Wahlen in Bosnien und Herzegowina: Leise Hoffnung
Das Mitte-links-Lager in Bosnien hat den nationalistischen Parteien erstmals eine Niederlage zugefügt. Das dürfte Wirkung auf das ganze Land haben.
B ei vielen Wählern in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, kam am Montagmorgen Freude auf. Vor allem dass Bakir Izetbegović, Chef der muslimischen Nationalpartei SDA, gegen den bislang wenig bekannten Sozialdemokraten Denis Bećirović eine Niederlage einstecken musste, wirkt auf viele erleichternd.
Dass in der Stadt Sarajevo und im Kanton Sarajevo mit der Troika aus Sozialdemokraten, der linksliberalen Partei Naša stranka und der SDA-Abspaltung „Volk und Wahrheit“ ein nichtnationalistisches Parteienbündnis die Oberhand gewonnen hat, ist für die bisher dominierende Nationalpartei eine deutliche Schlappe. Sie wird ihre Wirkung auf das gesamte Land nicht verfehlen.
Schließlich geht es um die Zukunft des Landes, das mit der bisherigen Herrschaft der Nationalparteien in eine Sackgasse geraten ist. Nun werden zwei der drei Mitglieder des Staatspräsidiums mit Denis Bećirović und dem Kroaten Željko Komšić von Nichtnationalisten repräsentiert werden. Nur die Serbin Željka Cvijanović gehört der serbischen Nationalistenpartei SNSD an.
Da die Nichtnationalisten in Zukunft auch in den Parlamenten der Föderation und des Gesamtstaats gestärkt sein werden, ist es ihnen möglich, schärfer gegen die Korruption und für europäische Werte aufzutreten. Sie wollen den Kandidatenstatus für die EU erreichen.
Dämpfer für den Nationalismus
Selbst der serbische Nationalistenführer Milorad Dodik erlitt eine Art psychologische Niederlage. Der Putinfreund und Separatist musste bis zuletzt fürchten, gegen die liberale Wirtschaftwissenschaftlerin Jelena Trivić beim Kampf um das Amt des Präsidenten des serbischen Teilstaates zu verlieren. Er wird sich schon bald einer gestärkten Opposition gegenübersehen.
Lange Gesichter gab es zudem bei den Kroaten um den Extremistenführer Dragan Čović. Sie konnten trotz aller Unterstützung aus Kroatien das Wahlrecht nicht zu ihren Gunsten verändern.
Der Nationalismus hat bei diesen Wahlen einen Dämpfer erfahren; damit ist ein bisschen Hoffnung in Bosnien aufgeglimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption