Was tun mit linkem Shoah-Relativierer?: Der meint das ernst
Ein 18-jähriger Hamburger Linken-Parlamentskandidat twittert von den Nazis als „größten Klimasünder*innen“. Nur ein Ausrutscher?
D er „Klima-Holocaust“ also tötet „in diesem Moment Millionen Menschen und Tiere“? Die Nazis, ausgerechnet, gehören „zu den größten Klimasünder*innen“?! Sicher: Er ist noch jung, jener Hamburger Linken-Kandidat, der solches getwittert hat. Aber er ist alt genug, um Kraftfahrzeuge zu führen – in der Welt des @tomradtkede vielleicht gleich das nächste Verbrechen –, Geschäfte abzuschließen und zu wählen. Und: drei Tweets derselben Tonart, auch wenn recht flott hintereinander weggerülpst?
Mit 18 ist so einer doch ein Digitaler Eingeborener, kann sich also nicht rausreden mit irgendwelchen Ausrutschern. Zumal: Ausdrücklich die Netzpolitik nennt er das zweite „Thema mit dem ich mich beschäftige“ (sic!). Und nachdem er spät am Dienstag sogar noch nachgelegt hat, auf Anfrage einer Nachrichtenagentur, werden wir annehmen müssen: Der meint das ernst.
Nun ist es ja nicht das allererste Mal, dass sendungsbewusste Überzeugungstäter*innen sich solcher Rhetorik bedienen, um ihr Anliegen stärker zu machen. Da war ja nicht mal dieser Extinction-Rebellion-Guru Avantgarde, der dann, nachdem die deutschen Mitstreiter*innen ihn ermahnten, ein wenig weinerlich Reue bekundete. Nein, an die Relativierung der Schoah reicht gefühlt auch jeder zweite ach so clevere PR-Coup der Tierschützer von Peta heran – und die so beliebte Rede vom KZ-Huhn erst recht.
Wen es nun nicht überzeugt, im naiven Jung-Linken einen Nachweis anzutreffen fürs Verkommene dieser Klimafanatiker*innen insgesamt; wem es nicht behagt, gleich wieder Sportwagen fetischisierenden Mitte-Gläubigen zuzusehen, wie sie nun „linken“ Antisemitismus entlarvt haben wollen: Was tut der (oder die)?
Ein Klagelied anstimmen übers Schulsystem, das 18-Jährige mit derart haarsträubendem Faktenwissen ausstattet (respektive dessen Abwesenheit)? Nach den Eltern rufen? Oder lieber Trolle am Werk sehen und eine Verschwörung – immerhin gibt’s das Profil, unter dem die anstößigen Zeilen getwittert wurden, ja erst seit diesem Monat?
Man könnte, mit sehr viel Wohlwollen, ja eine geschickte Provokation in all dem erkennen können: ein gezieltes Pieksen an einer neuralgischen Stelle, einen Move gegen das zunehmend in Andacht erstarrende Gedenken, so eine Art missverstandene „Zentrum für Politische Schönheit“-Nachahmung. Aber damit lägen wir daneben bei diesem Hamburger Daneben-Greifer.
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