piwik no script img

Umstrittene Coronapolitik in SachsenAb Freitag fällt die Maske

In Sachsen endet die Maskenpflicht beim Einkauf. Der Beschluss stößt teils auf Kritik – sogar ein Einzelhandelsverband warnt.

In Supermärkten und im Einzelhandel in Sachsen muss ab Freitag keine Maske mehr getragen werden Foto: IPA Photo/imago

DRESDEN taz | Trotz steigender Inzidenzzahlen führt Sachsen weitreichende Lockerungen bei den Coronabeschränkungen ein. Sie betreffen sowohl den täglichen Einkauf als auch Großveranstaltungen. Voraussetzung ist aller­dings eine Sieben-Tages-Inzidenz von unter 10.

Ab Freitag und vorläufig bis zum 28. Juli muss in Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften keine Schutzmaske mehr getragen werden. Beibehalten wird diese Pflicht aber bei „körpernahen Dienstleistungen“ wie Friseur- oder Kosmetikbesuchen, wo diese jedoch zuletzt nicht immer streng gehandhabt wurde. Auch im öffentlichen ­Personennahverkehr gilt die Maskenpflicht weiter.

Nach der bundesweiten Einigung der Staatskanzleien in der Vorwoche werden in Sachsen auch die Regeln für Großveranstaltungen erweitert. So dürfen bei Inzidenzen unter 50 bis zu 5.000 Zuschauer an solchen Veranstaltungen teilnehmen, bei Inzidenzen unter 35 sogar 25.000.

Dabei gelten allerdings empfindliche Auflagen. Personalisierte Tickets sollen die Kontaktverfolgung ermöglichen, Besucher müssen einen tagesaktuellen Test vorlegen, bei Entfernung vom eigenen Platz muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Veranstalter müssen ein Hygienekonzept vorlegen. Platzkapazitäten dürfen höchstens bis zur Hälfte ausgeschöpft werden.

Branchenverband warnt

Man spürt, dass diese Erleichterungen ins sprichwörtliche Sommerloch fallen, denn spontane Reaktionen seitens Politik und Öffentlichkeit blieben zunächst aus und waren auch auf Nachfrage nur schwer zu erhalten.

Rico Gebhardt, Fraktionschef der Linken im Sächsischen Landtag, antwortete knapp: „Statt die Maskenpflicht in den Einzelhandelsgeschäften in Sachsen aufzuheben, weil der Inzidenzwert unter 10 liegt, hätte die Staatsregierung diese Maßnahme mal lieber an eine erfolgreiche Impfquote koppeln sollen, da ist Sachsen deutschlandweit immer noch Schlusslicht.“

Nach aller Erfahrung habe die Maskenpflicht den entspannten Einkaufsbummel und das Ausprobieren von Waren beeinträchtigt, ja potenzielle Besucher teilweise vom Einkauf abgehalten, blickt René Glaser als Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Sachsen zurück. Er begrüßt erwartungsgemäß die Neuregelung als „weiteren Schritt in Richtung,Normalität' “. Sie erleichtere auch Handelsmitarbeitern die Arbeit. Man dürfe Erreichtes aber nicht unachtsam aufs Spiel setzen, denn ein weiterer Lockdown würde „immense Folgen“ haben.

Virologinnen oder Virologen des Leipziger Universitätsklinikums waren so kurzfristig zu keiner Risikoabschätzung bereit, zumal die veränderte Verordnung noch nicht offiziell veröffentlicht ist.

Der Branchenverband des deutschen Einzelhandels warnte indes am Mittwoch vor einem frühzeitigen Ende der Maskenpflicht. „Wir müssen alles tun, damit wir nicht noch einmal in einen Lockdown kommen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands HDE, Stefan Genth. Dinge wie die Maskenpflicht, die einen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie geleistet hätten, dürften nicht vorschnell aufgegeben werden. „Wir sind noch lange nicht durch die Pandemie durch“, warnt Genth.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen