Weltwirtschaftsforum in Davos: Korrupte Politiker auf großer Bühne
Libanons Ex-Außenminister Bassil aus Davos auszuladen wäre falsch. Stattdessen muss er kritisch befragt werden.
![ein Mann mit grauem kurzen Haar und hebt die Hand ein Mann mit grauem kurzen Haar und hebt die Hand](https://taz.de/picture/3928174/14/libanon-aussenminister-gebran-bassil.-1.jpeg)
D er ehemalige Außenminister Libanons, Gebran Bassil, spricht am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Bassil, Schwiegersohn des libanesischen Präsidenten, steht wie kein anderer für die Korruption und Misswirtschaft im Land. Er stand im Fokus der Protestierenden, die wochenlang Schimpfwörter gegen ihn sangen.
Bassil sitzt nicht nur im Zentrum derer, die das Land durch Vetternwirtschaft an den Rand des Staatsbankrotts gebracht haben, er ist auch bekannt für seine rassistische Politik gegen Palästinenser*innen und syrische Geflüchtete, die in Libanon unter ausbeuterischen Verhältnissen illegal beschäftigt werden.
Das alles privilegiert ihn nicht gerade dazu, in Davos zu sprechen. Falsch wäre es dennoch, den Politiker, den viele Libanes*innen nicht als ihren rechtmäßigen Vertreter anerkennen, wieder auszuladen. Dann müsste man auch US-Präsident Donald Trump oder rücksichtslose Wirtschaftsbosse ausladen.
Die Ironie ist, dass Bassil nicht kritisch zur katastrophalen Wirtschaftspolitik der politischen Elite befragt wird – sondern stattdessen als einziger Araber auf dem Podium über die „Rückkehr der arabischen Aufstände“ sprechen wird. Der Fokus des Panels soll darauf liegen, wie die Proteste in einen „positiven Strategieplan für politischen Wandel“ übersetzt werden können. Das wird nun ausgerechnet mit einem Minister diskutiert, dessen Übergangsregierung mit Menschenrechtsverletzungen gegen Protestierende aufgewartet hat.
Während es für Journalist*innen im Land unmöglich ist, die Politiker zur Verantwortung zu ziehen, sollten das Publikum und die Wirtschaftsjournalist*innen in Davos den Ex-Minister nicht hofieren, sondern die Plattform für kritische Fragen nutzen. Denn die Besetzung des neuen Kabinetts im Libanon zeigt, dass die politische Klasse, der Bassil angehört, keinerlei Interesse an einem Wandel hat, sondern mit Gewalt den Status quo wahrt.
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