„Vermummungsverbot“ in Online-Foren: Weniger Anonymität, weniger Hass?
Österreichs Bundesregierung will, dass User sich zu erkennen geben – mit ihrer Handynummer beim Provider. Netzexperten sind skeptisch.
Kolportiert wird, dass alle Nutzer von sozialen Medien beim Provider ihre Handynummer hinterlegen müssen. Die Verwendung von Pseudonymen soll aber weiterhin zulässig sein. „Was macht jemand, der kein Handy hat?“, fragt die Journalistin Ingrid Brodnig, die 2016 ein Buch über Hass im Netz geschrieben hat. Den Vermarktungsbegriff „Vermummungsverbot“, den die Regierung in die Welt gesetzt hat, hält Brodnig für eine geniale Bezeichnung: „Das klingt gut, nur was das konkret für die Bürger bedeutet, ist eine Identifikationspflicht im Internet – auch für all jene, die vollkommen sachlich und fair posten.“
Sie zeigt sich gegenüber der taz skeptisch, dass die Einschränkung der Anonymität im Netz die gewünschten Erfolge bringt, und verweist auf das Beispiel Südkorea, wo 2007 ein ähnliches Gesetz beschlossen wurde: „Jeder südkoreanische Bürger hat eine 13-stellige Einwohnernummer. Und wer auf großen Webseiten posten wollte, musste diese Nummer angeben. Man durfte zwar weiterhin Pseudonyme verwenden, aber bei Beschwerden war die Person sofort ausforschbar.“
Die Folgen seien „kreativere Beleidigungen“ gewesen. Und Hacker hätten die privaten Daten von 35 Millionen Südkoreanern erbeutet. 2012 habe der Verfassungsgerichtshof das Gesetz aufgehoben. Eine massive Abnahme illegaler Postings habe sich nicht gezeigt, so Brodig. Über Details gab sich Österreichs Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) noch zugeknöpft. Man werde noch über „finale Ergebnisse informieren“, hieß es aus seinem Büro. Betroffen wären vermutlich auch die Online-Foren mehrerer Medien.
Darunter Der Standard, ein Pionier auf dem Sektor, der eines der lebendigsten Foren Österreichs betreibt. „Weniger Anonymität hilft nicht gegen Hasspostings“, meint man bei den liberalen NEOS. Die ehemalige Grünen-Abgeordnete Sigi Maurer wurde vergangenes Jahr mit unter Klarnamen geschriebenen sexistischen Postings belästigt. Ingrid Brodnig meint, es gebe auch mildere Mittel. Denn schon jetzt habe die Polizei die Möglichkeit, die IP-Adressen von Postern zu ermitteln.
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