Wagenknechts Koalitionsspiele: Tritt Brandenburg jetzt aus der Nato aus?
In Brandenburg sind die SPD und das BSW auf dem Weg zu Koalitionsgesprächen. In Sachsen und Thüringen holpert es hingegen kräftig.
Die Sondierungsgruppen beider Parteien wollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bekanntgeben, dass sie den Parteivorständen Verhandlungen empfehlen. Die Spitzen der Landesverbände von SPD und BSW beraten darüber. Die B.Z. und die Bild-Zeitung berichteten zuvor darüber.
Anfang Oktober starteten die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach die Sondierung über eine mögliche Regierungskoalition. Woidke und Crumbach beurteilten die Gespräche bisher grundsätzlich positiv.
Crumbach wies aber auch darauf hin, dass es manchmal schwierig sei. Nach außen gab es keine Anzeichen mangelnder Kompromissbereitschaft. Crumbach ist einigen in der SPD bekannt: Er war 40 Jahre lang Sozialdemokrat. Unklar ist bislang, ob das BSW auch in Brandenburg darauf besteht, eine Ablehnung der militärischen Unterstützung der Ukraine und der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland im Koalitionsvertrag festzuschreiben.
Wagenknecht hat Forderungen gestellt
Beide Parteien stehen nach der Landtagswahl vom 22. September auch unter einem gewissen Zugzwang: Nur SPD und BSW zusammen haben im Parlament eine realistische Mehrheit, denn keine andere Partei will mit der zweitstärksten Kraft AfD koalieren. Und Alternativen wären nur eine SPD-Minderheitsregierung oder eine Neuwahl. Bislang regiert Ministerpräsident Woidke in einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen.
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine klare Position zur Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der überfallenen Ukraine. Wagenknecht sitzt nicht direkt mit am Verhandlungstisch, das BSW in Brandenburg stimmt sich aber nach eigenen Angaben eng mit ihr ab.
Woidke hatte sich mit Sachsens CDU-Regierungschef Michael Kretschmer sowie Thüringens CDU-Chef Voigt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Anfang Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. Wagenknecht hatte den Artikel als wichtigen Beitrag bezeichnet, weil er statt Waffenlieferungen eine andere Perspektive aufzeige. Woidke machte später aber auch deutlich, dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.
Schwierige Beratungen in Sachsen
In Sachsen und Thüringen geht es ebenfalls um eine mögliche Regierungsbeteiligung, aber um eine „Brombeer-Koalition“ aus CDU, BSW und SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche jedoch in der vergangenen Woche von der SPD unterbrochen, weil der Großteil der Abgeordneten aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmte.
„Das Theater, was die SPD aufführt, ist für mich nicht hinnehmbar und politisch unverantwortlich. Ich fordere die SPD auf, zu dem bisher seriös verlaufenen Verhandlungsprozess zurückzukehren“, sagte BSW-Fraktionschefin Sabine Zimmermann dem Tagesspiegel. Sie verteidigte das Abstimmungsverhalten gegenüber der Zeitung: „Dass die Corona-Zeit in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden muss, war für uns ein zentrales Wahlversprechen und ist daher nicht verhandelbar.“
Das BSW habe CDU und SPD transparent und frühzeitig darüber informiert, dass es dem AfD-Antrag zustimmen würde. „Wir hatten ihnen auch die Möglichkeit gegeben, unseren BSW-Antrag zum Thema mitzuzeichnen, was sie aber abgelehnt haben“, sagte Zimmermann. Auch ohne die Stimmen des BSW wäre es zu dem Untersuchungsausschuss gekommen, da die AfD mit 40 Abgeordneten im Landtag vertreten ist, nötig waren aber nur 24 Stimmen.
Am Montag ist nach SPD-Angaben nun ein Treffen mit Spitzenpolitiker:innen von CDU und BSW geplant, das klären soll, ob und wie die Gespräche fortgeführt werden können. „Wir wollen eine stabile Regierung in Sachsen. Die SPD muss sich endlich entscheiden, was sie wirklich will“, sagte Zimmermann.
Sondierungen in Thüringen stocken
Auch in Thüringen steht das Brombeer-Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos. Über das Wochenende gaben sich die Spitzen von CDU, BSW und SPD Bedenkzeit. Sie soll am Montag oder Dienstag mit der Wiederaufnahme von Gesprächen enden, hieß es am Sonntag aus Verhandlungskreisen.
„Die Chancen stehen 50:50“, sagte einer der Verhandler der Deutschen Presse-Agentur. Und: „Die Tür ist nicht zu.“ Es würde ein neuer Kompromissvorschlag versucht. SPD-Landeschef Georg Maier sagte dem Berlin Playbook Podcast von Politico, er wisse nicht, ob eine „Brombeer-Koalition“ aus CDU, SPD und BSW noch zustande kommen kann. „Also wir arbeiten hart daran, dass sie kommt, oder beziehungsweise, dass wir in Thüringen eine Landesregierung bekommen, die handlungsfähig ist“, sagte Maier.
Maier kritisierte die Bedeutung von außenpolitischen Themen bei den Gesprächen. In Bezug auf die „wirklich wichtigen Probleme des Landes“ seien die Außen- und Friedenspolitik aus seiner Sicht „nachgeordnet“, sagte er. „Aber das BSW und namentlich Frau Wagenknecht hat hier ein Stoppzeichen gesetzt und hat gesagt, die Frage muss zuerst geklärt werden“, fügte der Thüringer Innenminister hinzu. Er fände „das nicht gut, weil es ist nicht im Sinne des Landes.“
Wagenknecht warnt
Angesichts von Konflikten mit dem BSW schwand zuletzt bei CDU und SPD die Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Sondierungsgespräche. Laut Berichten des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) lag am Freitag ein mühsam errungener Kompromiss zu außenpolitischen Fragen vor. Dieser sollte den Weg von Sondierungsgesprächen zu Koalitionsverhandlungen ebnen und sei bereits von den Führungsgremien von CDU und SPD gebilligt worden. Wagenknecht habe den Vorschlag daraufhin blockiert und ihrerseits einen Passus vorgelegt, der für CDU und SPD nicht akzeptabel sei, berichtete das RND.
BSW-Chefin Wagenknecht warnte unterdessen ihre Partei vor zu vielen Zugeständnissen auf dem Weg zu möglichen Regierungsbeteiligungen. Kompromisse müssten möglich sein, sagte sie dem Stern. „Aber Kompromissbereitschaft darf kein Vorwand sein, um für eine Regierungsbeteiligung fast alles über Bord zu werfen, wofür man gewählt wurde.“ Viele Menschen setzten große Hoffnungen in das BSW als neue Partei. „Alle, die sich im BSW engagieren, haben die verdammte Verantwortung, diese Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Der Wählerauftrag an das BSW sei nicht, ein Weiter-so zu ermöglichen.
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