piwik no script img

Verkehrspolitik der neuen RegierungVon der Ampel ausgebremst

Kein Tempolimit, kein Vorrang für Bahn-Bus-Rad-Verbünde: Der Koalitionsvertrag enttäuscht Be­für­wor­te­r:in­nen der Verkehrswende.

Protest gegen die Küstenautobahn A 20: Bleiben umstrittene Verkehrsprojekte auch unter der Ampel? Foto: Sina Schuldt/dpa

Berlin taz | Das Echo auf die verkehrspolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP fällt gemischt aus. Be­für­wo­r­te­r:in­nen einer Verkehrswende sind enttäuscht. Die Konkurrenz der Deutschen Bahn dagegen begrüßt den Koalitionsvertrag.

„Das Instrumentarium, auf das sich die drei Parteien bei der Mobilität verständigt haben, trägt kaum dazu bei, das Klimaziel von Paris zu erreichen“, sagt der Bundesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, Stefan Bajohr. Ohne Tempolimits, ohne Aus für Straßenneubau und Verbrenner und ohne absoluten Vorrang für den Verbund aus Bahn, Bus, Rad und Fuß­gän­ge­r:in­nen scheitere die Verkehrswende.

Enttäuscht ist auch der Bundesverband Zukunft Fahrrad. „Der Vertrag weist weder den Weg zur Verkehrswende noch in Richtung Fahrradland“, sagt Geschäftsführer Wasilis von Rauch. Das Rad spiele nur eine Nebenrolle, wichtige Impulse wie ein Förderprogramm für Lastenräder fehlten ganz.

„Insgesamt setzt der Koalitionsvertrag keine ambitionierten und klugen verkehrspolitischen Impulse“, meint auch Bernhard Knierim vom Bündnis Bahn für Alle. So fehle eine Absage an die Großprojekte der Bahn, die oft wenig Nutzen bringen, aber im Bau extrem viel CO2 emittieren. Auf Unverständnis stößt, dass die Grünen zugunsten der FDP auf das Verkehrsministerium verzichten. Das hätten sie schon bei ihrer ersten Regierungsbeteiligung 1998 getan und damit dem Privatisierungskurs von Bahnchef Helmut Mehdorn den Weg bereitet. Das Bündnis begrüßt, dass das Schienennetz der Deutschen Bahn künftig gemeinnützig betrieben werden soll. Es kritisiert aber, dass gleichzeitig der Wettbewerb zwischen dem bundeseigenen Konzern und anderen Verkehrsunternehmen verschärft wird.

Bahnwettbewerber sind zufrieden

Mit dem Koalitionsvertrag zufrieden ist dagegen der Verband mofair, der Wettbewerber der Deutschen Bahn organisiert. „Durch den Wegfall der Gewinnerzielungsverpflichtung beseitigen die Koalitionäre das vielleicht wichtigste Hindernis für eine bessere, qualitätsvolle Schieneninfrastruktur“, sagt mofair-Präsident Tobias Heinemann.

Gewinne der Infrastruktursparte, etwa durch die Schienenmaut, sollen künftig nicht mehr für die Quersubventionierung anderer Bereiche der Deutschen Bahn genutzt werden. Damit werde der Wettbewerb gestärkt, so Heinemann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Die Grünen sind doch schon lange neoliberal und nur eine grün lackierte FDP. Da war doch klar, dass es soweit kommen musste.

  • Zu Fuß gehen ist gut für den Fußabdruck.

  • Ich verstehe nicht, was dass immer wieder mit den Förderprogrammen für Lastenräder soll.



    Ich habe seit über 10 Jahren kein Auto und bewege mich innerhalb Berlins fast ausschließlich mit dem Rad vorwärts. Dabei habe ich immer eine 40L-Gepäckträgertasche bei, bei Bedarf auch zwei, inkl. kleinem Spanngurt. Damit fahre ich 95% aller Einkäufe nach Hause.



    Wieso soll also ausgerechnet ein Lastenrad gefördert werden?

    • @Berlin:

      Warum denn nicht?



      Leute mit genügend Geld für einen Neuwagen bekommen ja auch 9100€ Steuerzahlergeld.

      Ich wäre sogar dafür, dass man jedem, der 4 Jahre kein Auto hat, 18200€ als Dankschön zahlt.

      • @Bernd Berndner:

        Ich wäre dafür, solche Subventionen ersatzlos zu streichen.



        Aber warum nicht nehmen, was man kriegen kann.

  • Der nackte Wahnsinn darf auf deutschen Straßen also ungebremst weitergehen!



    Die Städte eingasen und vollständig verstopfen, auf Autobahnen bitte mit 300 Sachen - DisneyLand für alle!



    Wir sind wirklich des Wahnsinns fette Beute.