Unbemannte Flugobjekte: Virtuelle Reise mit Mini-Drohnen

An winzigen Fluggeräten besteht großes Interesse. Eingesetzt werden sie als Kleinst­transporter oder auch als Drohne bei Feuerwehreinsätzen.

Israelische Soldatin mit einer Mini-Drohne

Mini-Drohnen sind zunehmend auch ein großes Thema beim Militär Foto: Amir Cohen/reuters

BERLIN taz | Der Luftraum wird technisch neu erobert. Unbemannte Fluggeräte, sogenannte Drohnen, finden im militärischen wie im zivilen Bereich wachsende Verbreitung. Die Technologie der Flugtaxis erlebt einen Entwicklungsschub. Die stärkste Dynamik gibt es derzeit im Bereich der Mini-Drohnen von weniger als 250 Gramm Abfluggewicht, wie sich in dieser Woche auf dem ersten „Mini-Summit“ der Kleinst-Hubschrauber im Rahmen der Berlin Science Week zeigte.

Frank Wernecke, Gründer der Berliner DroneMasters Boost GmbH und Organisator des Treffens, spricht gerne von der neuen Ära der „vertikalen Mobilität“, die jetzt anbreche. Gerade Berlin mit seinem historischen Luftfahrtpionier Otto Lilienthal bietet in seinen Augen durch das wissenschaftliche Hinterland und die florierende Start-up-Szene „ein innovatives Ökosystem, in dem die Technologien und Geschäftsmodelle für die Mobilität in der dritten Dimension weiterentwickelt“ werden können.

Sein Hauptaugenmerk gilt der kleinsten Kategorie der Drohnen, die mit ihren 250 Gramm auf einem Handteller Platz haben und bisher als Spielzeugfluggeräte gelten, weshalb sie keiner behördlichen Regulierung unterliegen. Sie müssen nicht anmeldet werden und die Benutzer benötigen keinen „Führerschein“, anders ist es bei den größeren Geräten ab zwei Kilogramm Gewicht. Dieses einfache Handling verschafft den Mini-Drohnen immer mehr Interesse auch außerhalb der Kinderzimmer.

In Berlin zeigten Vertreter der Hamburger Feuerwehr, wie sie als erste unter den deutschen Brandbekämpfern die Mini-Copter mit ihren vier Rotoren („Quadcopter“) in ihrem Tagesgeschäft einsetzen, das alles andere als ein Kinderspiel ist. „Im August haben wir mit dem Einsatz der Mini-Drohnen begonnen, größere haben wir schon seit 2013 in der Anwendung“, berichtet Franz Petter, der bei der Hamburger Feuerwehr für die strategische Planung zuständig ist.

„Der Vorteil der Mini-Drohnen ist, dass wir damit schneller vor Ort sind“, sagt Petter. Zweiter Pluspunkt: Mit dem Mini-Flieger und der eingebauten Kamera kann man direkt ins Gebäude hineinschauen und suchen, wo die Brandherde sind und ob es ohnmächtige Personen gibt. Über eine Datenbrille kann der Steuerpilot draußen vor dem Haus virtuell durch die Räume wandern, ohne sich selbst zu gefährden. Auch die Lösch- und Rettungsarbeiten können viel zielgerichteter ablaufen. Welche weiteren Anwendungsmöglichkeiten es für die Feuerwehr, aber auch andere Sicherheitskräfte gibt, soll in den nächsten Monaten herausgefunden werden.

Neue Geschäftsmodelle

Wie auf der Veranstaltung berichtet wurde, werden Drohnen im wirtschaftlichen Bereich zunehmend bei der Inspektion von Gebäuden, Windkraftanlagen oder Hochspannungsleitungen eingesetzt. „In der Landwirtschaft wird das sogenannte Precision Farming mit der Hilfe von Drohnen auf eine vollkommen neue Stufe ge­hoben, was zum einen die Effizienz steigern und gleichzeitig die Nachhaltigkeit erhöhen soll“, heißt es in einem aktuellen Whitepaper, das Max Lenz für DroneMasters zum Stand der Branche erstellt hat. „Auch der Transport von Gütern, vor allem im medizini­schen Bereich, kristallisiert sich zunehmend als valides Geschäftsmodell heraus.“ In verschiede­nen Industriesektoren sei es wirtschaftlich derzeit noch nicht sinnvoll, Drohnen einzusetzen. Durch den technischen Fortschritt werde sich dies zunehmend wandeln.

Nach Branchendaten wurden allein 2018 rund 633 Millionen Euro in Drohnenunternehmen investiert, vor allem in die über 300 Drohnen-Start-ups. Der zivile Drohnenmarkt erreichte im gleichen Jahr einen weltweiten Umsatz von rund 12,7 Milliarden Euro, wobei die USA und China die größten Märkte sind. Es folgen mit großem Abstand Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Japan liegt im internationalen Vergleich auf Platz sieben. Dem Report zufolge wird die Marktnachfrage auf dem deutschen Drohnenmarkt aktuell auf fast 520 Millionen Euro geschätzt. „Gleichzeitig ist im deutschen Markt ein hohes Wachstum zu erwarten“, heißt es im Whitepaper. „Bis 2030 soll die Markt­größe für den kommerziellen und den privaten Drohnenmarkt auf 3 Milliarden Euro an­steigen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 14 Prozent entspricht.“

Die unbemannten Fluggeräte haben neben dem Wachstumscredo auch ein ökologisches Versprechen an Bord. Das verdeutlichte eine zweite Veranstaltung der Berlin Science Week, die in den Räumen der Berliner Niederlassung von Germantech – einem Gründer-„Brutkasten“ von Großunternehmen – Beispiele dafür präsentierte, „wie Drohnen uns helfen, eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen“.

Das spannendste Vorhaben stellte Daniel Cracau vor, Mitarbeiter am Projekt AlphaLink. Das Forschungsprojekt an der TU Berlin wandelt sich derzeit in ein Technologie-Start-up und heimst einen Gründerpreis nach dem anderen ein. Alphalink will eine fliegende Plattform in 20 bis 30 Kilometern Höhe bauen, zu der bis zu zehn segelflugartige Flugzeuge miteinander verbunden sind. Durch Solarenergie angetrieben, brauchen sie nicht zum Tanken landen und können quasi ewig fliegen. Diese „Höhenplattformen“ (engl. „High-Altitude Platforms“, HAP) werden laut Cracau seit einigen Jahren als kostengünstige Ergänzung zu teuren Satelliten untersucht. „Sie sollen für ähnliche Kommunikations- und Überwachungsaufgaben, für die sonst Satelliten notwendig sind, eingesetzt werden.“ Der Öko-Effekt reicht in diesem Fall bis ins Weltall. Denn dort sammelt sich aus alten Satelliten und ihren Überbleibseln ein immer dichter werdender Gürtel aus Weltraummüll an. Was der Plastikmüll im Meer, ist der Astroschrott im Orbit.

Wettrennen auf der Trabrennbahn

Neue Techniklösungen werden häufig von Begeisterung angetrieben. Deshalb engagiert sich Frank Wernecke dafür, die Drohnen-Technik vor allem an die Jugend heranzutragen. Über Sommerschulen, die seine DroneMasters-Firma zusammen mit dem Technik-Inkubator der Deutschen Telekom, dem hubraum in Berlin veranstaltet, will er Jungen und Mädchen spielerisch für die neue Flug-Generation gewinnen. 300 Schüler haben bei ihm schon das Fach „Drohnen-Pilot“ belegt. Und als weiteren Verbreitungs-Hebel will er den Drohnen-Flug als Sport-Event etablieren. Vor vier Jahren hatte Wernecke auf der Trabrennbahn in Karlshorst das erste Wettrennen mit ferngesteuerten Flugobjekten, gestartet, an dem sich mehr als 50 Hobbypiloten beteiligten. Inzwischen hat der Weltluftsportverband (FAI) den Marathon-Flug von Drohnen über die Strecke von 42 Kilometer, das „Dronathon“, als offizielle Sportdisziplin anerkannt. Der Berliner Summit in den Schöneberger Räumen der Telekom diente auch dazu, den Drohnen-Sport in Deutschland voranzubringen.

„Wir suchen dazu nach Bildungsträgern als Partner“, sagt Drohnen-Meister Wernecke. Und ebenso nach geeigneten Orten für den Flugbetrieb: „Es fehlen uns dafür die Sportstätten.“

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