Youtuber Anthony Lee: Rechtspopulist soll nach Beleidigung von taz-Reporter zahlen
Der AfD-freundliche Influencer Lee hatte taz-Redakteur Jost Maurin als „Arsch“ geschmäht. Dafür muss Lee nun zahlen. Sonst droht ihm eine Anklage.
Beißner und Lee kündigten in einem Video an, das Geld zu zahlen. „Es ist uns geraten worden“, so Beißner. Maurin begrüßte die Anordnung der Staatsanwaltschaft als Erfolg „mit Signalwirkung für den Schutz der Menschenwürde gegen Angriffe rechter Demagogen“.
Lee hat allein bei Youtube mehr als 200.000 Abonnenten und zählt damit zu den reichweitenstärksten AfD-freundlichen Influencern. In insgesamt drei, über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erschienenen Youtube-Videos bezeichnete er Maurin als „Arsch“, „Blödmann“, „Spacken“ sowie „Idiot“ und zeigte ihm den ausgestreckten Mittelfinger. Beißner nannte den Redakteur in Videos mit Lee „Spinner“ und „Schwachkopf“. Damit reagierten sie unter anderem auf einen taz-Kommentar von Maurin zu dem Vorhaben der EU-Kommission, die Regeln für den klimaschädlichen Umbruch von Wiesen und Weiden zu Ackerland zu lockern.
In ihrem aktuellen Videoabschnitt zu dem Ermittlungsverfahren gegen sie erwähnen Beißner und Lee nur die harmloseren Ausdrücke „Blödmann“ und „Schwachkopf“ und verschweigen ihrem Publikum die restlichen Beleidigungen. Beißner fragte, ob „man als Reporter sowas nicht einfach wegstecken muss“.
„Masse der Beleidigungen“
Maurin hatte die Anzeige nach eigenen Angaben gestellt, weil mit dem Fäkalwort „Arsch“ und durch die „Masse der Beleidigungen“ die Grenze legitimer, auch polemischer Kritik überschritten worden sei. Lee sagte daraufhin in einem Video, in solchen Fällen solle man ihn anrufen und sich an eine Schlichtungsstelle wenden, bevor man die Polizei einschaltet. Die taz wolle ihn „mundtot“ machen.
„Lee hat sich in den vergangenen Jahren aber nicht kompromissbereit gezeigt, was für eine Schlichtung nötig wäre“, sagte Maurin. Im Gegenteil sei Lee selbst gegen Meinungsäußerungen über ihn juristisch vorgegangen. Der Influencer habe auch fast nie auf Bitten der taz um Stellungnahme zu Vorwürfen gegen ihn geantwortet.
Der Youtuber ignorierte Maurin zufolge zudem das Angebot, die Anzeige zurückzuziehen, wenn er sich für die Beleidigungen entschuldigt, sie löscht und zusagt, sie nicht zu wiederholen. „Auch für Reporter gilt das in Artikel 1 des Grundgesetzes garantierte Recht auf Menschenwürde. Deshalb sind Beleidigungen auch gegen diese Menschen untersagt“, so Maurin. Er hoffe, dass die Entscheidung der Staatsanwaltschaft gegen Lee und Beißner abschreckend auch auf andere AfD-freundliche Influencer wirke.
Beleidigung ist gemäß Paragraph 185 des Strafgesetzbuchs verboten. Das Delikt kann demnach mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Wenn die Beleidigung zum Beispiel öffentlich – also zum Beispiel bei Youtube – oder in einer Versammlung begangen wird, ist sogar eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe möglich.
Bis Juni 2024 war Lee Bundessprecher der Bauernprotestbewegung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ (LSV) gewesen. Den Posten musste er abgeben, nachdem er eine Klage gegen die Agrarsoziologin Janna Luisa Pieper verloren hatte, die ihm „rechtsextreme bis hin zu rechtspopulistischen Aussagen“ vorgeworfen hatte.
Der Niedersachse schürt fremdenfeindliche Ressentiments sowie Angst vor Flüchtlingen. Lee bezweifelt auch immer wieder, dass der Klimawandel menschengemacht ist, AfD-Politikern gab er in distanzlosen Interviews eine Plattform.
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