrem Arbeitsethos und ihrer Rhetorik laufen Progressive, Sozialdemokraten, auch Gewerkschaftlerinnen in die Falle. Eine Ambiguität, aus der es keinen ganz einfachen Ausweg gibt.

In den meisten heutigen Wohlfahrtsstaaten liegen unterschiedliche Gerechtigkeits­normen in einem Spannungsverhältnis, etwa: Solidarität haben jene verdient, die zur Solidargemeinschaft dazugehören (etwa, wer lange genug da ist), Unterstützung hat jeder verdient, der sie braucht, oder aber auch: Ansprüche resultieren aus Leistungen, die man vorher erbracht hat.

Soziologen durchleuchten den Strukturwandel der Arbeit, Ökonominnen vermessen sie, Organisations­entwickler zerlegen sie in Teilschritte und Handgriffe, aber es gibt keine nüchtern-technische Betrachtung von Arbeit, die den moralisch-ethischen Überdeterminierungen von Arbeit entkommt. Alleine „der plötzliche glänzende Aufstieg der Arbeit von der untersten und verachtetsten Stufe zum Rang der höchstgeschätzten aller Tätigkeiten“ (Hannah Arendt) war so etwas wie eine ful­minante, aber allmähliche Werterevolution.

Depressiver Individualismus macht sich breit

Seit dem 1. Mai 1890 hat sich viel verändert. Die verlausten, analphabetischen und mit Brotkrümeln abgespeisten Arbeiter und Arbeiterinnen des 19. Jahrhunderts haben einen Aufstieg gemacht – sie sind mit Rechten ausgestattet, die Löhne sind gestiegen, erst kam der kleine Wohlstand, dann der Aufstieg in die Mittelschicht.

Mit mehr ökonomischer Gerechtigkeit ging auch Anerkennung einher, der Aufstieg zu Respektabilität und auch ein Gefühl der Sicherheit. Die arbeitenden Klassen haben, als sogenannte „Mittelschichten“, an Zentralität in ihren Nationen gewonnen. „Die Arbeiterklasse verwandelte sich von den Armen in das Volk“, formuliert die Oxford-Historikerin Selina Todd in „The People. The Rise and Fall of the Working Class“.

Gewiss war Arbeit immer vielfältig und die arbeitenden Klassen viel­gesichtig. Das war früher schon der Fall, als selbst die ausbeuterischsten Fabrikanten die Kernbelegschaft an unverzichtbaren Facharbeitern privilegieren mussten, während für die anderen das Prinzip Hire and Fire galt. Die Vor­arbeiter waren Sirs. In den Druckereien und Setzereien herrschten anderen Gesetze als beim Malochen in den Ziegelfabriken. Und heute hat sich das alles natürlich noch viel weiter ausdifferenziert.

Mit dem ökonomischen Strukturwandel der vergangenen Jahrzehnte erlebten sich mehr und mehr Arbeitnehmergruppen wieder als austauschbar, als ersetzbar. Nach und nach fraß sich Unsicherheit ein und mit dieser auch das Gefühl, dass man sich alles gefallen lassen müsse. Dass es abwärtsgeht. Und dass das oft gar niemanden interessiert.

Dass man auch noch runtergemacht wird. „Sie wissen nicht, wie es ist, wenn man die Heizung nicht aufdrehen kann, wenn man kein Geld für die Kinder hat“, sagen Befragte in Studien, und immer wieder hört man – von ­Detroit bis Gelsenkirchen – den Satz: „Ich kümmere mich nur mehr um mich selbst.“ Während oben selbstbewusster Individualismus vorherrscht, macht sich unten depressiver Individualismus breit.

„Respekt“ und „Respekt für Dich“ plakatierte Olaf Scholz im vergangenen Wahlkampf und katapultierte auch damit seine Partei von 14 Prozent in den Umfragen auf knapp 26 Prozent bei den Bundestagswahlen. Die Wahlkampf­linie und die Kurskorrektur der SPD waren explizit der Einsicht geschuldet, dass die neuen Verwundungserfahrungen und Verlassenheitsgefühle der arbeitenden Klassen – oder: der ganz normalen, einfachen Leute – nicht mehr ignoriert werden können.

Arbeit gibt uns Identität

Auch in der Europäischen Union gab es einen markanten Kurswechsel, verglichen mit der Austeritätspolitik vor zwölf, dreizehn Jahren. In den ver­gangenen Jahren wurde die Mindestlohnrichtlinie verabschiedet, die, wenn sie tatsächlich umgesetzt wird, in nahezu allen Mitgliedsstaaten die ­untersten Löhne anheben wird.

Es wurde auch das Ziel in ein EU-„Gesetz“ formuliert, dass mindestens 80 ­Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse von Tarifverträgen geregelt sein sollen. Mitgliedstaaten, die diese Marke nicht erreichen, müssen Pläne ausarbeiten. In Deutschland haben mittlerweile nur mehr 41 Prozent der Beschäftigten eine Tarif­bindung. Ein Meilenstein.

Arbeit ist das, womit die meisten ihre Einkommen erzielen und ihren Lebensunterhalt bestreiten. Aber Arbeit strukturiert auch den Tag und das Leben, bettet uns in Netzwerke ein, etwa in ein Geflecht von Kollegenschaft. Sie gibt uns Identität, und heute wünschen sich viele Menschen, sich in ihrer Arbeit verwirklichen zu können. Viele leiden, wenn sie an dieser Maxime scheitern.

Die „Stelle“ gibt uns Stellung in der Welt, Selbstwert, oder aber wir fühlen uns in ihr nicht anerkannt, nur kommandiert, sogar gemobbt. Gefühle spielen in der Arbeit eine große Rolle. Während die äußere Seite der Arbeit, die Tätigkeiten, die verrichtet werden, die Produkte, die entstehen, sichtbar sind, sind die Gefühle, die informellen Regeln, die Freiräume, die Hack­ordnungen im Betrieb oft nicht so leicht wahrnehmbar.

Das Eigentliche an der Arbeit ist ­unsichtbar.

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Robert Misik
Geboren 1966, lebt und arbeitet in Wien. Journalist, Sachbuchautor, Ausstellungskurator, Theatermacher, Universaldilettant. taz-Kolumnist am Wochenende ("Der rote Faden"), als loser Autor der taz schon irgendwie ein Urgestein. Schreibt seit 1992 immer wieder für das Blatt. Buchveröffentlichungen wie "Genial dagegen", "Marx für Eilige" usw. Jüngste Veröffentlichungen: "Liebe in Zeiten des Kapitalismus" (2018) und zuletzt "Herrschaft der Niedertracht" (2019). Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik 2009, Preis der John Maynard Keynes Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik 2019.
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25 Kommentare

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  • "Der Stolz auf die Arbeit war keine Erfindung der Arbeiterführer, der stammt aus den Handwerker- und frühen Facharbeitermilieus: Stolz auf die eigenen Fertig­­keiten und dass man mit der eigenen Anstrengung die Familie durchbringt."

    Es geht schon merkwürdig los. Stolz auf Geleistetes gibt es, seit der Mensch arbeitet. Schon der erste Faustkeil machte stolz wie Bolle. Und warum auch nicht?

    PS: Selbst meine Katze zeigt stolz ihre gefangenen Mäuse. Sie ist eben auch stolz auf das Geleistete.

  • Die Zeit veröffentlichte gerade einen erschütternden Artikel über die Missstände auf der Hamburger Edelbaustelle Hafencity.

    Etliche Arbeiter verungückten schwer, einige starben. Sicherheitsvorschriften wurden auf der Baustelle nicht eingehalten, Zeugen sprechen von enormen Druck, keine Schulungen, große Mängel, was Arbeitssicherheit angeht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

    "Eine Geschichte von Ausbeutung und Entrechtung", wie die Zeit schrieb. Recherchen zeigten, dass auf den Baustellen viele Arbeiter aus Osteuropa illegal arbeiten, systematisch ausgebeutet werden.



    Bauten, die mit Hochglanz zu enormen Preisen vermietet oder verkauft werden, werden mit Zuständen beim Bau wie im 19. Jahrhundert erkauft.

    Genug überraschende staatliche Kontrollen, die der Ausbeutung ein Ende machen würden, Fehlanzeige.

    Einem ukrainischen Arbeiter wurde beim Unfall eine Gesichtshälfte vom Schädel getrennt. Da er illegal arbeitete, besteht wenig Hoffnung, dass eine Versicherung einspringt. Ob er wieder arbeiten kann ist aufgrund seiner schweren Verletzungen ungewiss.



    In den Subarbeiternehmerstrukturen mit Arbeitern aus Osteuropa auf dem Bau bestehen Zustände, wie sie einst Wallraff bei türkischen Arbeitnehmern anprangerte.

  • Der 1. Mai ist und bleibt ein schöner traditioneller Tag zum Feiern, Lieben und Leben. Der Tag der Arbeit ist "aufgepfropft", aber sehr nützlich, um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen.

    • @Elias-Nathan Stern-Herrmann:

      "Der 1. Mai ist [...] sehr nützlich, um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen."

      Das haben die Wirtschaftsmanager doch schon lange erreicht. Die kleinen Lohnabhängigen dürfen am 1. Mai aber wenigstens weiterhin davon träumen.

  • PS: Es ist der Arbeiter, die Angestellte, die ihre produktive Arbeit "geben" und Geld dafür erhalten.



    Begriffsschärfung zum 1. Mai.

  • Der Artikel begint im 19. Jahrhundert.



    Im Humanismus prägte sich der, von den Faschisten misbrauchten, Begriff



    " Arbeit macht frei"



    gerade heute hat er mehr Bedeutung als man zuerst denkt.



    Mit dem Mindestlohn, der gerade so eben reicht, kann ein prekärer Arbeitnehmer-in sich ernähren, ist frei



    Das es heute noch Arbeitgeber gibt die den Mindestlohn drücken, um weiterhin Arbeitssklaven zu schaffen muss beendet werden.



    Ich lese hier in den Komentaren das Feindbild Arbeitgeber, den Scheffe



    Ich wollte nich Selbstständig sein. Das unternehmerische Risiko und der Aufwand eine Firma am Laufen zu halten ist mir zu groß. Ein sonniges Wochenende ist mir lieber.



    Wir sollten den Arbeitgebern ihren Gewinn gönnen, sofern er durch Respekt der Arbeiter erwirtschaftet wird.

    • @Ramaz:

      Wer sich heutzutage selbständig macht, macht sich selber zum Sklaven. Leider, Stress ohne Ende, zumindest in vielen Bereichen.

  • Ich erinnere in diesem Kontext mal an den Disput zwischen Karl Marx und dem von ihm alles andere als wohlgelittenen Paul Lafargue, der seinerzeit - unerhört für die sozialistische Arbeiterbewegung (!) - das „Recht auf Faulheit“ proklamierte.



    de.m.wikipedia.org...Recht_auf_Faulheit

  • Arbeit, die Abhängigkeit von einem 'Arbeitgeber' bedeutet, gehört abgeschafft zugunsten eines allgemeinen Rechts auf Arbeit und Auskommen für Jede und Jeden. Eine -zumutbare- Arbeit als Existenzrecht ist gleichzeitig eine Systemfrage, wenn Beschäftigung sich nicht nach einem möglichst hohen Profit, sondern nach einem Gemeinwohlprinzip organisiert wird: Das, was gebraucht wird, wird nach einem System organisiert, an dem die darin Beschäftigten sowohl von der Organisation her als auch an den Ergebnissen teilhaben. Eigentlich gibt es genug zu tun in einer durch den kapitalistischen Wettbewerb und -eingeschränkter, weil nicht selbstbestimmter- Demokratie reicher gewordenen Gesellschaft. Ein Recht auf Arbeit ohne klimaschädliche Erzeugnisse wäre eine nachhaltigeres Modell, in den die Menschen nicht mehr nur Werkzeuge sind. Alles Kopfsache !

  • Schließe mich dem Essayisten weitestgehend an, möchte aber noch die 'Agonokratie' als umfassenderes Element hinzufügen. Die 'Herrschaft des Wettbewerbs' als dominierendes Ordnungsprinzip in nahezu allen Gesellschaftsbereichen hat auch das zerstört, was es in der Arbeitnehmerschaft als (internationale) Solidarität zumindest in Ansätzen einmal gegeben hat. DGB und andere Gewerkschaften verstehen sich heute vor allem als Besitzstandswahrer von organisierten FacharbeiterInnen. Sie lassen viele der wachsenden Zahl prekär Beschäftigter im Stich, machen Werktätigen in neuen Berufen und neuen Beschäftigungsmodellen kein Angebot und sind für viele unternehmerisch-denkende MitarbeiterInnen kaum mehr Fürsprecher ihrer Interessen. Das macht auch die DGB-Chefin deutlich, die sich gerade dafür einsetzt, dass alles getan werden müsse, um Investoren und Unternehmen in Deutschland zu halten, um Arbeitsplätze zu retten. Sie tut gerade so, also ob ArbeitnehmerInnen hier nichts übrig bleibt, als sich der Konkurrenz aus Billiglohnländern und uigurischen Gefängnissen zu stellen und wir alle die weitere Zerstörung von Naturressourcen und Vereinnahmung durch Datennetze mit Enthusiasmus vorantreiben müssten.

  • Nun ja, das Haus, in dem man wohnt, der Boden, den man betritt, das Brot, das man isst, der Wasserhahn, den man aufdreht - alles Ergebnis von Arbeit.



    Die Kleidung..., der ganze Mensch.



    Keine Kulturschickeria ohne die vorherige Arbeit jener, die die Voraussetzungen erst geschaffen haben, keine Farbdose ohne Arbeit..., keine Oper ohne Handwerk hinter den Kulissen.



    Jeder lebt vom anderen, ob er sich als autonomes Individuum fühlt oder auch nicht. Es ist Fakt.



    Und schon daraus ergibt sich, wenn man so will, bereits eine Wertschätzung.



    Man lobt den Buchautor, doch nicht den, der das Papier durch Arbeit schafft - in all dem Konsumismus, im Schlaraffenland der Verfügbarkeiten fällt der Boden, auf dem wir gehen, gar nicht mehr auf - er scheint so selbstverständlich, als sei er immer dagewesen, insofern ist ein neuer Blick auf das Wesen von Arbeit und deren Wert mehr als notwendig.

  • Nun lassen wir doch uns Arbeitenden wenigstens den Stolz auf die Arbeit. Die unterscheidet sie von den prassenden MilliardenerbInnen.



    Wenn mensch die Klassen- und Machtfrage wieder stellt, lokal wie global, kann das nur bewusstseinschärfend sein.

    In einem zweiten Schritt jedoch auch die ökologische Frage und die nicht vergessen, ob es wirklich Arbeit ist oder doch ein solidarisches sicheres Auskommen und Wirksamkeit, was das Ziel ist.

    • @Janix:

      Wer Milliarden erbt, ist auch meist stolz auf die Leistung, im richtigen Bett zur Weltgekommen zu sein 😉

  • Ja, die Arbeit definiert und formt uns. Die Gewerkschaften sollten daher hauptsächlich um höhere Löhne kämpfen und fremde Themen hintenanstellen. Denn Arbeit muss Lohn bringen.

  • Viel gesagt, ohne wirklich was neues zu sagen. Die Bösen nutzen immer alles aus! Auch die Wahrheit!

    Das Eigentliche an der arbeit ist solange unsichtbar, wie man es nicht sieht!



    Der artikel hilft leider nur bedingt.

    Denn alles was dazu gesagt werden muss, wurde schon 1890 gesagt. Also anstatt hier alles neu zu entwickeln und geschichtsvergessene pseudo-wissenschaftliche artikel zu publizieren, sollte man den leuten vlt einfach mal genau erklären was sozialismus ist. oder habt ihr angst nicht mehr salonfähig zu sein???



    daran haperts nämlich gewaltig!

    dann verstehen, sehen nämlich viel mehr, was arbeit und noch viele andere dinge bedeutet!

    und btw



    auf arte läuft gerade ne sehr sehr gute doku:



    "Bittere Früchte - ausbeutung in der landwirtschaft"



    weit aus besserer beitrag zum 1. mai als das hier!

    Arbeiter ... Ausgebeutete aller Länder VEREINIGT EUCH!!!



    So viel zur Spaltung!

  • Robert Misik schreibt: "Arbeit ist das, womit die meisten ihre Einkommen erzielen und ihren Lebensunterhalt bestreiten."



    Das Statistische Bundesamt sieht das jedenfalls für das Jahr 2021 aber nicht so: "46 % der Bevölkerung lebten 2021 von eigener Erwerbstätigkeit"



    www.destatis.de/DE.../PD22_140_122.html

    Ein Hinweis darauf, dass es eine ganze Menge Arbeit jenseits der Erwerbsarbeit gibt (in Arbeitsstunden gemessen überwiegt die unbezahlte Arbeit), fehlt völlig.

    Insgesamt ein enttäuschender Artikel.

    • @Eric Manneschmidt:

      Tja - wenn Graubrot angesagt ist - Kuchen einfordern?!

      Na Jung - vllt ein andermal beim Couponschneiden! 🥃

      kurz - Tag der Arbeit - Get it! Fein

  • Jeder Mensch arbeitet.

    Das Überleben ist Arbeit, selbst wenn der Mensch beatmet und mit Infusionen ernährt bewegungslos im Bett liegt - im Inneren eines solch leidvoll bettlägerigen aber hoffentlich liebevoll gepflegten Menschen wird der zugeführte Sauerstoff und die infusionierte Nähr- und Medikamentenlösung umgesetzt in Überleben.

    Es ist also vollkommen absolut zweifelsfrei, dass absolut jeder Mensch arbeitet. Es gibt also keinen lebenden Menschen im ganzen Universum, der nicht arbeitet.

    Das verdient einen Seins-Lohn!

    Bedingungslos.

  • "Soziologen durchleuchten den Strukturwandel der Arbeit, Ökonominnen vermessen sie, Organisations­entwickler zerlegen sie in Teilschritte und Handgriffe, aber es gibt keine nüchtern-technische Betrachtung von Arbeit, die den moralisch-ethischen Überdeterminierungen von Arbeit entkommt."



    (...)



    Das Eigentliche an der Arbeit ist ­unsichtbar."



    Das war vielleicht ein Leitmotiv für den erklärten Anarchisten und Kulturanthropologen / Publizisten David Graeber, sich mit Jobs ganz anders unkonventionell auseinanderzusetzen.



    /



    www.deutschlandfun...rbeit-was-100.html

    • @Martin Rees:

      So ist es. So werden die Arbeiter und Angestellten durch diverse, unnötige "Kosten" um einen Teil ihres Lohnes betrogen.

      • @Elias-Nathan Stern-Herrmann:

        Liggers. Das Truck-System schafft immer wieder neue Varianten!



        “Wieso - Sie wohnen doch noch bei Ihrem Vater!“ ”Ach! Da soll mein Vater die Firma finanzieren?“



        20er - de Ohl sls er um eine Gehaltserhöhung nachkam!



        & literarisch grandios -



        Canaima - Rómulo Gallegos - Kautschuk im Dschungel von venezolanisch Guyana



        Das Trucksystem war so gestrickt- Essen Werkzeugmieten etc - daß - falls mann lebend wieder rauskam! Nichts verdient hatte! Firma Blohm Caracas!



        Stimmt das denn? Fragte ich denn Ohl - der dort in den 20ern beschäftigt war!



        “Na - was meinst du denn - warum ich dirs zu lesen gegeben habe!“



        de.wikipedia.org/w...C3%B3mulo_Gallegos



        Einer der Begründer der modernen südamerikanischen Literatur

        So geht das ©️ Kurt Vonnegut



        Die Geschichte ist lediglich eine Überraschungsliste. Sie kann uns nur darauf vorbereiten, aufs Neue überrascht zu sein.



        - anschließe mich

    • @Martin Rees:

      anschließe mich - danke für den link

      • @Lowandorder:

        Sorry - I forgot - John Lennon -



        www.youtube.com/watch?v=iMewtlmkV6c



        Workingclass hero - is something to be

        • @Lowandorder:

          Cooler Song. Lennon dazu: »Ich denke, es ist ein revolutionäres Lied«.



          Allerdings frage ich mich, wie »is something to be« gemeint ist.



          Vermutlich im Sinne von »das soll sowas sein« also etwas Vorgebliches, ein Mythos erfunden zum Zwecke der kapitalistischen Ausbeutung.



          »Keep you doped with religion and sex and TV«



          Darauf noch einen Graeber (aus "Einen Westen hat es nie gegeben", S. 87):

          »Die ältesten historisch belegten Lohnarbeitsverträge, die uns vorliegen, scheinen tatsächlich Mietsklav*innen zu betreffen. Wie wär's mit einem Kapitalismusmodell, das hier ansetzt? Wo Anthropolog*innen wie Jonathan Friedman die Auffassung vertreten, dass die antike Sklaverei eigentlich nur eine ältere Form des Kapitalismus war, könnten wir uns genauso leicht - tatsächlich um einiges leichter - dafür aussprechen, dass der moderne Kapitalismus eigentlich nur eine jüngere Form der Sklaverei ist. Statt verkauft oder vermietet zu werden, vermieten wir uns selbst. Aber im Grunde ist es die gleiche Art von Arrangement.«

          Daher greift der sozialdemokratische und der gewerkschaftlich organisierte Klassenkampf (wenn man das unter Sozialdemokraten und Gewerkschaftlern noch so nennen darf), der auf Einhegung der besitzenden (bzw. absahnenden) Klasse setzt (Tarifverträge etc.) reichlich kurz. Ziel der Anarchisten ist die die Abschaffung der Lohnarbeit.

          www.wobblies.org/

          • @Bernardo Januar:

            Yes and may be. But

            Bis dahin - »is something to be«



            Im Sinne von - sich dessen bewusst sein!



            Mythos - Sozialpartnerschaft etc - der ganze Käse - sich nicht und nicht sich selbst in die Augen streuen lassen.