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Urteil gegen Holocaustleugnerin92-Jährige steht auf Knast

Das Berliner Amtsgericht verurteilt eine notorische Holocaustleugnerin zu einer Haftstrafe. Sie war erst wieder wenige Wochen auf freiem Fuß.

Und sie bleibt dort: Plakate der Satire-Partei bei einem Protest gegen Rechtsextreme 2018 Foto: dpa

Berlin taz | Nur einen Monat nach ihrer Entlassung aus einem Gefängnis ist die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten verhängte am Freitag gegen die 92-Jährige eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Sie habe sich erneut der Volksverhetzung schuldig gemacht, begründete der Vorsitzende Richter das Urteil. Ihre Äußerungen seien schlichtweg unerträglich – „eine Verhöhnung der Opfer“. Ihre Aussagen in einem Video seien geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören.

Die Angeklagte aus Nordrhein-Westfalen habe im März 2018 im Rahmen eines im Internet veröffentlichten Interviews den Holocaust geleugnet, hieß es weiter im Urteil. Das Gespräch hatte laut Anklage ein mutmaßlicher Berliner Rechtsextremist auf seinem YouTube-Kanal verbreitet.

Haverbeck habe gewusst, dass das Interview zur Veröffentlichung bestimmt war, so der Richter. Bei der betagten Frau liege auch keine von ihrem Verteidiger angeführte „tiefgreifende Fehlvorstellung“ vor. „Ihr geht es um die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts.“

Den Prozess bezeichnete die Angeklagte als eine fragwürdige Veranstaltung, die sie nicht verstehe.

Die Rechtsextremistin war zum zweiten Prozesstag nicht ins Gericht gekommen. Sie hatte die Vorwürfe schon am ersten Tag zurückgewiesen. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass das Gespräch veröffentlicht werden sollte, hatte die 92-Jährige erklärt. Den Prozess bezeichnete sie als eine „fragwürdige Veranstaltung“, die sie nicht verstehe. Was ihr vorgeworfen werde, sei „aus dem Zusammenhang gerissen, andere Sachen sind falsch“. Die Witwe wiederholte zudem: „Es hat nichts stattgefunden.“

Mit der Entscheidung schloss sich das Gericht im Wesentlichen dem Staatsanwalt an, der ein Jahr und drei Monate Gefängnis gefordert hatte. Trotz ihres hohen Alters sei eine Haftstrafe erforderlich, so der Anklagevertreter. Es seien „gleichartige Straftaten“ zu erwarten.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Haverbeck sei „auch durch Gefängnis nicht von ihrer inneren Fehlvorstellung abzubringen“, so der Anwalt. Seine Mandantin habe „zehn Verfahren hinter sich“. Es wird mit Rechtsmitteln gegen das Urteil gerechnet.

Seit Jahren muss sich die Justiz immer wieder mit der notorischen Volksverhetzerin befassen. Wiederholt behauptete Haverbeck, das Konzentrationslager Auschwitz sei kein Vernichtungslager gewesen, Massenmord habe dort nicht stattgefunden. Nach Schätzungen von Historikern ermordeten die Nazis allein im KZ Auschwitz-Birkenau mindestens 1,1 Millionen Menschen.

Die Witwe war erst Anfang November aus dem Gefängnis in Bielefeld entlassen worden. Sie hatte dort seit Mai 2018 eine Strafe von insgesamt zweieinhalb Jahren Haft verbüßt. 2004 wurde sie erstmals wegen Volksverhetzung verurteilt worden und erhielt eine Geldstrafe.

Zuletzt ergingen Strafen ohne Bewährung. Zwei Verfahren, die in der ersten Instanz mit Gefängnisstrafen für die 92-Jährige endeten, befinden sich noch in der Berufung. Es handelt sich dabei um eine Strafe von zehn Monaten Haft, die in Hamburg gegen Haverbeck verhängt wurde, sowie um sechs Monate Gefängnis, die sie im Oktober 2017 in Berlin erhielt.

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29 Kommentare

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  • Möglicherweise muss - nachdem ich mir die Kommentare so durchgesehen habe - in diesem Fall die Gefängnisstrafe noch durch eine Geldstrafe ergänzt werden. Damit wenigstens ein "Solidarbeitrag" zum JVA-Tagessatz gezahlt wird...

  • Hat man nicht ab 90 eine gewisse Altersnarrenfreiheit? Wollen wir sie noch in den Knast stecken, wenn sie hundert ist? Wie wär's stattdessen mit Hausarrest oder Entzug von Plätzchen und Eierlikör?

    • @kditd:

      Wahrscheinlich hat sie beim letzten Mal schon eine angenehme Pflegeumgebung festgestellt. Warum soll sie dann in eine nicht-staatliche Einrichtung wechseln?

    • @kditd:

      "Hat man nicht ab 90 eine gewisse Altersnarrenfreiheit?"

      Nein. wenn es von um die Verbreitung von Nazi Parolen geht, nicht. Und ja. wenn es sein muss, sitzt sie auch noch mit 100. Es gibt keine Altersgrenze.

  • Die Leugnerin hat sich da in etwas verbissen, das sie nicht mehr los wird. Wahrscheinlich würde ihr ganzes Leben zusammenbrechen, wenn sie das Ausmaß des Holocaust in ihr Gehirn eindringen lassen würde. Da ist nichts mehr zu machen (ich kannte solche Fälle). Gefängnis erträgt sich für sie sicherlich besser als die wahre Erkenntnis über den Holocaust.

  • Jetzt wissen wir auch, weil es zweimal da stand, es ist eine Witwe.

    • @Jim Hawkins:

      Sorry - so ganz abwegig - ist das nicht.

      unterm—— entre nous —



      Als ich mal vor fast undenklicher Zeit - in Westfälisch Sibirien einer Arbeitslosenini übers nasciturus mit hinaus half. Hatte uns einer einen ziemlich angejahrten LKW zur Verfügung gestellt. Eines Tages klaute den permanent einer aus der Truppe - Spritztour - & stellte den irgendwo ab. Die Bullerei war nett - das Teil kam immer wieder an Land: “Laßt euch aber was einfallen!“ & Däh! Uli - ein erfahrener Sozialarbeiter - JugendWG - fiel was ein:“Mensch - klar - seine Freundin is schwanger. Damit kommt der nicht klar. Der will innen Knast!



      Na den kauf ich mit mal!“



      &



      Treffer.

      Liggers. So kann‘s gehn

      • @Lowandorder:

        Moin, Herr Amtsgerichtsrat - schön, dass Sie immer noch dabei sind :-)

        Für solche absichtlichen Gefängnisaufenthalte bietet die von Jim Hawkins empfohlene JVA Plötzensee laut taz-Reportage auch sonst Beispiele: "manche klauen mit Absicht, um im Winter hier unterzuschlüpfen". Plötzensee versteht sich demnach als "ein letztes Auffangbecken für Menschen, die draußen nicht mehr erreicht werden" taz.de/Die-Haerten...vollzugs/!5568800/



        - was für Frau Haverbeck ja offensichtlich auch gilt.

        Sie wäre dort auch "richtiger Häftling", müsste sich also nicht in unmittelbarer Nähe von Krätze und Fußpilz aufhalten, sondern könnte ihre Zelle wohnlich einrichten, wie die anderen ernstzunehmenden Kriminellen laut taz-Bericht. Die Vollzugsbeamten scheinen umgänglicher zu sein als die eine oder andere Pflegekraft, der ich begegnet bin.

        Ein Leben in der JVA könnte also ein wohlkalkulierter Schachzug sein.



        Allerdings nicht staatlicherseits, denn der Tag in Plötzensee kostet 150 Euro, eine Kostenbeteiligung des Häftlings ist nicht vorgesehen.



        Der Tag in einem mittelmäßigen Berliner Pflegeheim liegt dagegen nur bei 107 Euro, obligatorisch ist dabei der Eigenanteil des, hm ... Insassen? Pfleglings?

        Wie auch immer - es ist jedenfalls für Frau Haverbeck eventuell einfach zweckmäßiger, das Volk zu verhetzen als es zu lassen.

        • @Marzipan:

          So gesehen bekommt das Gedankenspiel des 🏴‍☠️ eher eine Sanatoriumsvariante.



          Bekäme das Knastpersonal auch noch die Zusatzaufgabe aufgebrummt, die anderen vor Indoktrination zu schützen...

        • @Marzipan:

          Ja - Meineszcheiszzenocheinszz !!



          Ja lüg ich denn. Da isszze die Derrn!!



          Manoman - da iszich aber de Abend geszavt - Liggersz. Aber Hallo!



          Ja Ja guter Deek - mut sziihn - Jau!



          Ik hol hier mühszaam de Stellung &Szii?



          Egol. Dasz dzind mal Belege!!

          kurz - Szii szagenszz auch:



          “Dat ol Wiif isz szoo plitszch! Szoo szeiht dat uut! Herr Kapellmeeszzter!“



          Liggersz.“Hol wisszz un lot mi an Lann!“

          • @Lowandorder:

            :-))) Szie sagen es - goode Deeck mut szien - un ick steek mit de Hänn jümmers noch bit över de Ohr'n dorbin un find keen Tied nich to'n Lesen, awers noch veel weniger to'n schrieven.

            Man glöövt dat jo nich, awers de Welt dreiht sick jo ok jümmers fort, ohne dat een sünnerlich dorbi tokiekt.

            Un Se harr'n sick jo in Feber vun'n Acker mokt - har ick dacht.



            Ick hef denn awers markt, dat Se doch wedder trüch kamen sünd, un an hoge Fest- un Fierdage kiek ick mol in un frei mi denn an dat Quartet vun de ölleren Kirls hier op de Balustrade.



            Szie haben es hier ja schön warm und trocken, in netter Gesellschaft (Herr Ringelnatz mit seinem berlinisch-zarten lyrischen Gemüt ist doch ein echter Gewinn). ;-)

            Ick wull blots mol een goden Dag seggen, as un bin denn ok all wedder afgängig, trüch in de Backstuuv.



            Kiek awers ok eenmol wedder in.



            Hol'n Szie sich fuchtig !

            • @Marzipan:

              Manno,

              hier wird man ja eifersüchtig!

              Ick würde sagen, die letzten drei(vier!) Absätze haben was mit die Bäckerei zu tun.



              (oder Backstuuv wat mit Kahn?- eja!l)

              Nee, sie müssen nich irchendwann mal widder rinn schauen. Nee!

              Jetze, sofort!

              Backe, backe Kuchen



              www.youtube.com/watch?v=5UM3ecX69Jo

              • @Ringelnatz1:

                Liggerszz. Szii osztelbiszcher Grünsznabel. Szii isz haltz ne Frau Sziipszen ut Angeln! Weiszz Beszscheid!



                Entfernt verwandt mit Meiszter Röhrich



                In dem Werner Wernerszen Bröszzell - dieszem feinen Beszonderem Plattdütszzch ein feineszz Denkmal geszetzzt hat. Da kann nich ein dscheden mit um!!



                &



                (Werner isz ja eigentlich auszz Lübeck.



                Aber genauer Travemünde & wenn ich szoo die & die Mitszchüler von da wech szoo Defillee passzzieren lasszze! - hm!)

                kurz - Frau&Herr Stiipszen hem szon beeten Szlikk oppe Tung - kurz vor Liszzpeln!



                Hab mal bei Birger Sulsbrück in Wolfenbüttel einen “…ach Szii szind der Sztudent aus Kiieel!“ als solchen gleich entlarvt - Großes Hallo - & dann hamer mal des Abends den Laden auf gau platt gerockt. Krølle beschwerte sich noch Wochen danach über Bauchmuskelkater

                Soweit mal

                (ps Szii - Fru Mazzepan - kamt ut de Eck:



                “Szecht isz Szecht!“ - Compri?!

              • @Ringelnatz1:

                Vielleicht liege ich ja ganz falsch, vielleicht ist es aber auch das richtige:

                www.översetter.de/

                • @Jim Hawkins:

                  Jetzt is aus! (für heute)

                  Ich habe ja so zehn bis zwölf Dialektübersetzer falls Herr LAWANDORDER wieder dialektisch durch haut.

                  Ihr Link hat mir nun folgendes gesagt:



                  ..all weder angänglich, Gerücht in de Sackstutzen. ...

                  Det, haut mich aus der Bahn! ;-);-)

                  • @Ringelnatz1:

                    btw - Plattdütsch is kein Dialekt - sondern eine Sprache - vor der Lautverschiebung - wie english - slang usw - servíce - 🤫 - immer gern - 🥳 -

                    • @Lowandorder:

                      Der Gedanke Gott weckt einen fürchterlichen Nachbar auf, sein Name heißt Richter.

                      Friedrich von Schiller

                      ((;-) sücher ist sücher)

                      • @Ringelnatz1:

                        Na ok.

                        Paradox ist ja bekanntlich - wenn ein Goethe-Denkmal durch die Bäume schillert & der Hackfressen Burschenschaftler steht voll im vollen Wichs & "Ach ja PA DA DA DAMM“



                        & hier aber gilt -



                        “Wer ist zum Richter bestellt?



                        Nur der Bessere? Nein, wem das Gute



                        Über das Beste noch gilt, der ist zum Richter bestellt.“

                        Laßemers mit VGS 2.0 Ostelfischer - 🥳 -



                        Mal bewenden & komm gut in die Woche - kerr! & geister nich hück nacht in Museen deiner Begierde 🍹! - 😎 -

                        • @Lowandorder:

                          Die Begierde is det Eine, das Lesen das Andere.

                          Also erst lesen,

                          Tabulae votivae

                          de.wikisource.org/wiki/Tabulae_votivae

                          dann fügen wir mal!

                          • @Ringelnatz1:

                            Die Jungs waren aber auch gut:

                            Der schöne Geist und der Schöngeist.

                            Nur das leichtere trägt auf leichten Schultern der Schöngeist,



                            Aber der schöne Geist trägt das gewichtige leicht.

                            Da kannste nüscht mehr zugeben.

                            AUFGEBEN

                            • @Ringelnatz1:

                              Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - fügt an:

                              “ Schön auch der: (Dilettant.)



                              Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache,



                              Die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu seyn.“

                              kurz - schließ mich an & dann 💤 💤💤

            • @Marzipan:

              Liggers. Deern - mook wi & holt juch ook fuchtig - un kiik mol wedder in!

      • @Lowandorder:

        Und wo kommt die Witwe jetzt hin?

        JVA Plötzensee. Das hätte was.

        • @Jim Hawkins:

          Die indoktrinierten Knackis sind jetzt schon zu bedauern.



          Aber das wäre ja in Ossendorf auch nicht besser...

          • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

            Ich dachte ja immer, die tun Nazis zu Nazis, damit es weniger Stress gibt.

            • @Jim Hawkins:

              Danke für den Hinweis. Die Hintergründe von Plötzensee waren mir bis dato nicht bekannt.



              Wieder mal ein bisschen dazugelernt.

  • Ich habe so gehofft das die taz diese Groteske mit dem Nichberichten.. adäquat beurteilt und souverän mit Nichtbeachtung klare Kante zeigt.Wieviel Jahre müsste bei gleicher juristischen Beurteilung ein völlig verblendeter Donald Trump sitzen, der demokratische erzielte Wahlergebnisse als Lüge, Betrug und Fälschung bezeichnet ?

    • @Pace#:

      Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Es macht schon einen Unterschied, ob man das Ergebnis einer demokratischen Wahl als Fälschung bezeichnet (was man übrigens auch in Deutschland kann, ohne ins Gefängnis zu müssen), oder den entsetzlichen millionenfachen Mord im Holocaust leugnet, was zu Recht in Deutschland strafbar ist.

  • Zitat: „Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Haverbeck sei ‚auch durch Gefängnis nicht von ihrer inneren Fehlvorstellung abzubringen‘, so der Anwalt.“

    Seit wann schützt Dummheit denn vor Strafe? Hat dieser Anwalt vielleicht erwähnt, wo ganz genau im StGB steht, dass Straftäter freizusprechen sind, wenn sie sich uneinsichtig zeigen? Hat er womöglich gar erläutert, ob das Prinzip nur für Holocaust-Leugner:innen gilt, oder auch für Mörder, Vergewaltiger, Geldfälscher, Steuerhinterzieher und ähnlich Kriminelle? Und wenn es keine Strafbefreiung gibt für Leute, die sich für nicht schuldig halten, wer klärt dann den Herrn Rechtsanwalt auf über seine (eventuelle) innere Fehlvorstellung? Und was passiert, wenn er sich gar nicht aufklären lassen möchte, weil er fest daran glaubt völlig im Recht zu sein? Darf er dann seine Zulassung behalten?

    So viele Fragen und so wenig Antworten...!