US-Präsident Trump besucht China: Trumps wundervoller Abend
Einst hatte Donald Trump viel über China gewettert und dem Land weitreichende Vorwürfe gemacht. Nun ließ er sich mit viel Geld beschwichtigen.
Peking taz | Was hatte Donald Trump im Wahlkampf und in den ersten Monaten seiner Präsidentschaft noch gegen China gewettert: Industriespionage warf er den Chinesen vor, Technologieklau sowie Währungsmanipulation. Über eine künstlich niedrig gehaltene Währung und allzu billige Arbeitskräfte habe China amerikanische Jobs gestohlen und ganze Industrien in den USA zerstört. Und auch in der Nordkorea-Krise hat Trump der chinesischen Führung wiederholt vorgeworfen, untätig zu sein.
„Unsere dummen früheren Führer haben den Chinesen erlaubt, für Hunderte Milliarden US-Dollar zu handeln, aber sie tun mit Nordkorea nichts für uns“, hatte er sich Ende Juli noch mokiert. „Ich bin sehr enttäuscht von China.“ Selbst an der Drogenepidemie in den USA gab Trump der Volksrepublik die Schuld. Das in seinem Land weit verbreitete Opioid Fentanyl werde in China hergestellt.
Doch mit viel Geld lässt sich offenbar sogar ein Donald Trump beschwichtigen. In seiner Anwesenheit und der des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping haben am Donnerstag, dem zweiten Tag von Trumps China-Reise, chinesische und amerikanische Unternehmen in der Großen Halle des Volkes Wirtschaftsabkommen von über 250 Milliarden US-Dollar vereinbart. Eine „gigantische Summe“, wie Trump selbst betonte.
Er verschwieg allerdings, dass es sich bei den meisten Vereinbarungen um Geschäftsvorhaben handelt, die schon vor langer Zeit geplant waren und anlässlich des Besuchs nun bloß feierlich besiegelt wurden. Andere sind lediglich Absichtserklärungen. Trump zeigte sich dennoch entzückt. Gut gelaunt signierte er vor laufender Kamera ein Papier nach dem anderen. Und als er dann vor die Presse trat, war er voll des Lobes für die Gastgeber.
Trump beneidet Xis unangefochtene Machtstellung
Der Handel zwischen China und den USA sei sehr einseitig gewesen, betonte der US-Präsident. Es sei aber „nicht Chinas Schuld“, wenn der Handel aus dem Gleichgewicht geraten sei. Wer könne ein Land beschuldigen, das bloß um den größten Vorteil für sein Volk bemüht ist, fragte er und lieferte gleich im nächsten Atemzug die Antwort. „Ich mache die früheren US-Regierungen verantwortlich, die das Handelsdefizit außer Kontrolle geraten ließen.“
Und auch für Xi hatte Trump nur Komplimente übrig. Er empfinde „herzliche Gefühle“ für Chinas Staatschef und bezeichnete ihn als „ganz besonderen Mann“. „Ich denke, zusammen werden wir großartige Dinge für China und die USA leisten.“
Trump machte auch keinen Hehl daraus, dass er Xi beneide. Ob er damit dessen inzwischen unangefochtene Machtstellung meint, die seit dem großen Parteikongress vor zwei Wochen so stark ist, wie es in der Volksrepublik seit Jahrzehnten mit niemandem mehr der Fall war – das ließ Trump offen. Kritische Fragen von Journalisten waren bei der Pressekonferenz nicht erlaubt. Chinesische Staatsführer nehmen generell nur selten Fragen von ausländischen Journalisten entgegen. Trump schien diese Praxis zu gefallen. Die Kommunistische Partei hatte Xi vor zwei Wochen bei dem nur alle fünf Jahre tagenden Parteikongress mit 100 Prozent zu ihrem Chef wiedergewählt und ihn mit weiteren Titeln und Vollmachten ausgestattet. Auch das schien Trump zu beeindrucken.
Die chinesische Führung wiederum hat speziell für diesen Besuch exakt die Tonlage getroffen, die Trump imponiert. Am Vorabend der Gespräche hatten Xi und Gattin Peng Liyuan den US-Präsidenten und First Lady Melania mit viel Pomp in der Verbotenen Stadt empfangen, Pekings altem Kaiserpalast. Nach einer traditionellen Teezeremonie und einem Rundgang durch die alten Gemäuer wurde den beiden Präsidentenpaaren eine Aufführung der Peking-Oper geboten. „Was für ein wundervoller Abend“, twitterte Trump. Er freue sich auf den nächsten Tag.
Kinder mit chinesischen und US-Flaggen
Den Empfang mit militärischen Ehren am Donnerstagmorgen bezeichnete der US-Präsident dann als „herrlich“. „Nichts, das man sehen kann, ist so schön“, sagte er. „Trump und Xi waren vor der Großen Halle des Volkes auf einem roten Teppich gelaufen und hatten die chinesische Ehrengarde begutachtet, die strammen Schrittes und mit langen Gewehren an ihnen vorbeimarschierte. Kinder schwenkten chinesische und US-Flaggen. Das chinesische Außenministerium hatte zuvor einen „Staatsbesuch plus“ angekündigt. Diese Ehre sei nicht einmal Barack Obama bei seinem Staatsbesuch 2009 zuteilgeworden.
Als im Anschluss an die militärischen Ehren mit der Nordkoreakrise das zweite heikle Thema auf der Agenda stand, hatte Trump auch dabei ausschließlich freundliche Worte für die chinesische Regierung übrig. Im Konflikt über Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm wies Trump seinen Gastgeber zwar darauf hin, dass die Zeit dränge. Anders als noch vor ein paar Wochen bedankte sich Trump aber bei der chinesischen Führung. China habe bereits jede Menge geleistet. Und er sei zuversichtlich, dass gemeinsam schon bald eine Lösung gefunden werde. Dem hatte Xi nur wenig hinzuzufügen. Stabile Beziehungen zwischen Peking und Washington seien das, was die Welt erwarte und was im fundamentalen Interesse des chinesischen und des amerikanischen Volkes sei. Details nannten beide nicht.
Anders als bei China-Besuchen von Trumps Vorgängern kamen zwei zentrale Themen allerdings nicht zur Sprache. Beim Klimaschutz hat Trump den Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Abkommen verkündet. Die USA sind somit das einzige Land auf der Welt, das das Abkommen nicht anerkennt. Xi hat hingegen das Thema zur Chefsache erklärt und will China sogar zum Vorreiter machen. Doch offenbar wollten die chinesischen Gastgeber die Harmonie nicht stören und ließen das Thema außen vor.
Trump wiederum mied das Thema Menschenrechte. Dabei gehen die chinesischen Behörden in diesen Tagen wieder einmal besonders brutal gegen Regimekritiker im eigenen Land vor. Im Oktober haben nach Angaben von Amnesty International Sicherheitskräfte die 60-jährige Menschenrechtsanwältin Li Yuhan verhaftet. Und auch die Ehefrau des bereits inhaftierten Anwalts, Wang Quanzhang, hatte kürzlich Besuch von der Staatssicherheit des Landes. Sie steht seitdem unter Hausarrest. Am Mittwoch starb zudem der Demokratieaktivist Yang Tongyan – in chinesischer Gefangenschaft.
Leser*innenkommentare
dauermecker
Trump in China: Wen wundert's, dass er sich wohlfühlt?! Die gleichgeschaltete Presse serviert alltäglich "quellfrische" Lobhudeleien über die großen Führer, ganz anders eben als die kritischen Medien zuhause mit Satire, Widerlegung und der lästigen FBI-Untersuchung usw. Trump fühlt sich als GröFaZ der USA ("the only one who matters" Originalton), am wohlsten mit dem allmächtigen XI Jinping und natürlich seinem über alles verehrten Wladimir P.: Da dieser Narzisst Menschenrechte verachtet, außer seine eigenen, muss er förmlich orgiastische Wohlgefühle erleben, in einem Land empfangen zu werden, wo Todesstrafe an der Tagesordnung ist.
warum_denkt_keiner_nach?
"Trump wiederum mied das Thema Menschenrechte."
Er hat also auf die übliche Heuchelei verzichtet. Da sage noch mal jemand, T kann nicht ehrlich sein.
Dorian Müller
@warum_denkt_keiner_nach? Ja, andere Politiker mögen heuchlerisch sein, wenn sie sich um die Menschenrechte in China sorgen. Sie vertreten aber immerhin vehement die Werte von Demokratie, Redefreiheit und Gewaltenteilung. Trump hingegen bewundert und beneidet Diktatoren mit absoluter Macht und freut sich über jede Gängelung oder Eliminierung von freien Journalisten. Da wünsche ich mir die Heuchelei zurück.
warum_denkt_keiner_nach?
"Sie vertreten aber immerhin vehement die Werte von Demokratie, Redefreiheit und Gewaltenteilung."
Glauben Sie das wirklich? Der Hinweis auf die Menschenrechte ist doch nichts weiter, als eine Pflichtübung für die heimische Presse. Das weiß man in China genau. Es ist also ehrlicher, darauf zu verzichten.
TV
@warum_denkt_keiner_nach? Was ist jetzt also besser, die Ehrlichkeit eines machtgeilen, sexistischen, dummen Staatsführers, der Diktatur toll findet oder die Heuchelei von machtgeilen, opportunistischen, politisch geschulten Staatsführern, die zumindest so tun als läge ihnen die Demokratie am Herzen?
warum_denkt_keiner_nach?
Beides ist schlecht.
PS: Das Jahr hat noch ein paar Wochen. Wenn Sie so weiter machen, reichen Ihnen die Adjektive nicht bis zum Ende :-)