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Wirtschaft im WahlkampfFriedrich Merz und die Quadratur des Kuchens

Die Wirtschaftspolitik wird ein wichtiges Wahlkampfthema. Die Frage ist, wie das BIP wieder wächst – und welche Rolle die Schuldenbremse dabei spielt.

Fridays for Future protestiert vor der SPD-Zentrale: War da mal was mit Klima? Foto: Liesa Johannssen/reuters

BERLIN taz | Volkswirtschaften werden gerne mit einem Kuchen verglichen. An ihm lassen sich die zwei elementaren Seiten des Bruttoinlandsprodukts veranschaulichen: die Entstehungs- und Verwendungsseite. Denn Kuchen müssen gebacken werden, bevor sie verteilt werden können. So griff Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei der Vorstellung seines Wahlprogrammes zu dieser Metapher: „Wir wollen nicht den vorhandenen kleinen Kuchen besser verteilen, sondern wir wollen gemeinsam einen größeren Kuchen für alle herstellen.“

Merz will Wirtschaftspolitik zum Wahlkampfthema machen. Doch das wollen auch die anderen Parteien: „Wir stehen für eine Wirtschaftspolitik, die Wachstum, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit miteinander verbindet“, schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm. Die Grünen versprechen eine „starke Wirtschaft für sichere Jobs“.

Dass die Wirtschaftspolitik eins der wichtigsten Themen im Wahlkampf wird, ist verständlich. Denn das Bruttoinlandsprodukt könnte das zweite Jahr in Folge schrumpfen, der Kuchen also kleiner werden. Zudem plagen die Wirtschaft strukturelle Probleme wie hohe Energiepreise und verschlafene technologische Entwicklungen. So streiten die Parteien darüber, wie der Kuchen wieder wachsen und der Umstieg vom Kohle- auf Elektroofen finanziert werden kann. Eine Partei sticht dabei heraus: „Wir wollen den demokratischen Sozialismus“, heißt es sehr eindeutig bei der Linken. Sie will also nicht nur den Kuchen, sondern die ganze Bäckerei anders verteilen.

SPD und Grüne wollen einen Deutschlandsfonds

Die Union hingegen will die Bäckereien und vor allem die Bäckermeister entlasten, um die Wirtschaftsleistung zu steigern. Sie verspricht unter anderem die Absenkung der Körperschaftssteuer und eine Reform der Einkommenssteuer. Von letzterer würden vor allem Besserverdienende profitieren, sagen Experten.

SPD und Grüne hingegen, die sich wirtschaftspolitisch ziemlich einig sind, wollen mit einer Investitionsprämie von 10 Prozent die Unternehmen zu mehr Investitionen bewegen. Außerdem versprechen sie eine Modernisierung der Infrastruktur. Auch darüber, wie sie die Maßnahmen finanzieren wollen, herrscht zwischen SPD und Grünen weitgehend Konsens: Neben der stärkeren Besteuerung großer Vermögen schlagen sie die Schaffung eines sogenannten Deutschlandsfonds vor. Mit Hilfe dieses Sondervermögens wollen beide Parteien neue Schulden machen.

Dies lehnte die Union bisher ab, weshalb sie ein Finanzierungsproblem hat. Denn ihre Wahlkampfversprechen sind 100 Milliarden Euro schwer. Woher das Geld kommen soll, ist fraglich. Ähnliches gilt für die Steuersenkungspläne der FDP, die sich alleine bei der Einkommenssteuer auf 95 Milliarden Euro summieren. Beide Parteien stehen bei der Finanzierung vor einem „großen Fragezeichen“, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft, da sie auch gegen höhere Steuern an anderer Stelle seien.

Es bleibt offen, wie Merz im Falle eines Wahlsiegs die Quadratur des Kuchens schaffen will. Vermutlich geht es nur mit neuen Schulden. So lehnt der Kanzlerkandidat der Union eine Reform der Schuldenbremse neuerdings nicht mehr ganz kategorisch ab.

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19 Kommentare

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  • "Denn ihre Wahlkampfversprechen sind 100 Milliarden Euro schwer. Woher das Geld kommen soll, ist fraglich."

    Von Geflüchteten und Arbeitslosen - den Ärmsten der Armen.

    Dass das hinten und vorne nicht reicht, zumal wenn Merz sich die 75.000 "Arbeitsverweigerer" in diesem Land auf anderthalb Millionne hochlügt, interessiert Käptn Covid-Hirnschaden von Blackrock einen freuchten Dreck.

    Man sollte endlich eine MPU als Voraussetzung für die Kanzlerschaft verpflichtend machen. Dann wäre Merz definitiv raus: die kognitiven Defekte dieses Möchtegern-Autokraten, der selbst für seine 69 Jahre ausgesprochen wirr, dement und gebrechlich ist, sind so augenfällig wie bei Trump (und wie bei Trump entsprechen sie dem, was die jeweilige Gesellschaft an neurologischen Verfallserscheinungen als "normal" ansieht, und werden daher landläufig ignoriert).

    Die bürgerliche Demokratie ist das einzige politische System aller Zeiten, wo Menschen mit schwersten geistigen Krankheiten "in freier Volksentscheidung" an die Macht kommen können. Ansonsten müssen solche Leute putschen oder sich auf die 10 Generationen Inzucht unter ihren Vorfahren berufen.

  • "Deutschlandsfonds - Mit Hilfe dieses Sondervermögens wollen beide Parteien neue Schulden machen."

    Das ist eine Umgehung der Schuldenbremse und wird spätestens vor dem BVerfG genau so scheitern wie der Fonds dieser Legislaturperiode.

    Ein Fonds, der zur Sanierung genutzt wird, naut kein Vermögen auf der Aktivseite aus. Er kann daraus dann auch keine Einnahmen generieren. Der Staat haftet damit direkt für die Einlagen und Ertäge der Anlager. Damit unterscheidet er sich nicht von einer normalen Staatsanleihe.

    Hier wird der Wähler mit bunten Einhörnern geködert.

  • Wenn ich mir das obige Foto mit den 'Fake-Wahlplakaten' anschaue, dann spiegelt das CDU-"Wahlplakat" doch die gesamte CDU/CSU-Wahrheit ab – oder etwa nicht? Der ehemalige Black-Rocker Merz wird das Klima als Kanzler (*Friedrich, mir graut vor dir!*) sogar noch mehr mit CO2 füttern. Und wenn es dann zu spät ist und der Klimawandel die große Keule aus dem Schrank holt, wird Friedrich in seiner Diamond DA62 schnell 'das Weite' suchen - aber natürlich nicht finden. Fairerweise muss man aber sagen, dass SPD und Grüne auch immer noch am klimaschädlichen Wirtschaftswachstum festhalten, anstatt mal eine Wende zu machen, um den 'Wachstums-Irrsinn' endlich mal zu beenden.

  • Fridays for Future: you go!!



    Beste Plakate, bitte weit verbreiten!



    Hier der Link falls Ihr Spenden könnt:



    fridaysforfuture.de/spenden/

  • Die Merz CDU lehnt Staatsschulden ab. Außer wenn es darum geht Millionäre durch Steuersenkungen noch reicher zu machen. Dann sind Schulden in Ordnung.



    Wenn jedoch endlich in die kaputte Infrastruktur oder Bildung investiert werden soll, dann ist das leider mit der Schuldenbremse nicht vereinbar. Dann soll doch bitte bei den Ärmsten noch weiter gespart werden.

    Das ist natürlich makroökonomisch betrachtet kompletter Schwachsinn.



    Denn eine Nachfragekrise (die wir derzeit in Deutschland haben) bekämpft man weder durch sparen, noch indem man den Reichen, die eh den größten Teil ihres Einkommens sparen und nicht verkonsumieren, noch mehr Geld in den Hintern bläst.



    Von daher sind gewissermaßen alle kapitalistischen Großparteien, also Union, FDP, SPD, Grüne, AfD und auch BSW hier auf dem Holzweg.



    Die einzigen, deren Konzept tatsächlich Nachfrage stimulieren würde, sind die Linken. Aber denen traut der ahnungslose Michel ja wirtschaftspolitisch nichts zu.

  • ".... sondern wir wollen gemeinsam einen größeren Kuchen für alle herstellen. ...." Von dem dann unsere Superreichen 90% als Gewinne verbuchen und der Rest dann Jahre auf etwas "trickle down" warten kann?



    Mal Hand hoch, wer hat Steigerungen des BIP schon mal als Reallohnzuwachs erlebt?

    • @Axel Schäfer:

      Heiner Flassbeck fordert ja deshalb die Faustformel



      Lohnsteigerungen = Wachstum + Inflation. Aber das geht natürlich den Bestechungsgeldzahlern... ääh ...den Lobbyisten gegen Strich.

    • @Axel Schäfer:

      Ich.

  • Die Wirtschaftsideen von Grünen und SPD sind immer noch dieselben wie bei dem Heizungsgesetz: wir machen erst durch Vorschriften, Gebote, Verbote alle Investitionen sehr viel teurer, und fördern dann aus Steuergeldern und Schulden einen Teil der Verteuerung wieder weg. Ich möchte nicht wissen, wie viel Zeit und Geld Unternehmen dann investieren müssen, damit sie diese 10 % Forderung bekommen. Denn ohne Anforderungen kann und wird das nicht ablaufen.



    Das ist genau der Weg, der schon ins Schlamassel geführt hat.

    • @Matthias Nord7:

      Stimmt. Der Staat hätte die Investitionen für die Umstellung auf Erneuerbare direkt und am besten zu 100 % finanzieren müssen. Das kann er, denn Staatsausgaben sind technisch gesehen keine Verwendung vom Steuergeld sondern immer eine Geldschöpfung der staatlichen (!) Zentralbank aus dem Nichts, wohingegen Steuergelder bei Zahlung eine Geldvernichtung darstellen. Das wird deutlich, wenn man sich die Frage stellt, was bei einer Staatsgründung mit einer neuen Währung zuerst da ist. Die Steuereinnahmen oder die Staatsausgaben?



      Auch Staatsschulden sind eine Geldschöpfung und ein unnötiger Umweg für den Staat, Ausgaben zu tätigen. Staatsanleihen bringen aber den Banken schöne Zinsgewinne ...

    • @Matthias Nord7:

      Durch welche Vorschriften von Rot/Grün, CO2 Preis mal außen vor, wurde in den letzten Jahren denn etwas teurer?

  • Es geht immer um die Wirtschaftspolitik. Es ist politischer und gesellschaftlicher Konsens, dass die Wirtschaft die Grundlage von allem ist. Und weil Wirtschaft immer als Marktwirtschaft, getrieben von Unternehmen und Investoren, gilt, darum hängt alles an der Wettbewerbsfähigkeit und darum drängen alle auf Wettbewerbsfähigkeit. Wie das ewige Ringen um Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Wachstum mit Zielen wie demokratischer Mitbestimmung, sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit und int’l Friedenspolitik zusammengebracht werden kann, daran scheitern alle. Der schlichte Grund: Sie passen nicht zusammen. Wo solidarisches Handeln nötig wäre, wird der blanke Sozialdarwinismus als sportiver Wettbewerb gefordert und gefeiert.

  • Wie heißt es so schön.?: erst zielen..dann schießen.







    Es wird Zeit, daß die Politik endlich begreift, daß in die Zukunft investieren heißt, daß man langfristig denkt..was insbesondere auch die Folgen der aufziehenden Klimakatastrophe mit berücksichtigt.







    Allein den Firmen oder dem (heutigen) Markt gerecht werden zu wollen, reicht einfach nicht mehr aus..das zeigt sich an vielen Stellen, wie z.B. dem verschlafenen Solarboom oder der aktuellen Krise der Autoindustrie..







    In Dänemark gibt es aus gutem Grund eine Regierungskomission, die sich mit Zukunftsfragen beschäftigt..auch deshalb steht dieses Land heute, nicht nur in Sachen Klimaschutz, so gut da.







    Wenn also alle Parteien die Wirtschaft ankurbeln wollen, sollte man sie daran messen, ob ihre Konzepte langfristig und nachhaltig ausgelegt sind..und dabei die richtigen Signale für (neue) Marktausrichtungen beinhalten.







    Fragen wir also welche Produkte langfristig auf dem Weltmarkt gefragt sind..welche Investionen in Infrastruktur oder Bildung gebraucht werden, etc..







    Einfach nur Umverteilung nach altem Muster ist jedenfalls zu wenig.. Denn was wir so gar nicht brauchen, ist ein weiteres Strohfeuer auf Pump.

    • @Wunderwelt:

      "Zukunft"? Friedrich Merz ist 69 Jahre als und wird von Monat zu Monat dementer. Der hat maximal noch 15 Jahre, eher so 10, dann ist er ein sabberndes Bündel Dekubitus.

      Dieser Mann gehört nicht ins Kanzleramt, er gehört in ein Pflegeheim!

  • Union und Linke als Geisterfahrer unterwegs, Habeck hat als Wirtschaftsminister die Krise mitzuverantworten. Der FDP fehlt es an Ideen. Bleiben also noch die Sozialdemokraten als kleinstmögliches Übel. Zum Glück ist unser Haus energetisch zukunftssicher, meine Frau verbeamtet.

  • Wenn man die Wirtschaft schnell wieder ins richtige Fahrwasser bringen will, wird man dafür Geld ausgeben müssen. Viel Geld. Staatliches Geld. Man wird Investitionen des Staates in Infrastruktur, Energie, Verkehr und Bildung benötigen. Und man wird viel Geld in die Hand nehmen müssen, um Investitionen der Mitbürger zu erleichtern, z. B. beim Hausbau. Dieses Geld wird man nicht alleine durch Einsparungen beim Bürgergeld zur Verfügung haben, denn die Gesamtausgaben für das Bürgergeld belaufen sich pro Jahr nur auf etwa 30 Mrd. €. Was will man da sparen, wenn man alle gesetzlichen und höchstrichterlichen Vorgaben beachtet? Zweistellige Milliardensummen, wie Herrn Merz es vorschwebt, kann man da vergessen, aber die Mathematiker innerhalb der CDU sind wohl schon in Urlaub, sonst hätten sie es Herrn Merz vielleicht vorgerechnet.

    • @Aurego:

      Die 30Mrd sind lediglich die Höhe der ausgezahlten Grundsicherung im Jahr. Schon wenn nur die Kosten für Unterbringung addiert werden, liegen wir eher so bei 50Mrd. Dann kämen da noch Kosten für Verwaltung, Krankenversicherung usw. dazu über die es fast unmöglich ist genaue Angaben zu finden.

  • War da nicht mal was mit "Die Grenzen des Wachstums" oder so?

    • @Semon:

      Der Krug geht so lange zum Wasser, bis an der grönländischen Küste ein Eisdamm bricht und Hamburg innerhalb von 5 Jahren umgesiedelt werden muss.