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Umweltpolitiker Josef Göppel gestorbenGrünes Gewissen der CSU

Josef Göppel war Konservativer – und machte sich Zeit seines Lebens für die Umwelt stark. Nachruf auf einen unbeirrten Weltretter.

Unbeirrbar in seinen Überzeugungen: CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel ist mit 71 Jahren gestorben Foto: Michael Trippel/laif

O ft hat Josef Göppel diese Frage gehört, auch von mir: „Was machen Sie eigentlich in der CSU?“. Das aber wusste der Franke ganz genau: aus einem konservativen Weltbild heraus die Umwelt, „Gottes Schöpfung“, wie er sagte, bewahren. Dafür hat Josef Göppel jahrzehntelang gekämpft, im Stadtrat, Bezirkstag, im bayerischen Landtag und im „Deutschen Verband für Landschaftspflege“, 15 Jahre im Bundestag, in und vor allem gegen seine eigene Partei. Diese Auseinandersetzungen gehen weiter, aber Josef Göppel kämpft nicht mehr. Das grüne Gewissen der CSU ist am 13. April mit 71 Jahren gestorben. Wir verlieren einen zähen und unbeirrten Weltretter.

Seine innerparteilichen Gegner nannten Göppel „einen Solitär“ – ein vergiftetes Kompliment. Der CSU-Abgeordnete war stolz darauf, viermal seinen Bundestags-Wahlkreis Ansbach direkt gewonnen zu haben, jeweils mit einem besseren Ergebnis als die CSU bei den Zweitstimmen. Aber in Berlin war er in der Unionsfraktion isoliert. 28-mal in seiner Laufbahn als Parlamentarier stimmte er mit Grünen und SPD und gegen seine Partei: für das EEG, für den Atomausstieg, für ein Tempolimit, gegen Glyphosat. Was ihm Parteifreunde als Verrat auslegten, fand er „ziemlich moderat“ für einen Abgeordneten mit eigenem Kopf und unabhängigem Gewissen.

Direkt genützt hat es wenig: die Unionsfraktion seiner Zeit war den Industrie-, Agrar- und Energielobbies ausgeliefert. Göppel hat es nicht geschafft, genügend ökobewusste Unionsleute zusammenzubringen, um ein Gegengewicht zu bilden. „Meine große politische Niederlage“ nannte er das.

Fachlich war Göppel stets auf der Höhe. Er war Förster, und das mit Leib und Seele. Wer die Chance hatte, ihn einmal in seinem heimatlichen Steinbachwald zu begleiten, der merkte, wie dort der Ärger aus Berlin und die Sorgen um die Zukunft von ihm abfielen. Er kannte jeden Baum mit Vornamen und schwärmte von der Vitalität der Natur. Aber der Wald war für ihn Rückzugsgebiet, nicht nur im spirituellen Sinn: „ich wusste immer, wenn das in der Politik schiefgeht, kann ich hier sofort wieder arbeiten. Das hat mich wirtschaftlich unabhängig gemacht.“

Göppel, geboren 1950, trat 1970 gleichzeitig in die CSU und den Bund Naturschutz ein. Jahrelang zwang ihn eine schwere Nierenkrankheit regelmäßig ins Krankenhaus. Er nutzte die Dialyse-Sitzungen zum Aktenstudium – und verpasste die Chance zum Biertrinken und Netzwerken mit den anderen Abgeordneten. 2017 kandidierte er nicht mehr fürs Parlament. Es war genug, fand er – wer immer über Maßhalten und die Grenzen der Belastungsfähigkeit redete, sollte das auch für sich selbst anerkennen, sagte er mir bei einem Besuch. Das aber hieß nicht, dass er im heimischen Herrieden auf dem Sofa saß oder seiner Frau die Arbeit im Garten streitig machte.

Im Gegenteil: Als unbezahlter „Seniorexperte“ machte sich Göppel auf, um die Energiewende in Afrika voranzubringen. Mit seiner grünen Amtskollegin Bärbel Höhn reiste er durch den Kontinent, ließ sich Projekte zeigen, organisierte Ausbildungschancen für junge Leute in den erneuerbaren Energien. Göppel hatte in seinem Wahlkreis gesehen, wie gut Landwirtschaft und Erneuerbare zusammenpassen, wie viel Geld Landwirte mit Solardächern verdienen können, wie gut Öko der Wirtschaft tun kann.

„Ein umweltpolitischer Visionär“

Josef Göppel war ein Konservativer, wie man sie leider kaum noch findet: Verankert bei den Menschen seiner Heimat, in der seine Familie seit 1582 lebte; verwurzelt in seinem christlichen Glauben; mutig genug für jahrelangen offenen Widerspruch bei seinen engsten BerufskollegInnen; unbeirrbar in seinen Überzeugungen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen wichtiger sind als das schnelle Geld; verärgert über seine Parteifreunde, die das andersherum sahen. Und lernfähig genug, die Ansichten seiner Frau und seiner vier Töchter in seine Politik einfließen zu lassen.

Bayerns Ministerpräsident Söder, „der Markus“, wie Göppel sagte, nannte ihn in einem Nachruf einen „umweltpolitischen Visionär“, der seine Partei „geprägt, geprüft und oft auch vorangetrieben hat“. Alles richtig. Söder meinte aber auch, Göppel sei „seiner Zeit voraus gewesen“. Ganz falsch: Josef Göppel war immer genau auf der Höhe der Zeit. Nur die anderen waren weit, weit zurück.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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2 Kommentare

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  • Würdiger Nachruf.



    Gibt es Nachfolger?



    Heute würde man ihn vielleicht nicht mehr fragen, ob er zu den Grünen wolle, nachdem Minster Habeck die Solarasschreibungen in diesem Jahr um genau Null MW gegenüber der Gesetzgebung der Vorgängerregierung erhöht, stattdessen Anlagen zum Import fossiler Energie fördert, nicht am CO2-Preis dreht und stattdessen die Benzinpreissenkung mitmacht.

  • Leider gab und gibt es zuwenige von Josef Göppels Art in der CSU, dafür Juristen und Wirtschaftler.



    Ich habe Josef Göppel selbst mal erlebt, bei einem Ortstermin gegen den Weiterbau der B2A durchs Rednitztal. Göppels Kontrahentin war damals übrigens Renate Blank - MdB der CSU.