Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach: Flottenchef versenkt
Der Chef der deutschen Marine wird gefeuert. Er forderte ein Bündnis mit dem „christlichen“ Russland gegen China, gegen das Krieg bevorstehe
Die Verstimmung zwischen Deutschland und der Ukraine hat am Wochenende eine neue Qualität erreicht. Anlass ist ein kurioser Auftritt des Chefs der deutschen Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, in dem er Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Schutz nahm und die Annexion der Krim anerkannte. Nach dem Publikwerden des Vortrags wurde Schönbach mit sofortiger Wirkung“ von seinen Aufgaben entbunden, gab Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Samstagabend bekannt. Wegen der Äußerungen bestellte die ukrainische Regierung die deutsche Botschafterin in Kiew ein.
Schönbach, der die deutsche Marine kommandiert, hatte am Freitag bei einem Zwischenstopp der Fregatte „Bayern“ in Mumbai einen Vortrag vor Indiens führender militärstrategischer Organisation „Manohar Parrikar Institute for Defence Studies and Analyses“ (MP-IDSA) über „Deutschlands Indopazifikstrategie“ gehalten. In der Diskussion nach dem Vortrag forderte er ein Bündnis Deutschlands mit Russland und nahm den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Schutz, da dieser ein christliches Land führe und „Respekt“ verdiene.
Vollständig sagte der deutsche Marinechef: „Meine Ministerin fragte mich: Was denken Sie, was Russland wirklich will? Ist Russland wirklich an einem winzig kleinen Streifens ukrainischen Bodens interessiert, um es seinem Land anzugliedern? Nein, das ist Unsinn. Ich glaube, Putin übt wahrscheinlich Druck aus, weil er es kann. Er weiß, dass er die EU spalten kann. Was er wirklich will, ist Respekt. Er will Respekt auf Augenhöhe. Mein Gott, gebt ihm Respekt! Es kostet wenig, sogar nichts. Wenn man mich fragen würde, aber man fragt mich nicht: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er verlangt und wohl auch verdient. Russland ist ein altes Land, Russland ist ein wichtiges Land. Sogar wir, Indien, Deutschland, brauchen Russland, wir brauchen Russland gegen China.“
Und weiter: „Ich bin ein ganz radikaler Katholik, ich glaube an Gott und an das Christentum – und da haben wir ein christliches Land. Putin ist ein Atheist, aber das macht nichts. Ich denke, dieses große Land, auch wenn es keine Demokratie ist, als bilateralen Partner zu haben, mit EU und USA auf Augenhöhe, ist einfach und es hält Russland wahrscheinlich von China fern.“ Dann sagte Schönbach noch, die Krim sei „weg“ und werde „nie zurückkommen, das ist ein Fakt“.
„Dieser Geruch in diesen Räumen in Indien“
Diese Äußerungen sorgten prompt für Empörung. Die ukrainische Regierung bestellte am Samstag die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen ein. Vizeadmiral Schönbach wurde zum Rapport bei Generalinspekteur Eberhard Zorn einbestellt, seinem Vorgesetzten. Dem kam er jedoch durch seinen Rücktritt zuvor. Davor noch bezeichnete der Admiral via Twitter seine „sicherheitspolitischen Äußerungen“ in Indien als „klaren Fehler“ und sagte, sie „gaben meine persönliche Meinung in diesem Moment vor Ort wieder“. Welche Meinung er zu einem anderen Moment an einem anderen Ort vertritt, ließ Schönbach offen.
Der gesamte Auftritt, einschließlich Diskussion, wurde vom MP-IDSA live auf YouTube gestreamt, worauf der Direktor mehrfach hinweist. Schönbach tritt in Uniform auf, also in offizieller Funktion, und blickt mehrfach Richtung Videokamera. Seine Äußerungen seien „teilweise offiziell, teilweise private Haltung“, sagt er, aber präzisiert später: „Alles, was ich Ihnen hier sage, muss von meinen politischen Herren abgesegnet sein.“
In seinem Vortrag sagt der Admiral noch einige andere erstaunliche Dinge. Er nennt die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) „jung“ und „unerfahren, wie viele andere“, und sagt, letztlich sei die Haltung zu Russland „Außenpolitik“ und „politische Fragen sind Modefragen und Emotionen“. In seinen einleitenden Worten versucht der deutsche Marinechef, Verbundenheit mit Indien mit folgenden Worten zu demonstrieren: „Gestern sagte ich Indiens Marinechef: Dieser gewisse Geruch, den habt ihr auf den Straßen und auch hier in diesen Räumen – ich könnte meine Augen schließen, und wenn mich jemand fragt, wo ich bin, weiß ich: Ich bin in Indien.“
Ukrainer reden von deutschem Größenwahn
Inhaltlich richtet sich sein Vortrag vor allem gegen China, das „kein nettes Land“ sei und „mehr als ein Rivale: Es wird kämpfen.“ China versuche, die EU und die Nato zu spalten. „Das muss enden, und am Ende ist der einzige Weg, das mit Gewalt zu tun“, sagt der deutsche Admiral. Indien müsse eine breite Allianz gegen China schmieden: „Ich glaube, es wird Krieg geben – wahrscheinlich nicht in den nächsten zwei oder drei Jahren, aber im nächsten oder übernächsten Jahrzehnt.“
Rechte Kreise in Deutschland sehen in Schönbach jetzt einen Helden, den man kaltstelle, weil er die „Wahrheit“ sage. „Deutsche Arroganz und Größenwahn“ nennt all das in einem Interview hingegen der ukrainische Botschafter in Berlin und wundert sich, dass „einer der hochrangigsten Köpfe der Bundeswehr von einer heiligen Allianz mit Kriegsverbrecher Putin und einem deutsch-russischen modernen Kreuzzug gegen China träumt“.
Zuvor hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bereits Unmut darüber geäußert, dass die Bundesregierung der Ukraine keine Waffen liefern will. Aktuell sorgt für Streit, dass Deutschland die Genehmigung eines Weiterexports einst aus Deutschland nach Estland gelieferter Haubitzen in die Ukraine blockiert. Bundesverteidigungsministerin Lambrecht stellte am Wochenende nur „ein komplettes Feldlazarett“ für die Ukraine in Aussicht.
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