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Umstrittenes KlimaschutzgesetzHebt euch etwas Empörung auf

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der abgeschwächte Entwurf für ein Klimagesetz sorgt für blanke Wut auf der Straße. Tatsächlich sind die jetzt erfolgten Änderungen nicht entscheidend.

Es wird gestritten: AktivistInnen gehen die Pläne des Klimakabinetts nicht weit genug Foto: dpa

D ie Wahrnehmung zum Klimaschutzgesetz könnte unterschiedlicher nicht ausfallen: Im Bundesumweltministerium ist man stolz darauf, die jährlichen Emissionsobergrenzen für jeden Sektor gegen die Union verteidigt zu haben. Auf der Straße, bei den Klimaaktivist*innen herrscht dagegen blanke Wut darüber, dass der jüngste Entwurf an einigen Stellen gegenüber einer früheren Version abgeschwächt wurde.

Beide Interpretationen zeigen eine gewisse Entfernung von der Realität. Das Umweltministerium misst das Gesetzesvorhaben offenbar nicht mehr daran, was zur Lösung der Klimakrise notwendig wäre, sondern nur daran, was gegen den Koalitionspartner durchzusetzen ist. Dass den Klima­aktivis­t*innen das nicht genügt, ist einerseits nachvollziehbar.

Doch andererseits wirkt die Empörung etwas übertrieben. Denn tatsächlich sind die jetzt erfolgten Änderungen am Gesetzentwurf nicht entscheidend. Das Ziel für 2040, das gestrichen wurde, war ohnehin viel zu gering, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Die geringere Mitwirkung des Bundestags ist angesichts der bisherigen Blockadehaltung des Wirtschaftsflügels der Union nicht zwingend eine schlechte Nachricht. Und die konkreten Befugnisse eines neuen Ex­per­t*in­nen­gremiums werden am Ende nicht das sein, woran sich der Erfolg oder Misserfolg der deutschen Klimapolitik bemisst.

Dieser hängt eher davon ab, ob die Verantwortung der Ministerien für ihre jährlichen Emissionen erhalten bleibt. Und ob wirklich nachgesteuert wird, wenn die Ziele verfehlt werden oder sich als nicht ausreichend erweisen.

Natürlich ist es gut, wenn die Klima­bewegung das Handeln der Regierung kritisch begleitet und damit den Druck aufrechterhält. Doch das kann sich abnutzen. Wenn jede kleine Verschlechterung so viel Wut erzeugt, dass sie bei einem Komplettverzicht aufs Klimaschutzgesetz kaum mehr gesteigert werden könnte, ist das ein Problem. Ein bisschen Empörung sollte sich die Bewegung für den weiteren Prozess noch aufheben.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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