Widerstand gegen Abschiebung: Bewährungsstrafe für Adama K.
Das Amtsgericht Deggendorf verurteilt Adama K., die sich hochschwanger gegen ihre Abschiebung wehrte, zu sieben Monaten auf Bewährung.
„Aus unserer Sicht ist das ein politisches Urteil“, sagte Jana Weidhaase vom bayerischen Flüchtlingsrat. „Hier wurde ein Exempel statuiert: Widerstand gegen die Abschiebung soll sich nicht lohnen.“
Die heute 21-jährige Adama K. stammt aus Sierra Leone, hat jedoch keinen entsprechenden Pass. In Sierra Leone sollte sie beschnitten werden, Verwandte retteten die sedierte Jugendliche vor der Prozedur. Das Haus der Familie wurde später angezündet. Adama K. und ihre Familie flohen. Über Libyen und Italien gelangten sie schließlich nach Deutschland. So habe es Adama K. auch der Deggendorfer Richterin unter Tränen geschildert, berichtet Weidhaase, die am Dienstag im Gerichtssaal war.
Seit August 2017 lebt Adama K. in Deutschland, zusammen mit ihrem Lebensgefährten und ihren beiden Kindern. Das ältere besucht eine Kita in Straubing.
Biss in den Finger
Als sie und ihr damals vierjähriger Sohn im Mai 2018 im Zuge der Dublin-Regeln nach Italien abgeschoben werden sollten, war sie mit ihrem zweiten Kind schwanger. Schwarz, schwanger, mit Kleinkind und getrennt von ihrem Partner in Italien? Adama K. wehrte sich. Unter anderem biss sie einem Polizisten in den behandschuhten Finger – tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte also. Auch ein zweiter Abschiebeversuch scheiterte zwei Wochen später.
Die Richterin verzichtete in dem Verfahren auf weitere Auflagen, ermahnte Adama K. jedoch nachdrücklich, nun alles zu tun, um für sich und ihre Kinder Pässe zu beschaffen. Die fehlenden Papiere sind derzeit noch das einzige Abschiebehindernis.
Adama K.s Asylverfahren ist mittlerweile abgeschlossen, ihr Asylgesuch abgelehnt. Hat sie die nötigen Ausweispapiere, können sie und ihre beiden Kinder jederzeit abgeschoben werden – direkt nach Sierra Leone.
Eine Woche hat Adama K. theoretisch Zeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Doch mittlerweile sei sie wohl zu eingeschüchtert, meint Weidhaase. Die Kosten für das Verfahren und ihren Rechtsanwalt muss Adama K. selbst tragen. Der Flüchtlingsrat Bayern hat einen Spendenaufruf gestartet.
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