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Warnung vor steigenden KassenbeiträgenEs führt kein Weg daran vorbei

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die Menschen werden älter, die Ausgaben für Behandlung und Pflege steigen. Um eine gute Versorgung zu gewährleisten, müssen alle mehr bezahlen.

Operation im Krankenhaus: Die Menschen werden älter, die Ausgaben für Behandlung und Pflege steigen Foto: Panthermedia/imago

D ie neueste Lieferung zum Thema kommt vom Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenkasse bewege man sich bis zum Jahre 2030 „ungebremst auf einen Beitragssatz von 20 Prozent“ zu, wenn es keine Gegenmaßnahmen gebe, sagte Baas in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Schon seit Längerem moniert auch die Wirtschaft steigende Sozialversicherungsbeiträge.

Die Sozialverbände beschweren sich mitunter ebenfalls über steigende Abgaben für Arbeitnehmer:innen. Sicher kann man die Profite und Preise in der Pharmaindustrie anprangern, so wie Baas das tut. Trotzdem: Die Ausgaben für Krankheit und Alter werden steigen, bedingt auch durch die Demografie und die Fortschritte in der Medizin. Die Abgabenbereitschaft, die Einzahlungsbereitschaft einer Mehrheit in die Solidarsysteme, mit den einkommensabhängigen Beiträgen, muss daher unbedingt erhalten bleiben.

Sie ist das höchste Gut im Sozialstaat. Sinkt diese Bereitschaft, wird es eng. Dann werden Lebensrisiken mehr und mehr auf die Individuen verteilt. Wer steigende Beiträge beklagt, muss das mitbedenken. Vor mehr als 20 Jahren, zu Zeiten der Massenarbeitslosigkeit, gab es eine ähnliche Debatte. Damals galten die hohen Sozialabgaben als Bremse für den Jobmarkt. Heute hört man in der Wirtschaft zudem das Argument, hohe Abgaben schreckten ausländische Fachkräfte ab, herzukommen.

Aber die Wirtschaft weiß genau, dass unser Sozialsystem, unser weitgehend unentgeltliches Bildungssystem und das Gesundheitssystem als international attraktiv gelten für qualifizierte Zu­züg­le­r:in­nen mit Familie. Vor mehr als 20 Jahren kamen Finanzierungsweise und Leistungen der Krankenkassen auf den Prüfstand. Das einkommensabhängige Beitragssystem wurde in Frage gestellt.

Politiker schlugen vor, sehr alten Menschen keine künstliche Hüfte mehr zu bezahlen. Diese Debatten will keiner wieder haben. Aber es wird teurer werden. Für alle. Das muss klar sein.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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