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Waffenfähige Drohnen aus DeutschlandGewerkschafter für mehr Rüstung

Ein weiterer Sprecher der IG-Metall will die europäische Drohne. Auch Betriebsratschefs machen fordern Waffenexporte.

So etwas ähnliches sollen auch die Europäer bauen: waffenfähige US-Drohne „Reaper“. Bild: US Air Force/dpa

BERLIN taz | Die SPD gerät in der Rüstungspolitik unter zunehmenden Druck von Gewerkschaftern. Am Wochenende sprach sich der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, für den Bau einer europäischen Drohne aus. Ein solches Programm „würde am Standort Manching 1.500 Arbeitsplätze sichern“, sagte Stiedl der Welt am Sonntag.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich nach monatelangem Zögern in der vergangenen Woche für die Entwicklung einer bewaffneten europäischen Drohne ausgesprochen. Stiedl, der bei der IG Metall für den Airbus-Konzern zuständig ist, bezeichnete das als „Lichtblick“. Schon in der Vergangenheit hatte er sich für mehr Rüstungsaufträge starkgemacht. 2010 etwa kritisierte er die Kürzung des Verteidigungsetats. „Zigtausende von Arbeitsplätzen“ seien in Gefahr, sagte er.

Bereits im Juni hatten sich die Betriebsratsvorsitzenden von mehr als 20 Firmen in einem Brief an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen Beschränkungen bei Rüstungsexporten ausgesprochen. „Rüstungsausfuhren könnten zwar kein Allheilmittel sein, aber ohne den Export sei die Industrie nicht überlebensfähig“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters aus dem Schreiben. „Im Koalitionsvertrag stehe zwar, dass Arbeitsplätze und Kernkompetenzen der Rüstungsbranche in Deutschland erhalten bleiben sollten. Diesen Worten müssten jedoch Taten folgen.“

Bislang zeigt sich Gabriel davon unbeeindruckt. Laut einem aktuellen Spiegel-Bericht verweigerte er dem Waffenhersteller Heckler & Koch die Genehmigung für den Export von Bauteilen des Gewehrs G36 nach Saudi-Arabien. Führende Unionspolitiker haben ähnlich wie die Gewerkschafter mit einem Brief an Gabriel gegen dessen Exportpolitik protestiert: Sie bedeute eine „völlige Abkehr von der bisherigen deutschen Ausfuhrpolitik von Rüstungsgütern“, zitierte der Spiegel aus dem Schreiben. „Die Existenz eines ganzen Wirtschaftszweiges mit rund 200.000 Arbeitsplätzen“ sei gefährdet. Zu den Autoren gehört unter anderem der Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter (CDU).

Uneinigkeit in der SPD

Anders als bei den Exporten ist die SPD in der Drohnen-Frage uneins. Da die Entwicklung einer eigenen europäischen Drohne mindestens zehn Jahre dauern würde, hatte von der Leyen vorgeschlagen, kurzfristig bewaffnete Drohnen zu leasen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, unterstützte die Pläne und sprach sich für das Leasen der israelischen Heron-Drohne aus: „Der Heron hat sich in Afghanistan bewährt, Ausbildung und Einsatz sind eingeübt“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann blieb eher vage: Er begrüße, „dass wir jetzt eine breite gesellschaftliche, ethische und verteidigungspolitische Debatte über die Frage führen“, sagte er der Berliner Zeitung. Genauso wie „in der Bevölkerung“ sei in der SPD „die Diskussion noch nicht abgeschlossen“. Zur Entwicklung einer eigenen europäischen Drohne nahm er keine Stellung. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte sich zuvor gegen Kampfdrohnen ausgesprochen. Bisher hat die Bundeswehr nur unbewaffnete Drohnen zur Luftaufklärung geleast.

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17 Kommentare

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  • An solchen Bettelaktionen sieht man wie grandios gut "unsere" Marktwirtschaft funktioniert: gar nicht. Bricht die Nachfrage ein, kollabiert die Wirtschaft und bedroht damit die Existenz aller abhängig Beschäftigten. Es muss ständig produziert werden. Das bedeutet ständiges Geldverschleudern, ständiges Malochen und ständiges Verheizen von Rohstoffen. Wer stellt hier wann das System infrage?

  • Wer in Somalia wohnt, ist nur froh über die bewaffneten Drohnen, welche die islamistische Al-Shabaab-Miliz helfen zurückzudrängen. Verschiedene afrikanische Truppen gehen gegen die islamistische Al-Shabaab-Miliz vor und jede Unterstützung ist willkommen. Die somalische Bevölkerung lebt unter den unsichersten Bedingungen. Hungersnöte kommen immer wieder vor. Al-Shabaab verbietet Hilfsorganisationen zu helfen. Frauen werden ausgepeitscht, wenn sie nicht den "Kopf- und Komplettkäfig" tragen, und das bei schwerer Arbeit und Hitze.

    • @Gabriel Renoir:

      Und die Drohnen bringen den Frieden nach Somalia? Das ist doch ein abstruse Behauptung.

      • @Andreas_2020:

        Natürlich werden die Al Shabaab Milizen dadurch geschwächt. Inzwischen sind die aus allen Städten raus. Das kann man aus Deutschland aus dem Sessel doch nicht nachvollziehen, welche gewalttätigen Idioten diese Länder kaputtmachen. Die Afrikanische Union hat einige Erfolge zu vermelden in Somalia. Dasselbe gilt für Kony, und ähnliche Gestalten. Diesen Leuten fehlt jegliche Humanität und Mitgefühl. Das ist wie damals mit Hitler. Drohnen sind da gut. Frieden ist ein langer Prozess, aber Gestalten wie Hitler lassen sich nicht mit Gebeten überzeugen.

  • Man kann zwar die Gewerkschafter und die Arbeitnehmer verstehen, dass sie um ihre Arbeitsplätze bangen, aber dennoch sollten sie einen Schritt weiterdenken, Rüstung und Krieg schaden Arbeitnehmern aller Länder.

     

    Mit der Forderung nach Konversion der Rüstungsindustrie in zivile Produktion, nach Ersatzarbeitsplätzen und nach Zukunftsinvestitionen, statt der Geldverschwendung durch Rüstungsproduktion, wären auf Dauer mehr Arbeitsplätze gesichert.

    Dass das gelingen kann zeigt die jüngere Geschichte: Nach Angaben der IG-Metall (v. 23.07.2010) waren 1989 in den alten Bundesländern 280.000 und in den neuen Bundesländern 120.000 Beschäftigte in der Rüstungsproduktion tätig. 2010 waren es insgesamt nur noch rund 80.000 Arbeitsplätze, die von der Rüstungsindustrie abhingen. Nach anderen Schätzungen sind es derzeit noch 40.000 Arbeitsplätze.

    Ein Beschäftigungsprogramm mit dem Tod von Menschen kann und darf jedenfalls nicht die Lösung sein. Quelle NDS

    • @heino Ewerth:

      Es geht hier um die gezielte Tötung von 1000fachen Mördern wie Joseph Kony, die Al-Shabahh Milizen, die ganze NW Frontier region von Pakistan ist ein Sumpf, siehe die versuchte Ermordung der pakistanischen Schülerin Malala Yousafzai. Bitte einfach da hinziehen, und dann den hier mitgeteilten Pazifismus unter den Bedingungen dort auch leben. Ich bin leider ab und an in solchen Regionen.

      • @Gabriel Renoir:

        Waffen in Krisenregionen exportieren, in den Krieg ziehen und dann den Menschen vor Europas Küste kein Asyl gewähren. Wer kümmert sich hier um Menschenrechte?

         

        Es geht um das gezielte Töten von Psychopathen? So wie bei Saddam Hussein? Unter einem falschen Vorwand ein Land völlig verwüsten, über 100.000 Zivilisten umbringen, ... Komm mir bitte nicht mit Menschenrechten! Wir bleiben zu Hause und wer Hilfe braucht, den nehmen wir auf!

  • Stärkt die Binnennachfrage, dann wäre Deutschland nicht so auf den Export angewiesen.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Daß deutsche Gewerkschaften und Betriebsräte auf Seiten des Kapitals und der Wirtschaft, also der Bosse, stehen, ist ja schon lange kein Geheimis mehr. Wer bei den Hunden schläft, bekommt irgendwann Flöhe.

     

    Spitze Gewerkschaft: Wir schaffen Arbeitsplätze für Arbeiter in Deutschland und töten mit ihren Produkten Arbeiter im Ausland. Prima.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      Al Shabaab und Kony sind Arbeiter? Das ist mir neu.

      • @Gabriel Renoir:

        Der Irakkrieg hat was verändert? Die Ermordung von Bin Laden oder Saddam hat was verändert? Das wäre mir auch neu.

  • Die IG Metall hat sich früher immer gegen Rüstungsprojekte ausgesprpchen. Das war die offizielle Linie. Auf der intransparenten Seite waren sie oft froh, wenn ihre Leute weiter arbeiten konnten an Rüstungsprodukten. Dass sie das heute offen sagen und dem Steuerzahler irgendeinen Rüstungsmist reindrücken, den keiner braucht, ist allerdings neu und bestimmt so etwas wie ein Wendepunkt der Organisation. Wer Waffen baut, der sorgt dafür, dass sie irgendwann auch benutzt werden. Das ist die einfache Wahrheit - ob Gewehre, Drohnen oder Panzer hergestellt werden - es sind Waffen, die dazu dienen, dass Menschen sterben.

  • Um die 200.000 Jobs wäre es nicht schade, produzieren sie doch Waren, die zum Töten gedacht sind, denn für nichts anderes sind Waffen gedacht.

     

    Es gibt übrigens auch die Möglichkeit, dass sich die Unternehmen auf andere Dinge spezialisieren, weswegen es nicht notwendig ist, dass die Arbeitsplätze verloren gehen, wenn der Export verboten wird und es auch keine europäische Drohne gibt.

  • Warum jetzt eine eigene Drohne entwickeln? Dann haben wir in gut zehn Jahren wieder die Frage, exportieren oder nicht exportieren? Und wenn ja, dann auch in Staaten, die nur begrenzt demokratisch sind, oder doch lieber nicht? Ich persönlich bin gegen die Entwicklung einer eigenen Drohne.

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Smaragd:

      Sie verstehen nicht ganz: Natürlich soll das Zeug exportiert werden. Hier geht´s - wie überall - nur um Kohle.

  • gewerkschaftersein heißt nicht automatisch sinnvolle dinge zu sagen.

  • Wie einig sich doch die unterschiedlichsten Fraktionen und Organisationen sind, daß Deutschland wieder zu einer militärischen Weltmacht aufgerüstet werden muß.