Wirtschaftliche Lage der Ukraine: Kurz vor dem Bankrott

Die Ukraine befindet sich auch ökonomisch in der Krise und ist vom Ausland abhängig. Die EU und der Internationale Währungsfonds wollen helfen.

Kein Schiff wird mehr kommen: Hafen in Odessa. Bild: imago/Caro

BERLIN taz | Die Ukraine steht kurz vor dem Staatsbankrott und benötigt Kreditmilliarden aus dem Ausland. Die EU hat bereits finanzielle Hilfen zugesagt. Auch der Internationale Währungsfonds will einspringen, wie IWF-Chefin Christine Lagarde am Sonntag versicherte: „Wir stehen selbstverständlich bereit.“ Es zeichnet sich eine konzertierte Lösung ab, an der sich auch die USA und Russland beteiligen könnten.

Die Ukraine muss in diesem Jahr noch 13 Milliarden Dollar an seine Gläubiger zurückzahlen – und dieses Geld hat das Land nicht. Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte die Ukraine daher am Freitag auf Ramschniveau herab und warnte, dass ein Staatsbankrott wahrscheinlich sei. Auch die Anleger sind extrem misstrauisch: Kreditausfallversicherungen für die Ukraine sind derzeit doppelt so teuer wie für Griechenland.

Der drohende Staatsbankrott beschäftigt die ukrainische Politik bereits seit Monaten – und löste einen Bieterwettbewerb zwischen der EU und Russland aus. Die EU hatte der Ukraine 2013 nicht nur ein Freihandels- und Assoziierungsabkommen angeboten, sondern auch 15 Milliarden Dollar, die vom IWF kommen sollten. Allerdings waren damit Auflagen verknüpft: unter anderem die Freilassung der ehemaligen Premierministerin Timoschenko.

Russland hielt dagegen: Präsident Putin sagte ebenfalls 15 Milliarden Dollar zu und bot zudem an, die Preise für das russische Gas zu senken, von dem die Ukraine bisher abhängig ist. Ex-Präsident Janukowitsch entschied sich bekanntlich für Russland, doch flossen nur drei Milliarden Dollar. Ende Januar stoppte Putin die Kreditvergabe wieder, weil die Proteste in Kiew außer Kontrolle gerieten.

Angewiesen auf das Ausland

Die Ukraine ist auf ausländische Kredite angegewiesen, weil das Land ein doppeltes Defizit aufweist: Der Staatshaushalt und der Außenhandel sind permanent im Minus.

Das Defizit im Außenhandel beträgt etwa 7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Denn beim wichtigsten Exportgut Stahl lahmt die weltweite Nachfrage momentan. Zudem schöpft die Ukraine ihre Potentiale nicht aus: Das Land verfügt über die besten Ackerflächen weltweit, und Getreide ist extrem begehrt, doch pro Hektar erzeugen die Ukrainer nur etwa die Hälfte der Erträge, die in Westeuropa üblich sind.

Wie prekär die ökonomische Lage ist, zeigt sich auch daran, dass die Devisen bewirtschaftet werden müssen. Privatleute dürfen nur noch für 50.000 Griwina ausländische Währungen erwerben, was etwa 4.500 Euro entspricht. Ukrainische Exportunternehmen sind zudem gezwungen, die Hälfte ihrer Erlöse bei der Zentralbank in die überbewertete Griwina umzutauschen.

Die Ukraine ist sehr arm. Im Jahr 2012 lag die Wirtschaftsleistung bei nur 180,2 Milliarden Dollar – und davon mussten 45,4 Millionen Einwohner ernährt werden. Zum Vergleich: Deutschland hat 80 Millionen Einwohner und kam 2012 auf ein Bruttoinlandsprodukt von 3,4 Billionen Dollar. Pro Kopf sind die Deutschen also zehn Mal reicher als die Ukrainer.

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