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Verbraucherzentralen-Chef über Ökologie„Die Leute sind ja nicht blöd“

Die Umwelt- und Klimaprobleme sind drängend, die Politik geht sie aber nicht ehrlich an. Das meint der Chef der Verbraucherzentralen, Klaus Müller.

„Ökologische Politik muss bei den Produktionsbedingungen ansetzen, sie darf nicht die persönliche Wahlfreiheit einschränken“ – Klaus Müller Foto: Sebastian Wells
Ulrich Schulte
Interview von Ulrich Schulte

taz am wochenende: Herr Müller, ich möchte mit Ihnen darüber reden, wie man die sozialökologische Transformation so gestaltet, dass viele Menschen gerne mitmachen …

Klaus Müller: Puh, sozialökologische Transformation – ein fürchterliches Wort.

So sollte man das Kind also nicht nennen?

Ich wette, diesen Begriff verstehen 99 Prozent der Menschen nicht. Er ist vielleicht ein passender Slogan für Parteitage oder für Sozialwissenschaftler, aber er hat nichts mit dem Alltagsleben von „Lieschen Müller“ zu tun. Mehr noch: Er schreckt sogar Menschen davon ab, sich mit Ökologie zu beschäftigen, die eigentlich sensibel für Probleme sind.

Wie begeistert man denn Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher für das Thema?

Zunächst mit einer bildhaften, konkreten Sprache, die im Kleinen anfängt. Viele Verbraucher sehen im Urlaub altes Plastik am Strand. Und sie haben erlebt, wie im vergangenen Dürresommer ihr Gartenrasen braun wurde. Dort, in ihrem Alltag, muss man sie abholen. Aber Politiker sprechen lieber über abstrakte Ziele und Visionen als über den harten, unglamourösen Weg dahin. Ich bin ganz bei Franz Müntefering, der gesagt hat, Politik sei vor allem Handwerk. Weniger Transformationsgerede oder wolkige Wünsche wie Weltfrieden, mehr klare Veränderungsschritte, das wäre schon mal wichtig.

Was noch? Die Grünen von heute versuchen ja empathischer zu sprechen als die Generation Trittin.

Die richtige Geschwindigkeit ist bei Reformen entscheidend. Progressive Parteien mit Veränderungsanspruch neigen dazu, alles auf einmal und sofort machen zu wollen. Die Energiewende, die Verkehrswende, die Agrarwende – und irgendeine Wende habe ich bestimmt noch vergessen. Das verkennt, dass man eine Gesellschaft auch überfordern kann.

Im Interview: Klaus Müller

Klaus Müller ist Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Bis 2006 hatte er für die Grünen politische Ämter inne, war Umweltminister in Schleswig-Holstein und MdB.

Aber die ökologischen Krisen sind nun mal so dramatisch, dass sie sofort angegangen werden müssten.

Ich weiß. Aber vor allem muss ihre Lösung nachhaltig sein – und sie dauert lange. Der Schildkröte mit Plastik im Magen, dem Insektensterben oder dem Klimawandel ist wenig geholfen, wenn eine ambitionierte Regierung nach vier Jahren in Schimpf und Schande abgewählt wird. Als Politiker muss ich aushalten, dass ich dem wissenschaftlichen Ruf nach schnellen, dramatischen Veränderungen nicht gerecht werden kann.

Welches Projekt sollten die Grünen priorisieren?

Diese schwierige Aufgabe kann ich weder den Grünen noch einer anderen Partei abnehmen. Aber klar ist: Eine Partei, die in eine Regierung will, muss wissen, was sie in einem knapp bemessenen Zeitraum abarbeiten will – und was nicht. Dabei muss sie legitime Bedürfnisse der Menschen berücksichtigen.

Zum Beispiel den Wunsch nach Sicherheit in einer sich rasant ändernden Welt?

Genau. Der Alltag der Menschen ist von so vielen Veränderungsprozessen geprägt. Die Digitalisierung verändert den Job, aber auch ihr Leben als Verbraucher im Online-Supermarkt oder das soziale Miteinander auf Facebook oder Instagram. Jede Partei, die das Bedürfnis nach Sicherheit ignoriert, wird keine gesellschaftlichen Mehrheiten erringen. Außerdem müssen sich diejenigen, die die ökologische Transformation wollen, über die Bezahlbarkeit Gedanken machen. Und, ganz wichtig, die Menschen dürfen sich nicht gegängelt fühlen.

Da haben die Grünen ja ihre Erfahrungen gemacht. Der Veggieday war eigentlich nur ein vorsichtig formulierter Vorschlag, einen fleischfreien Tag an Kantinen einzuführen. Warum provozierte er so massive Abwehrreflexe?

Weil Menschen sich ungern von Politikern sagen lassen, was sie persönlich tun oder lassen sollen. Ökologische Politik muss deshalb bei den Produktionsbedingungen ansetzen, sie darf nicht die persönliche Wahlfreiheit einschränken. Der Veggieday hat den Ansatz, Verzicht zu üben, auf Jahre in Verruf gebracht. Obwohl es da um sehr bürgerliche, konservative und auch christliche Werte geht: Freitags isst man Fisch, einmal die Woche gibt es den Sonntagsbraten.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Müsste Verzicht im politischen Diskurs nicht eine wichtigere Rolle spielen? „Alle fahren weiter Auto, nur eben E-Auto“ wird nicht funktionieren. Dafür sind die Ressourcen zu knapp.

Den Diskurs über Verzicht gibt es ja.

Wirklich? Robert Habeck erzählt gerne, dass er auch Dosenbier trinke. Botschaft: Jeder tue das, was er will.

Habeck sagt zumindest, dass man den Sixpack nicht in der Plastiktüte an den Badesee tragen sollte. Scherz beiseite: Ich habe schon den Eindruck, dass die Grünen, aber auch Kirchenvertreter oder Wissenschaftler in bestimmten Bereichen deutlich sagen, dass weniger mehr sein kann.

Wie wichtig ist es, bei der ökologischen Transformation für sozialen Ausgleich zu sorgen? In Frankreich protestieren die Gelbwesten immerhin auch gegen höhere Spritsteuern.

Es ist zwingend, das Ökologische und das Soziale zusammen zu denken und auch für Ausgleich zu sorgen. Bitte kein Elitenprojekt. Die Energie-, die Agrar- und auch die Verkehrswende werden scheitern, wenn die Parteien nicht die sozialen Auswirkungen bedenken und dafür Lösungen anbieten. Die Zeche ökologischer Politik zahlen selten die Gutverdiener. Es haben sich zum Beispiel sehr viele Rentnerinnen und Rentner an die Verbraucherzentralen gewandt, weil die Strompreise in den vergangenen Jahren so kräftig gestiegen sind. Diese Menschen haben wenig mehr als die Grundsicherung und werden durch eine höhere Stromrechnung erheblich in ihren Konsummöglichkeiten eingeschränkt.

Halten Sie eine Bewegung wie die Gelbwesten in Deutschland für möglich?

Ein französischer Freund hat mir mal die Mentalität unserer Nachbarn erklärt. Er sagte, der Weg vom Sofa auf die Straße sei in Frankreich kürzer als bei uns. Deutsche bleiben lieber und länger auf dem Sofa sitzen. Aber der Erfolg der AfD hat zum Beispiel auch viel damit zu tun, wie Menschen den Umgang mit dem Dieselskandal wahrnehmen.

In den sozialen Medien hatte die AfD teilweise die Diskurshoheit über den Dieselskandal – und nicht CDU, SPD, FDP, Linke oder Grüne

Inwiefern?

Bundesregierungen haben jahrelang ignoriert, dass es europäische Grenzwerte gibt, und damit in Kauf genommen, dass Gerichte irgendwann Fahrverbote anordnen. Und sie setzen sich gegenüber der Autoindustrie nicht durch. Für eine Familie, deren Budget auf Kante genäht ist, bedeutet ein vierstelliger Wertverlust ihres neuwertigen Dieselautos einen tiefen Einschnitt in die Lebensplanung. Solche Leute dann mit Software-Updates abzuspeisen, ohne Garantie, natürlich, das ist frech. Dieses Politikversagen hat viel Verunsicherung verursacht, aber auch viel Wut und Ärger. In den sozialen Medien hatte die AfD teilweise die Diskurshoheit über den Dieselskandal – und nicht CDU, SPD, FDP, Linke oder Grüne.

107 Lungenärzte sorgten im Januar für Aufregung, weil sie mit fragwürdigen Argumenten die Stickoxid-Grenzwerte in Frage stellten. Wichtige Medien und der CSU-Verkehrsminister haben ihre Zahlen unkritisch übernommen. Wie konnte das passieren?

Na ja, der Berufsstand des Arztes genießt einen besonderen Nimbus. 107 Lungenärzte, das klingt erst mal nach maximaler Glaubwürdigkeit. Das mag manche verleitet haben, diesen offensichtlich falschen Berechnungen zu glauben. Wenn hinter diesem Vorstoß eine bewusste Strategie der Autoindustrie steckte, würde ich sagen: gut gemacht.

Zeigt das, wie anfällig unsere Mediendemokratie ist? Plötzlich sah es so aus, als gäbe es zwei wissenschaftliche Meinungen. Dabei stand eine krude These gegen die gesamte Meinung der weltweiten Gesundheitsforscher.

Es zeigt, wie wichtig vertrauenswürdige, von Parteien oder der Regierung unabhängige Institutionen sind. Es hat bitter lange gedauert, bis sich der Berufsstand kritisch geäußert hat. Und ich habe von tollen Institutionen wie dem Umweltbundesamt, Gesundheitsinstituten oder Universitäten bis heute zu wenig Allgemeinverständliches zu der existenziellen Frage der gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Stickoxide gehört. Im Kern geht es ja darum, ob man Todesfälle aus statistischen Berechnungen herleiten kann. Das ist keine triviale Frage, aber auf dieser Annahme basiert die Umwelttoxikologie seit Jahren.

Wie haben Sie das Agieren der Bundesregierung wahrgenommen?

Sie hat mich enttäuscht. Dass Andreas Scheuer sich die Thesen zu eigen macht, weil sie in seine Agenda passen, ist das eine. Aber ich wünsche mir Umweltministerin Schulze, Gesundheitsminister Spahn und Wissenschaftsministerin Karliczek mit lauten Stimmen in dieser Diskussion. Ihre Ministerien sind unmittelbar mit der Qualität ökologischer, gesundheitsmedizinischer und wissenschaftlicher Arbeit befasst.

Was können die, die die ökologische Transformation wollen, aus dem Lungenarzt-Skandal lernen?

Sie müssen in solchen Fällen fundiert, ruhig und freundlich dagegenhalten. Ich glaube, die Menschen erwarten heute, dass ihnen die Parteien bei ökologischen Themen reinen Wein einschenken. Die Leute sind ja nicht blöd. Sie beobachten auch, dass ihre Windschutzscheibe nach einer Autobahnfahrt sauberer bleibt, während früher tote Insekten daran klebten. Wer ökologische Politik will, muss den Leuten ehrlich sagen, dass ökologische und soziale Veränderungen Folgen haben. Er sollte es in einer verständlichen Sprache tun, mit einer klaren Priorisierung und nachvollziehbaren Umsetzungsschritten.

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19 Kommentare

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  • Die einen glauben an die liebe Gott und die "alleinseeligmachende (katholische) Kirche", an die Hölle bei Nichtwohlverhalten. Je mehr der tratitionelle Glaube schwindet, desto mehr wird er durch modische Heilslehren wie die "sozialökologische Transformation unserer Gesellschaft" ersetzt, durch knallige Planwirtschaft, die lokale Bedarfsdeckungswirtschaft (eigentlich eine Nazi-Erfindung), Sozialismus, "Anthropologie". Die Verbraucherzentralen als Verbrauchersteuerungsintrumente, etwas getarnt, das war Herrn Müller peinlich. Es lebe der neue sozialökologische Mensch! Da fangen wir mal mit Kollektivierung der Landtbauheorie nach Heilslehren an: Kunstdünger=böse, natürliches Gift=gut, gentechnik=böse, solange mein Leben nicht davon abhängt. Vernetztes Denken: Fehlanzeige, steht nicht auf dem Display des Import-Handy. Wenn es schief geht, wir waren es nicht, denn die Idee war wieder gut, meinte Charly Marx, die Ausführung "fehlerhaft". Das System kennt keine Fehler, wir sind die Oberchecker.

  • "Wenn hinter diesem Vorstoß eine bewusste Strategie der Autoindustrie steckte, würde ich sagen: gut gemacht."

    Wieso "Wenn"? Co-Autor soll der berüchtigte Diesellobbyist Thomas Koch (Ex-Dimler) gewesen sein. Würde mich nicht wundern, wenn er das überhaupt angeleiert hätte; die Rechentricks tragen ganz seine Handschrift. Eigentlich sollte meine Zeitung solche Verstrickungen offenlegen, nicht erst die "Anstalt".

    Vielleicht macht sich auch mal irgendjemand die Mühe und befragt diese Lungenärzte, warum sie das Pamphlet unterschrieben haben, ob sie es sich überhaupt durchgelesen haben und ob sie auch Rauchen für unschädlich halten.

  • Einigen Aussagen stimme ich zu, den meisten anderen jedoch nicht.



    Zur Verständlichkeit von Umweltschutzkonzepten gegenüber der Bevölkerung: Vor ca. 20 Jahren hörte ich als Technikstudent einen Vortrag von einem Meteorologie-Professor. Der erzählte etwas von iterativen partiellen Differentialgleichungen. Ich weiß bis heute nicht, was er meinte. Das war ein Grund, weshalb ich mich jahrelang nicht mit dem Klimawandel beschäftigt habe, weil ich dachte, eh nichts zu verstehen.



    Die Auswahl an (Lehr-)Büchern zu Klimawandel, Energie, Konsum und Ökologie ist miserabel und richtet sich fast ausschließlich an Akademiker.



    2. Wir haben bereits genügend Lösungen, was getan werden muss, um die Zerstörung der Erde zu verhindern. Das ist umzusetzen, auch wenn es einigen nicht gefällt.

    3. Optimale Strategien zur Erreichung eines Ziels sind immer gut. Die Tatsache, daß Herr Müller meint, die Grünen und andere würden die Wähler überfordern, zeigt meines Erachtens, daß er selbst nicht weiß, wie spät es ist und das mit seinen Aussagen verharmlost. Weltweit hungern etwa 800 Mio. Menschen und ca. 9 Mio. verhungern jährlich. Der Klimawandel verschlimmert die Situation.



    Herr Müller, kritisieren und bewerten Sie die Parteien, aber erkennen Sie auch die Lage!

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Außerdem müssen sich diejenigen, die die ökologische Transformation wollen, über die Bezahlbarkeit Gedanken machen."

    Das stellt doch die Realität auf den Kopf! Diejenigen, die keine ökologische Transformation wollen, müssten sich über die Bezahlbarkeit Gedanken machen!

    Wie gerne würde ich mal ein Interview lesen, in dem sich de*r Befragte nicht in Selbstwidersprüche verstrickt oder zumindest eines, in dem die Fragesteller das auch bemerken...

    "Es ist zwingend, das Ökologische und das Soziale zusammen zu denken und auch für Ausgleich zu sorgen."



    "Progressive Parteien mit Veränderungsanspruch neigen dazu, alles auf einmal und sofort machen zu wollen. Die Energiewende, die Verkehrswende, die Agrarwende [...]. Das verkennt, dass man eine Gesellschaft auch überfordern kann."

    Also sollen Soziales und Ökologisches zwingend zusammen gehen, aber das auf keinen Fall gleichzeitig? Diese Logik überfordert mich jetzt allerdings wirklich.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    die aufteilung des menschlichen daseins in verbraucher und produzenten, die beide den maximalen eigenen vorteil verfolgen ist die natürliche funktionsweise des kapitalismus.



    ethik ist mangels verbindlicher religion ein persönliches hobby - jedoch ohne gewinnerzielungsabsicht. tiere essen, fliegen, auto fahren - scheißegal, solange alle beteiligten so weitermachen können, wie bisher.

  • @Rudolf Fissner - Stimmt, bei ökologischen Reformen herrscht Tempo 30. Kein Wunder, dass Teile der jüngeren Generation sich da verkohlt fühlen und mit dem Schneckentempo von Klaus Müller sicherlich nichts anfangen können!

  • Da fallen mir sofort s.g. Beratungsunternehmen und "Motivationstrainer" ein - seltendämliches Gesabber. Aber es gibt natürlich, wie immer, auch hier Gott sei Dank Ausnahmen.

    • @Gerhard Krause:

      Nachtrag: Ich meine eingangs natürlich nicht Klaus Müller.

  • „Die richtige Geschwindigkeit ist bei Reformen entscheidend. Progressive Parteien mit Veränderungsanspruch neigen dazu, alles auf einmal und sofort machen zu wollen. “

    In Deutschland wäre ein Tempolimit auf Autobahnen schon eine „dramatische“ Veränderung. Selbst solch einfache Forderungen sind nicht umsetzbar.

    Die langsame bedachten Änderungen, für die Klaus Müller sich ausspricht, gehen mehr in Richtung Stillstand statt Wandel.

  • Zitat: „Wer ökologische Politik will, muss den Leuten ehrlich sagen, dass ökologische und soziale Veränderungen Folgen haben. Er sollte es in einer verständlichen Sprache tun, mit einer klaren Priorisierung und nachvollziehbaren Umsetzungsschritten.“

    Die „richtige“, die „große“ Politik, scheint mir, hat die gleichen Probleme wie die autonomen Zentren. Sie wird von Leuten getragen, die nicht Greta heißen. Und zwar sowohl an der Spitze als auch an der Basis.

    Viel zu oft kommt der Antrieb, andere Leute zu mobilisieren und zu organisieren, weniger aus dem Bedürfnis, Probleme zu lösen, als aus dem Bedürfnis, wichtiger zu sein als andere. Dieses Bedürfnis ist psychologisch leicht erklärbar. Es verhindert nur leider, dass ehrlich und in einer verständlichen Sprache darüber geredet wird, was öko-soziale Veränderungen wann und wie leisten können und was/wann/wie nicht.

    Wer ernsthaft arbeitet, und sei es auch an der klaren Priorisierung eines Gesellschaftsumbaus und nachvollziehbaren Umsetzungsschritten dafür, der gilt halt nicht als Anführer in unserer Gesellschaft. Sich selber nicht und auch nicht anderen. Anführer lassen arbeiten - und sehen dabei gut aus. Dann laufen die Leute ihnen hinterher, fühlen sich inspiriert, trauen sich mehr zu als im Alltag.

    Das Dumme an der aktuell verfolgten sozialökologischen Transformation ist also nicht ihr sperriger Name. Das Dumme ist, dass es sie geben müsste, wenn sie denn funktionieren sollte. Die Leute müssten sozial schon ganz anders drauf sein, als sie es sind, um zu kapieren: Kein Gott in Menschengestalt wird sie vor sich selber retten. Sie werden baden gehen, wenn sie weiter auf einen Heiland setzen.

    Der Transformationsprozess hat schon begonnen. Die jungen Leute haben heute schon mehr Selbstvertrauen als ihre Eltern oder gar Großaltern. Aber Traditionen sind unglaublich zäh. Vor allem, wenn sie nicht kritisch hinterfragt werden (dürfen) und/oder Kritik nur Mittel zum Zweck ist im Hahnenkampf auf einem Hühnerhof.

  • Mh. ernst gemeint und ehrlich.



    - die Aluminium-Verhüttung auf ein Minimum reduzieren;



    - die wasserverbrauchende Baumwolle ersetzen für die Textilien der Welt



    - die Autoindustrie einstellen und weg vom Individualverkehr,



    - die Warenproduktion so einstellen, das nur dringend nötige Produkte hergestellt werden;



    insgesamt also eine bedürfnisorientierte Ökonomie.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Lieber Herr Müller, der Tag wird kommen an dem schnelle dramatische Veränderungen Politiker und Amtsträger Ihres Typus (und so manches andere dazu) hinwegfegen werden.



    Suchen Sie sich schon mal ein geeignetes Speichermedium, von dem Ihr Interview dereinst noch abgerufen werden kann

  • Teilweise merkwürdige Fragen : ist die TAZ inzwischen auch ganz offiziell die Partei-Gazette von Bündnis90/DIE GRÜNEN?

    • @Clara Kreuzer:

      Offiziell nicht.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    "Als Politiker muss ich aushalten, dass ich dem wissenschaftlichen Ruf nach schnellen, dramatischen Veränderungen nicht gerecht werden kann."



    An der Stelle hab ich ein bisschen geweint

  • 7G
    76328 (Profil gelöscht)

    "Die Leute sind ja nicht blöd."

    Hmm? Mere, Lidl und Co., dazu Fußball und NFL bis zum Abwinken ...

    Schon dem Römer war "populum Romanum duabus praecipue rebus, annona et spectaculis, teneri" nicht fremd.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    " Müsste Verzicht im politischen Diskurs nicht eine wichtigere Rolle spielen? „Alle fahren weiter Auto, nur eben E-Auto“ wird nicht funktionieren. Dafür sind die Ressourcen zu knapp.

    Den Diskurs über Verzicht gibt es ja.

    Wirklich? Robert Habeck erzählt gerne, dass er auch Dosenbier trinke. Botschaft: Jeder tue das, was er will. "



    - - - - -

    Und eine andere Grüne jettet zum Eis-Essen aus dem Plastikbecher mal kurz nach Kalifornien.

    Die aktuelle -und hoffentlich auch anhaltende- Weigerung der neuen, grünen, individuellen E-Mobilität (E-Auto) zeigt exemplarisch, dass die Menschen in Mehrzahl eben nicht blöd sind.

    Alten Grünen -like me- dreht sich ob dieser systemischen Bigotterie immer mal wieder der Magen um.

  • Zum gähnen visionär.

  • „Die Leute sind ja nicht blöd“

    Das ganz sicher nicht - sonst würde man sie ja nicht immer wieder für blöd verkaufen wollen.