Zukunft der GroKo: Kleinkram-Koalition
Was mit der GroKo passiert, hängt aktuell nicht von inhaltlichen Beschlüssen ab. Entscheidend ist eher die Stimmungslage der SPD-Basis.
D as, was der Koalitionsausschuss beschlossen hat, darf man getrost in den Ordner „Kleinkram“ abheften. Die Hängepartie bei der Grundrente geht weiter. Die Klimabeschlüsse sollen im Schnellverfahren durch Bundestag und -rat, ihre Halbzeitbilanz will die Koalition Anfang November ziehen. All das sind Ergebnisse ohne Relevanz, und mehr war auch nicht erwartet worden. Die Zukunft der GroKo hängt im Moment nicht an inhaltlichen Beschlüssen.
Sie ist von der Stimmungslage der SPD-Basis abhängig. Entscheidend ist, wen die rund 440.000 SPD-Mitglieder am kommenden Wochenende als Vorsitzende küren. Das Team Olaf Scholz und Klara Geywitz wäre ein klares Signal für den Fortbestand der GroKo. Scholz ist Vizekanzler und Finanzminister, er steht für unaufgeregtes, pragmatisches Regieren.
Wird Scholz SPD-Vorsitzender, hält die GroKo. Zumindest vorerst. Die Basis hätte gesprochen, die zahlreichen GroKo-KritikerInnen in der SPD müssten sich hinter die neuen ChefInnen stellen – Kevin Kühnert eingeschlossen. Scholz, der nüchterne Hamburger, liebt das Regieren, und er glaubt, dass die Deutschen Stabilität schätzen. Und anders als andere in der SPD hat er einen Plan.
Scholz' Strategie setzt auf gutes Regieren: Wenn die SPD bis zum Ende der Legislaturperiode erfolgreich und professionell durchhält, wird Merkel ihren Abschied nehmen. Darauf deutet zumindest alles hin. Die Union müsste im nächsten Wahlkampf mit einem oder einer neuen KanzlerkandidatIn antreten, der Kanzlerinnen-Bonus fiele weg. Dann, glaubt Scholz, könnte seine Stunde als Kanzlerkandidat (und die der SPD) schlagen.
Wem würden die Menschen mehr vertrauen: einem Vollprofi Scholz oder einer Annegret Kramp-Karrenbauer, die über weniger Erfahrung in der Bundespolitik verfügt – und schon jetzt viele Fehler macht? Scholz und seine Leute glauben, die Antwort zu kennen. Dass diese Wette aufgeht, kann man mit guten Argumenten bezweifeln. Und wenn sich die SPD-Basis anders entscheidet, wird sie sowieso Zukunftsmusik bleiben.
Andere KandidatInnen für den SPD-Vorsitz haben sich kritischer zur GroKo positioniert. Das Duo Karl Lauterbach und Nina Scheer wirbt sogar ausdrücklich für ihr Ende. Wenn ein Team gewinnt, das die SPD klar links positionieren will – und Scholz und Geywitz abgestraft werden –, dann sieht es düster aus für die Zukunft der Koalition. Der SPD-Parteitag im Dezember könnte dann zu einem Scherbengericht über die GroKo werden. Und das Land würde vielleicht schon im Frühjahr vor Neuwahlen stehen.
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